Ziel der Entwicklung

Logo: Belastung 1000h Salzsprühnebeltest, Beschichtung mit 20% Anteil Polysulfid auf verzinktem Stahl, © Michael Kunert – Innovent e. V.
Belastung 1000h Salzsprühnebeltest, Beschichtung mit 20% Anteil Polysulfid auf verzinktem Stahl, © Michael Kunert – Innovent e. V.

Mit der Bearbeitung des vorliegenden Projektes sollte eine Beschichtung für feuerverzinkte Oberflächen entwickelt werden, welche eine Schutzdauer vergleichbar mit einer hochwertigen und technisch korrekt aufgebrachten Duplexbeschichtung erreicht und gegenüber dieser weitergehende Vorteile aufweist:
Hohe und robuste Haftfestigkeit, Korrosionsschutz durch den Anteil Schwefelgehalt und ein vorteilhaftes Eigenschaftsprofil durch den Polysulfidanteil. Hierbei sind zu nennen eine hohe Witterungsbeständigkeit und Kältestabilität, eine geringe Feuchtigkeitsdurchlässigkeit durch höhere Verdichtung, eine ausgezeichnete Flexibilität und Rissbeständigkeit gegen mechanische Belastung, eine gute UV-Stabilität, eine eingeschränkte Auskreidung bei Freibewitterung, eine hohe Chemikalienbeständigkeit und eine thermische Selbstheilung der Adhäsionseigenschaften.
Hierzu sollte eine Mischung auf der Basis von Polysulfid und ausgewählten Epoxiden bzw. Isocyanaten eingesetzt werden.
Die Beschichtung soll durch die Ausnutzung des Chelateffektes, der koordinativen Bindung des im Polysulfid enthaltenen Schwefels mit dem Metall der Oberfläche, eine verbesserte und robuste Haftung auf der feuerverzinkten Oberfläche erhalten. Schwefel in der Polymerkette realisiert durch das freie Elektronenpaar eine koordinative Bindung mit der Zinkoberfläche und es wird dadurch eine erhöhte Haftfestigkeit erreicht. Durch den Polysulfidanteil an der Vernetzung der Beschichtung sollen weitergehend die oben beschriebenen hervorragenden Eigenschaften eingebracht werden.

