Ziel der Entwicklung

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Laborversuch

Die Zielanwendung des neuen Verfahrens liegt vor allem im Bereich Haushaltsgeräte, darunter fällt im weitesten Sinne der Oberflächenschutz bzw. Korrosionsschutz von „weißer Ware“. Bei der Fertigung eines typischen Haushaltsgerätes wie beispielsweise einer Waschmaschine werden die Außenverkleidungen aus beschichtetem (Vorder- und Seitenverkleidung) und blankem feuerverzinkten Stahlband (Rückseitenverkleidung) hergestellt. Der Zinküberzug dient hier vorrangig dem Korrosionsschutz des darunterliegenden Stahls, aus optischen Gründen wird der veredelte Bandstahl anschließend mit einer zusätzlichen Beschichtung bzw. Lackierung versehen. Die gesamte Außenverkleidung muss jedoch einen einheitlichen Korrosionsschutz im späteren Einsatzbereich erzielen. In den meisten Fällen wird das feuerverzinkte Stahlband bereits als chemisch passiviertes Material geliefert, um den Transportkorrosionsschutz zu gewährleisten. Für die Rückseitenverkleidung kann diese Variante durchaus ausreichend sein als Blankkorrosionsschutz, auch für die spätere atmosphärische Belastung des Bauteils. Zumeist wird die Passivierung chemisch entfernt und im Anschluss daran eine herkömmliche Konversionsbehandlung (z.B. Phosphatierung) durchgeführt. Dadurch wird eine optimale Haftgrundlage für die organische Beschichtung des verzinkten Stahlbands vorgelegt.
Konventionelle Phosphatierungen erfordern allerdings aus umwelt- und energietechnischer Sicht Alternativen, so unter anderem wegen des Verbots Cr(VI)-haltiger Vorbehandlungssysteme und der erforderlichen Reduktion des Energieverbrauchs durch Herabsetzung der Prozesstemperaturen und Verringerung der Anzahl von Prozessschritten. Die auf dem Markt erhältlichen Ersatzverfahren für die Vorbehandlung von verzinktem Stahl, Aluminium und Stahl basieren vor allem auf Hexafluor-Zirkon- bzw. -Titansäure, welche z. T. mit Chrom(III)-Salzen, Polymeren, Sil(ox)anverbindungen und weiteren Hilfsstoffen, wie z. B. Fluoride, versetzt sind. Im Zuge des geplanten Forschungsprojekts sollte eine Verfahrenslösung gefunden werden, in der die Schritte Passivierung und Vorbehandlung so miteinander vereint werden, dass sowohl ein ausreichender Blankkorrosionsschutz für bandverzinkten Stahl als auch hervorragende Oberflächenqualitäten zur anschließenden Beschichtung erreicht werden. Dies würde dazu führen, dass sowohl das Ablösen des temporären Korrosionsschutzes als auch die damit verbundene zweite Behandlung entfallen würde. Dadurch würde der Prozess nicht nur aus anwendungstechnischer Sicht einfacher, sondern erspart in der Fertigung Kosten, Energie und Zeit, da die herkömmlichen Vorbehandlungsverfahren mitunter durch eine verstärkte Schlammbildung und erhöhte Prozesskosten aufgrund der regelmäßigen
Temperierung der Bäder (T = 50-60 °C) gekennzeichnet sind. Auch diese Schwachstellen sollten durch das geplante Vorhaben beseitigt werden. Hierzu wird aufgrund des damit verbundenen enormen Einsparpotenzials die Anwendung der neuartigen Behandlungslösungen bei Raumtemperatur angestrebt. Viele Korrosionsschutzfachbetriebe, die eine eigene Vorbehandlungsanlage mit Trikationen-Phosphatierung betreiben, versuchen seit den letzten Jahren ihren Prozess umwelt- und auch gesundheitsfreundlicher zu gestalten. Vor allem der Umgang mit schwermetallhaltigen Prozesslösungen, die z. B. gefährliche und teilweise sogar giftige Nickelverbindungen enthalten können, hat diese Bestrebungen vorangetrieben. Für das im Projekt zu entwickelnde Vorbehandlungs- bzw. Passivierungsverfahren werden deshalb vor allem schwermetallfreie und ungiftige Behandlungslösungen herangezogen. In die Untersuchungen wurden handelstypische kontinuierlich bandveredelte Stahlbleche mit klassischem Feuerzinküberzug (Z-Überzug) und auch neuartigeVerzinkungen aus Zink-Aluminium-Magnesium-Legierungen (ZM-Überzüge) einbezogen. Die neueren ZM-Überzüge zeichnen sich durch eine vielfach bessere Korrosionsbeständigkeit aus als konventionelle Z-Überzüge. Aus diesem Grund haben die neueren Überzugsvarianten bereits im Automobilbereich Eingang gefunden. Für den Anwendungsbereich „weiße Ware“ sind die positiven Eigenschaften der ZM-Überzüge durchaus auch Anlass, diese Materialien in die Produktfertigung aufzunehmen. Im Vergleich zu Z-Überzügen erreichen die neueren ZM-Überzüge bei gleicher Überzugsdicke eine bis zu viermal höhere Korrosionsbeständigkeit. Auch aus diesen Gründen sind sie für den Einsatz im Marktsektor Haushaltsgeräte ein interessantes Thema. Dem Forschungsbedarf im Hinblick auf die chemische Oberflächenvorbehandlung und anschließende Beschichtung dieser neuartigen Überzüge wurde dieses Forschungsvorhaben gerecht.
