Ziel der Entwicklung
Die Fräsbearbeitung schwingungsanfälliger Strukturen aus hochfesten Nickelbasislegierungen, wie zum Beispiel bei der Herstellung von Blisks für die Luft- und Raumfahrtindustrie, stellt hohe Anforderungen an die Werkzeuge, da die Schwingungen während der Bearbeitung neben der hohen mechanischen und thermischen Belastung standzeitbegrenzend wirken und dadurch die Wirtschaftlichkeit des Bearbeitungsprozesses weiter reduzieren.
Das Ziel des Vorhabens bestand daher in der Entwicklung von beschichteten Werkzeugen und einer Technologie, um schwingungsanfällige Bauteile aus der Nickelbasislegierung Inconel 718 zu mittels Schruppfräsen zu erzeugen und diese anschließend durch das Schlichtfräsen weiter zu bearbeiten. Dabei sollten auf der Grundlage mehrfach funktionalisierter Schichtstrukturen PVD-Schichten entwickelt und für das Bearbeiten schwingungsanfälliger Strukturbauteile aus Nickelbasislegierungen qualifiziert werden. Zielsetzungen im Projekt waren die Entwicklung von schwingungsresistenten PVD-Schichten mit höherer Festigkeit, Schlagzähigkeit und niedrigeren Eigenspannungen; die Erhöhung der Haftfestigkeit der Schichten und die Verbesserung der Kühlwirkung von Kühlmedien (gezielte Zufuhr, geeignetes Medium).
Vorteile und Lösungen
Durch trochoides Schruppfräsen wurden in Platten aus der hochwarmfesten Nickelbasis-Legierung Inconel 718 mit Hartmetall-Torusfräsern wellenförmige Nuten gefräst. Anschließend wurden die wellenförmigen Stege durch Vorschlichtfräsen bis auf eine Dicke von 0,7 Millimeter endbearbeitet.
Im einem ersten Schritt wurden das passende Hartmetall und die geeignete Werkzeugmikrogeometrie in Zerspanversuchen experimentell bestimmt. Beim Schrupp- und Schlichtfräsen haben sich das Hartmetall EMT210 und ein Schneidkantenradius von 8 µm als optimal erwiesen.
In einem zweiten Schritt erfolgte die Entwicklung von schwingungsresistenten PVD-Schichten mit verbesserten Verschleißeigenschaften. Beim Schruppfräsen haben die mit der Schicht AlCrTiN4 beschichteten Fräswerkzeuge den höchsten Standweg bis zum Erreichen einer Verschleißmarkenbreite VBmax von 0,20 Millimeter erreicht. Die Schicht AlCrTiN4 zeichnet sich insbesondere durch einen nanolagigen Aufbau sowie eine hohe Härte und Elastizität aus.
Beim Schlichtfräsen zeigten die mit der Schicht BorAX-TiX beschichteten Fräser den geringsten Verschleißbeziehungsweise den höchsten Standweg. Die Schicht BorAX-TiX zeigt insbesondere durch die Legierungselemente Bor und Silizium in Kernschicht sowie Decklage reduzierte Eigenspannungen bei gleichzeitig verbesserter mechanischer und thermischer Beständigkeit. Neben dem Standweg der Werkzeuge ist beim Schichtfräsen die Qualität der geschlichteten Oberflächen ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Außer der BorAX-TiX zeigten auch weitere neu erarbeitete Schichten (nACRo³ und AlCrN-OXI-2A) beim Qualitätskriterium Rauheit (Ra = 0,8 µm) einen sehr hohen Standweg.
In einem dritten Schritt wurde der Einsatz von Kühl- und Schmiermittel (KSS) optimiert. Hierbei wurde nachgewiesen, dass durch eine radiale KSS-Zufuhr im Vergleich zur KSS-Zufuhr durch eine zentrale Bohrung (IKZ) und den Einsatz eines speziellen KSS (Vasco 7000) ein geringerer Werkzeugverschleiß und eine glattere Stegoberfläche erreicht werden kann.
Im Vergleich der entwickelten Schichten unter optimierter Kühlstrategie gegenüber Referenzwerkzeugen und Referenzschichten zeigt sich, dass durch Optimierung der gesamten Prozesskette Hartmetall-Schneidkantenbearbeitung-Beschichtung-Nachbehandlung-Bearbeitungstechnologie sehr hohe Standzeitverbesserungen realisierbar sind. Beim trochoiden Schruppfräsen sind mit der Schicht AlTiCrN4 Standzeiterhöhungen von bis zu 280 Prozent gegenüber den genutzten Referenzwerkzeugen möglich, beim Vorschlichten können die Standzeiten um bis zu 90 Prozent erhöht werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Hersteller von Werkzeugen, insbesondere Fräswerkzeugen, und Anwender in der zerspanenden Fertigung von hochwarmfesten Legierungen wie Inconel 718, können von dem Ergebnis dieses Vorhabens Nutzen haben. In der Zerspanung bringen Werkzeuge, bei denen die gesamte Prozesskette vom Hartmetall, über die Schneidkantenmikrogeometrie, die Beschichtung einschließlich einer geeigneten Schichtnachbehandlung der Werkzeuge bis zum eigentlichen Fräsprozess einschließlich der KSS-Bedingungen auf den entsprechenden Anwendungsfall optimiert ist, eine deutliche Steigerung der Standwege der Werkzeuge bei gleichzeitig verbesserter Oberflächenqualität der gefrästen Werkstücke. Das führt zu Kosteneinsparungen und produktiveren Fertigungsprozessen.
Der Transfer der FuE-Ergebnisse in Anwenderunternehmen erfolgt zum Beispiel über Präsentationen auf Messen, Ausstellungen und Tagungen, die Publikationen in Fach- und Kennzifferzeitschriften, die Internetpräsenz der GFE, die zweijährlich stattfindende "Schmalkalder Werkzeugtagung" (Fachvortrag/Präsentation), den jährlich erscheinenden Geschäftsbericht der GFE Schmalkalden e.V, die „GFE-News“ an die Mitglieder der GFE sowie die Netzwerkarbeit der GFE in verschiedenen Clustern und Netzwerken wie „FerMeTh“ und „Supremo“.
Die GFE Schmalkalden e.V. erwartet auf Grund der Vorhabensergebnisse eine verstärkte Nachfrage nach Beschichtungsaufträgen im Beschichtungszentrum und ein weiterhin starkes Interesse von Partnern aus der Industrie und Forschung an gemeinsamen Projekten.