Vorteile und Lösungen

Die Auswahl der für das Projekt möglichen einsetzbaren Bindemittel ist sehr hoch und erforderte eine gezielte Auswahl der Komponenten. In empirisch-iterativer Weise wurden die Formulierungen und Prozessparameter optimiert. Die Arbeiten erfolgten in einer Weise, die konsequent auf die Erarbeitung praxistauglicher Systeme ausgerichtet waren. In ersten Voruntersuchungen wurde die Haftung von Mischungen von SH-Polysulfiden und epoxidterminierten Polysulfiden mit ausgesuchten Epoxiden und Polyurethanen und unter Variation von Härterkomponenten geprüft. Wichtigstes Kriterium war die Scherfestigkeit im Vergleich mit hochwertigen Klebstoffen auch unter Belastung.
Durch eine erste Einschränkung auf die Eigenschaft Scherfestigkeit ergab sich die Möglichkeit einer hohen Anzahl von Versuchen unter Variation der Komponenten. Im Verlauf wurden weitergehend an geeigneten Probenkörpern Härte und Bruchfestigkeit bestimmt.
Die Ergebnisse führte zu einer Auswahl an möglichen Systemen die nachfolgend auf ihre Eigenschaft als Beschichtung von Metallflächen untersucht wurden. Hierbei wurde vor allem die Stabilität der Komponenten Bindemittel und Härter betrachtet und ihre Mischbarkeit untersucht. Es wurden Richtrezepturen unter Variation des Polysulfidanteils erstellt und auf ihre Eigenschaften geprüft.
Untersuchungen zur Haftfestigkeit mittels Gitterschnitt und Erichson Tiefung wurden durchgeführt. Schwerpunkt der Untersuchung war die Beurteilung der Beschichtung hinsichtlich ihres Verhaltens in der Salzsprükammer bis 1000h. Enthaftung und Unterwanderung wurden im Bezug zur Schichtdicke bewertet.
Im Verlauf des Projektes gelang die Entwicklung einer hochwertigen Beschichtung, die sich für eine Anwendung auf verzinktem Stahl mit besonderen vorteilhaften Eigenschaften auszeichnet.
Durch die Kombination eines Polysulfides (EPS Serie von Noryon) mit einem Epoxid/Härter System wird ein hervorragender Korrosionsschutz bis 1000h im Salzsprühnebeltest erreicht. Dabei liegt die Zugabe von nur ca. 20% Polysulfid in einem kostengünstigen Bereich. Zusätzlich wird eine hohe Elastizität der Beschichtung nachgewiesen, die es erlaubt Bauteile nach der Beschichtung zu verformen, die Beschichtung ist stabiler gegen mechanische Belastung und Rissbildung.
Zur Darstellung der im Antrag angestrebten Vorteile erfolgt für geeignete Systeme weitere Prüfungen hinsichtlich der UV-Stabilität, der Stabilität gegenüber ausgewählten Chemikalien und zum Quellverhalten. Es konnte eine gute Beständigkeit der Beschichtung gegenüber einer Belastung für eine Reihe von Chemikalien nachgewiesen werden. Es zeigte sich zum Beispiel eine hohe Beständigkeit gegen Methanol, Toluol und Aceton. Das verbessert eine Anwendung in industriellen Bereichen.
Geeignete Beschichtungssysteme, auch mit zusätzlichen Korrosinsschutzinhibitoren, wurden noch einmal umfassender optimiert und geprüft um das Beschichtungssystem hinsichtlich einer Vermarktung genauer charakterisieren zu können.
Eine Topfzeit von 0,5 bis 1h, eine sehr gute Spritzbarkeit, eine homogene einstellbare Schichtdicke von 80 bis 110µm und ein guter optischer und haptischer Eindruck der ausgehärteten Schicht konnte erreicht werden. Der Einsatz von Polysulfiden mit endständigen Epoxidgruppen führt zusätzlich zu einer geminderten Geruchsbelästigung im Vergleich mit endständigen SH-Gruppen.
In Haftfestigkeitsuntersuchungen konnte gezeigt, dass sich das System grundsätzlich auch als Klebstoff und hier besonders für das Substrat verzinkter Stahl eignet. Hier sollte mit einem höheren Anteil von 30 bis 40% gearbeitet werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Feuerverzinkung stellt einen wichtigen Baustein im Korrosionsschutz von Stahl dar. Im Jahr 2022 wurden in Europa von rund 700 Stückverzinkungsunternehmen aus 23 Ländern ca. 7,3 Millionen Tonnen Stahl stückverzinkt. In Deutschland wurden 2022 ca. 1,94 Mio. Tonnen Stahl stückverzinkt. Der Branchenumsatz lag bei ca. 1,2 Mrd. EUR. Typische Produkte sind: Schutzplanken, Balkongeländer, Treppenanlagen, LKW-Auflieger, moderne Stahl-Glas-Architektur, Tragwerke für die Bauindustrie, Parkhäuser. Nahezu alle Stahlanwendungen im Außenbereich werden heute stückverzinkt. Mit 50 Prozent Tonnageanteil nimmt die Bauindustrie die Spitzenposition ein. Weitere größere Geschäftsfelder sind Industrieausrüstungen, Transport- und Fahrzeugbau, die Landwirtschaft und der Straßenbau [1].
Die Kombination aus Feuerverzinkung und nachfolgendem lackartigen Beschichtungssystem bezeichnet man als Duplex-System. Hierdurch wird ein weiterer Schutz für besonders beanspruchte Bauteile oder eine farbliche Gestaltung erreicht und der Korrosionsschutz verbessert. Die Duplex-Systeme zeigen einen starken Synergismus-Effekt.
Einen großen Einfluss bei der Duplexbeschichtung hat die Zusammensetzung der Beschichtung, besonders in Bezug auf das Haftvermögen. Reaktive 2K-Beschichtungen (wie Epoxide oder Polyurethane) verlangen vor der Anwendung eine sehr sorgfältige und intensive Oberflächenvorbereitung. Neben hervorragenden Beispielen von Duplex Beschichtungen mit Nutzungsdauern von über 20 Jahren wird in der Fachliteratur und durch den Fachverband immer wieder auf Schäden durch Enthaftung hingewiesen. Häufiger Fehler ist eine fehlerhafte oder ungenügende Vorbehandlung der Zinkoberfläche [2].
Mit den neu entwickelten Beschichtungen für verzinkten Stahl durch eine Modifizierung mit Polysulfiden in Epoxid / Härter Systemen wird eine robuste, haftfeste und korrosionsbeständige Beschichtung für verzinkte Oberflächen zur Verfügung gestellt. Die Beschichtung zeichnet sich durch eine deutlich verbesserte Flexibilität aus. Damit verbunden ist eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Rissbildung bei mechanischer Belastung (z.b. Steinschlag). Zudem konnte eine höhere Chemikalienbeständigkeit im Vergleich zu typischen Epoxid-Systemen nachgewiesen werden.
Vor allem für Anwendungen in der Architektur wird damit ein deutlicher Vorteil erreicht. Oberflächen die zur farblichen Gestaltung beschichtet werden in ihrer ästhetischen Wirkung dauerhafter und bleiben auch bei mechanischer Belastung zum Beispiel bei Anwendungen wie Treppen, Balkone oder Geländer länger unversehrt. Reparaturen oder notwendige Restaurierungen nach Verlust der Farbigkeit können reduziert werden. Zudem ist eine Anwendung im industriellen Bereich vorteilhaft da zudem die Beständigkeit gegenüber Belastung mit Chemikalien zum Beispiel Ölen oder Alkoholen nachgewiesen wurde.
Seitens INNOVENT e.V. wird eine offensive und zügige Veröffentlichung von Entwicklungserfolgen als Basis für eine wirkungsvolle Vermarktung betrieben. Dazu werden Publikationen verschiedener Form und vor allem auch Präsentationen bei Fachveranstaltungen sowie die Einarbeitung in den Internetauftritt der Forschungseinrichtung genutzt. Weiterhin werden die Entwicklungsergebnisse offensiv an bekannte und neue Kunden herangetragen. Einen wichtigen Platz dabei nimmt auch der Besuch von Fachmessen ein, ergänzt durch eigene Präsenz bei ausgewählten nationalen und internationalen Ausstellungen. Zum Beispiel wurden die Ergebnisse im April 2024 auf der PaintExpo in Karlsruhe vorgestellt und werden im Juni 2024 auf der Surface Technology Germany in Stuttgart mit Anschauungsmaterial und Infoblatt vorgestellt.
Hauptsächlich wird davon ausgegangen, dass die Vermarktung des im Rahmen des FuE-Projekts entwickelten neuen Produktes über Lizenzvergaben oder über direkt finanzierte, auf den erzielten Ergebnissen aufbauende Industrieverträge erfolgt. Alternativ zu obiger Vorgehensweise wird geprüft, ob eine Übertragung von Herstellung, Vertrieb und Marketing bezüglich der entwickelten Produkte auf einen etablierten größeren Hersteller oberflächenchemischer Erzeugnisse möglich und sinnvoll ist. INNOVENT e.V. verfügt aus seiner FuE-Arbeit über langjährige Kontakte zu entsprechenden potentiellen Partnern.