Die Bewertung der Blankkorrosionschutzwirkung erfolgte mit der Prüfung nach ISO 6270-2:2007-10. Hier wurde als Zielwert eine Dauer von 240 h definiert, was einem Schutzdauerbereich von 7-15 Jahren in Korrosivitätskategorie C3 – welche u. a. für Wäschereien gilt – entspricht.

Vorteile und Lösungen

Der Fokus des Forschungsprojektes lag auf der Evaluierung verschiedener Vorbehandlungssysteme bezüglich der Blankkorrosionsschutzwirkung und der Pulverlackhaftung auf 2 bandverzinkten Stahlblechtypen mit dem Industriesegment „Weiße Ware“ als Zielmarkt. Die Behandlungsparameter und Prozessschritte mussten für jedes der 6 Vorbehandlungssysteme in zeitaufwendigen Versuchen optimiert bzw. angepasst werden. Insgesamt wurden ca. 700 Proben präpariert. Die Bewertung der Blankkorrosionsschutzwirkung der verschiedenen Vorbehandlungen nach KKK-Belastung erfolgte mittels optischer Bildanalyse. Es konnte gezeigt werden, dass ZM90-Systeme im Vergleich zu Z100-Systemen beständiger sind, dass jedoch nur bei einer Passivierung (Pa5) anwendungsrelevante Eigenschaften erzielt wurden. So wurde die Mindestanforderung für die Korrosivitätskategorie C3 Schutzdauer lang im KKK-Test bestanden (> 240 h). Die Gitterschnitt-Ergebnisse an pulverbeschichteten Proben deuten jedoch auf ein Haftungsproblem nach Schichtverletzung hin, welches sich im Stempelabriss nicht zeigte.
Aus diesem Grund bestanden die pulverbeschichteten mir Pa5 behandelten Bleche, welche mit einer künstlichen Verletzung versehen waren, die nach Norm entsprechenden Tests nicht. Beim NSS-Test kam es beispielsweise bereits nach einer Prüfdauer von 360 h zu Delaminationen und zur Korrosion – hier sind jedoch 480 h gefordert. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Haftungsprobleme entsprechend dem Stand der Technik mit einem Haftvermittler verbessert werden kann. Dessen Zugabe könnte beispielsweise im letzten Spülschritt erfolgen.
An dieser Stelle weisen wir darauf hin, dass nicht alle Haushaltsgerätehersteller eine Verletzung der Beschichtung fordern und die Prüfdauer im Salzsprühtest z.T. nur 240 Stunden beträgt, während beim Kondenswasser-Konstant-Klimatest 480 h gefordert sind. Dies würde bedeuten, dass ein Haftvermittler lediglich zu verbesserten Gitterschnitt-Ergebnissen vor und nach Belastung führen müsste.
Ein Teil der hergestellten Proben wurde elektrochemisch charakterisiert. Hier wurden auf mehr als 40 Proben an je 4 Punkten mehrere Messserien (AC und DCTechniken) durchgeführt. Die entsprechenden Auswerteprozeduren waren sehr zeitintensiv. Leider korrelieren die an den vorbehandelten Blechen ermittelten Parameter (Ausgangszustand) der Wechselstrommethoden nicht ausreichend stark mit den Ergebnissen der KKK-Belastungs-Prüfungen (Zwischen und Endzustand), eine gute Voraussage des Blankkorrosionsverhaltens mittels EC-Messungen in der Rezept-Optimierungsphase gelang mit DC-Techniken (Abschätzung von Rpol). ECMessungen an den belasteten Blechen konnten aus Zeitgründen leider nicht durchgeführt werden. Der Unterschied zwischen Phosphatierungen und Passivierungen wurde sowohl mittels AC- als auch DC-Techniken klar dargestellt. Ein System (ZM90 mir Pa5) weist eine gute bis ausgezeichnete Blankkorrosionsbeständigkeit auf.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zielgruppen für die wirtschaftliche Verwertung des Forschungs-Ergebnisses unter der Voraussetzung der Weiterführung der Entwicklung sind in erster Linie Hersteller von Haushaltsgeräten („Weißer Ware“), aber auch Hersteller und Verarbeiter von bandverzinkten Blechen können wirtschaftlich interessante Erkenntnisse aus dem Projekt ableiten, sofern sie einen Einsatz der vergleichsweise neuen Zink-Magnesium-Überzüge in Kombination mit einer Passivierungsvariante in Betracht ziehen. So erreicht eine der Varianten zumindest einen sehr guten Blankkorrosionsschutz, die Eigenschaften nach einer Pulverbeschichtung sind nicht zufriedenstellend. Allerdings wurde auf den Einsatz von Haftvermittlern bzw. Primern vor der Pulverbeschichtung verzichtet. Die untersuchten Phosphatschichten – darunter eine nickelfreie Variante, welche bei 40°C erzeugt wurde – weisen ebenfalls sehr gute Blankkorrosionsschutz-Eigenschaften auf. Für die Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH sind die Ergebnisse bedeutend für nachfolgende Verbund-Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Entwicklung von Pulverlack-Systemen der nächsten Generation. Die Forschungsergebnisse haben das Potenzial, in folgende Anwendungsbereiche einzufließen:
- Herstellung von Haushaltsgeräten
- Stahlbau
- Blechveredelung
- Anlagen- und Gerätebau
- Ingenieurtechnische Beratung
- Forschung und Entwicklung
Als Beispiel seien hier die Anforderungen eines Haushaltsgeräteherstellers, eines Stahlblechlieferanten und die gemäß der Norm DIN EN ISO 12944-6:2018 für Korrosivitätskategorie C3 (Wäschereien) mit der Schutzdauer mittel bzw. hoch genannt. So werden vom System Pa5-ZM90 die Bedingungen des Haushaltsgeräteherstellers (Tabelle 10) weitgehend erfüllt, die angesprochenen Probleme bei der Gitterschnittprüfung können durch Einsatz eines geeigneten Haftvermittlers bzw. eines angepassten Pulverlacksystems behoben werden. Die Anforderungen des Stahlblechlieferanten (Tabelle 11) werden von der Kombination Pa5-ZM90 knapp verfehlt, allerdings ist hier die Weißrostbildung nach 480 h entscheidend, im Projekt wurden die Prüfbleche erst nach 504 h bewertet und es wurde weder ein „Feintuning“ betrieben noch wurden Versieglungen appliziert, welche in der Industrie üblicherweise eingesetzt werden. Die technischen Anforderungen an die Norm DIN EN ISO 12944-6:2018 (Tabelle 12) für die Bedingungen C3/15-25 Jahre werden derzeit nicht erfüllt, allerdings sehen wir auch hier durch den Einsatz von geeigneten Haftvermittlern bzw. Versieglungssystemen eine große Chance, selbst diese Bedingungen zu erfüllen.
Die Chrom(VI)-freie Dünnschicht-Passivierung hat – bei optimaler Kombination von Substrat, Vorbehandlungsvariante, Haftvermittler und Versieglung – nach unserer Auffassung großes Potential, seinen derzeitigen Marktanteil zu erweitern und auch neue Märkte zu erschließen. Dies wird sicher auch durch zukünftig zu erwartende Fortschritte in der Legierungsentwicklung beeinflusst. Die Kombination aus einer Passivierungsvariante (Pa5) und dem ZM-Substrat hebt sich unseren Ergebnissen zufolge im Blankkorrosionsschutz deutlich von den übrigen Kombinationen ab, dieser Unterschied korreliert mit einem aus elektrochemischen Messdaten gewonnenem Kennwert, was zum einen den Einsatz der Dünnschichtpassivierung für den Blankkorrosionsschutz deutlich attraktiver machen wird und zum anderen auch die Entwicklung von in-situ Prozesskontroll-Techniken ermöglichen sollte.
Die Verdrängung von Phosphatverfahren, für die es aus Umwelt-, Wirtschaftlichkeits und Rohstoff- bzw. Energieeffizienzgründen Alternativen bedarf, wird auch vor großen Märkten wie der Automobilbranche nicht Halt machen. Das Forschungsprojekt wird den Nutzen von Dünnschichtpassivierungen für die Wirtschaft und Industrie bekannt und zugänglich machen. Ein kalkulatorischer gesamtwirtschaftlicher Ansatz ist hier jedoch eher schwierig. Den positiven Effekten (geringere Entsorgungskosten, geringere Taktzeit, geringere Energiekosten, evtl. Einsparung von Pulverbeschichtungsstoff) stehen auch zu erwartende negative Effekte (höhere Rohstoffpreise, u. U. Investitionen in neue Anlagen und Prozesskontrolle) gegenüber. Auch rechtliche Rahmenbedingungen haben sicher einen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Umstellung auf die neuen Verfahren.
Für unsere eigene Umsatzerwartung kann abgeschätzt werden, dass die Ergebnisse neben der Akquise neuer industriebezogener Forschungsprojekte (Entwicklung einer Prozesskontrolle für Dünnschichtpassivierungen; Entwicklung vonPulverlacksystemen der nächsten Generation) in das Geschäftsfeld „Ingenieurtechnische Beratung“ einfließen wird, um die neuen Verfahren in mittelständischen Betrieben bekannt zu machen und damit am Markt zu etablieren.