Ziel der Entwicklung

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Salzsprühnebeltest nach ISO 9227 (NSS)

Zum Schutz vor Korrosion werden metallische Werkstoffe unter anderem mit organischen Beschichtungen versehen. In Folge von Beschädigungen des Korrosionsschutzsystems können Korrosionserscheinungen auftreten. Ein Korrosionstyp, der speziell bei Karosserien vorkommt, ist die Blisterkorrosion. Die Blister entstehen durch einen mechanischen Defekt in der Beschichtung auf verzinktem Stahl, vorausgesetzt, das Material war einer feuchten, salzhaltigen Umgebung ausgesetzt. An der Stelle der Verletzung bildet sich eine primäre Blase, um die sich sekundäre Blasen gruppieren. Eine mögliche Ursache für die Blisterkorrosion ist die Bildung einer galvanischen Zelle, bei der die Verletzung als Anode und ein edleres Anbauteil als Kathode fungieren, was zu Kontaktkorrosion führen kann. Voraussetzung für die Kontaktkorrosion ist ein Flüssigkeitsfilm mit genügend Ionen für den Ladungstransport zwischen Anode und Kathode. Dieser elektrolythaltige Feuchtefilm kann sich auf der Beschichtung bilden oder durch Elektrolyte in der Beschichtung oder zwischen Beschichtung und Substrat transportiert werden.
Der Forschungsantrag umfasste folgende Ziele:
1) Erzeugung von Blisterkorrosion
2) Vertiefte Erkenntnisse zum Erscheinungsbild und Mechanismus der Blisterkorrosion
3) Entwicklung eines Verfahrens zur Quantifizierung lateraler Transportwege für Elektrolyte.

Vorteile und Lösungen

Es wurden sowohl komplette Beschichtungssysteme (mit Füller und ohne Füller) als auch einzelne Schichten untersucht. Nachdem gezielte Verletzungen auf den beschichteten Blechen angebracht und diese zusätzlich mit einer Kathode versehen wurden, folgte die Belastung in Korrosionstests. Hierbei kamen kontinuierliche und zyklische Belastungen zum Einsatz, einschließlich Salzsprühnebel, Kondensation, Temperatur- und Feuchtewechsel, Frostphasen und UV-Bewitterung. Neben der visuellen Beurteilung wurden Veränderungen der Beschichtung durch Widerstandsmessungen, Impedanzspektroskopie und Bestimmung der Wasseraufnahmefähigkeit erfasst. Ziel war es, herauszufinden, welche Faktoren den größten Einfluss auf die Bildung von Blisterkorrosion haben. Am Ende des Projekts sollte ein neues Verfahren verfügbar sein, mit dem zukünftig Beschichtungen gezielt auf die Bildung von Blasen untersucht werden können.
Die Ergebnisse zeigten, dass in den Belastungstests unterschiedliche Formen von Blisterkorrosion erzeugt wurden. Die Größe von Primär- und Sekundärblasen sowie das Verhältnis zueinander unterschieden sich deutlich. Blisterkorrosion trat sowohl bei Blechen mit als auch ohne Kathode auf, wobei die Anwesenheit der externen Kathode keinen Einfluss auf die Ausprägung der Blisterkorrosion hatte. Auch füllerhaltige und füllerlose Systeme wiesen keine Unterschiede auf. Insgesamt war die Reproduzierbarkeit hinsichtlich Blisterfläche und -anzahl gering.
Die Volumenwiderstandsmessung und Impedanzspektroskopie konnten keinen Nachweis für eine Widerstandsabnahme aufgrund der Aufnahme oder Wanderung von Elektrolyten liefern. Es ist daher nicht von einer Elektrolytwanderung in der intakten Beschichtung oder an der Grenzfläche zwischen Zink und Beschichtung auszugehen. Die mikroskopische Auswertung von Querschliffen zeigte für Primär- und Sekundärblasen ein Ablösen des Beschichtungssystems als Ganzes. Die untersuchten Automobilbeschichtungssysteme hatten daher einen guten Haftverbund.
Die Wasseraufnahme der füllerhaltigen und füllerlosen Systeme lag bei 1-2 % des Lackgewichts. Diese geringe Aufnahme ist auf die geringe Wasseraufnahme und -durchlässigkeit des Klarlacks zurückzuführen. Eine Anreicherung von Elektrolyten in der Beschichtung war daher nicht nachweisbar. Blisterkorrosion wird vermutlich durch Beschädigung bis zum Stahl ausgelöst und daraufhin durch die Bildung eines galvanischen Elements zwischen Stahl und Zink, nicht durch eine externe Kathode.
Aufgrund der geringen Reproduzierbarkeit und der fehlenden Kenntnisse zur Korrelation der Tests zur Praxis ist eine Festlegung eines Belastungstests derzeit nicht sinnvoll. Weitere Untersuchungen wären erforderlich.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die Zielgruppen für die erhaltenen Forschungsergebnisse umfassen die Automobilindustrie, insbesondere die OEMs und die gesamte Zulieferindustrie, die überwiegend aus kleinen und mittelständischen Unternehmen besteht. Die primäre Zielgruppe sind die OEMs selbst, aber auch Beschichtungsstoffhersteller, Lohnbeschichter und Hersteller von Reinigungs- und Vorbehandlungschemikalien profitieren von den Erkenntnissen. Weiterhin sind Blechhersteller, Verzinker, Metallverarbeitungsbetriebe sowie Anlagen- und Maschinenbauer ebenfalls interessiert. Der Anwendungsbereich erstreckt sich vom verzinkten, vorbehandelten Blech über die Beschichtung bis hin zum OEM, der das beschichtete Blech verbaut. Wenn Korrosionsschäden auftreten, ist häufig nicht klar, welcher Beteiligte in der Wertschöpfungskette für den Schaden verantwortlich ist. Häufig werden Gutachten erstellt, bei denen kein einzelner Verursacher des Korrosionsschadens identifiziert werden kann, was dazu führt, dass die Kosten für die Schäden auf mehrere Beteiligte verteilt werden. Daher ist eine Reduzierung der Kosten durch Blisterkorrosion für ein großes Anwenderspektrum von Bedeutung.
Der Markt verändert sich derzeit dahingehend, dass von füllerhaltigen auf füllerlose Beschichtungssysteme umgestellt wird oder bereits wurde. Die Einsparung einer Lackschicht reduziert die Kosten, da ein Prozessschritt entfällt. Entgegen der Erwartung zeigten füllerlose Systeme keine stärkere Blisterbildung als füllerhaltige Systeme. Diese Ergebnisse wurden von OEM 1 bestätigt, der zur gleichen Zeit Untersuchungen an beiden Systemtypen durchgeführt hat.
In Bezug auf die Umsatzerwartung aus der Verwertung ist zu beachten, dass ein Prüfverfahren auf Basis von Widerstandsmessungen an Beschichtungen aufgrund der Forschungsergebnisse als nicht mehr relevant eingestuft wird. Ein wesentlicher erwarteter interner Umsatzbeitrag fällt somit weg. Die gewonnenen Erkenntnisse können jedoch zur Generierung weiterer Forschungsprojekte genutzt werden, wie zum Beispiel der Entwicklung eines zyklischen Belastungstests zur Erzeugung von Blisterkorrosion.
Die Umsatzerwartung in Drittunternehmen ergibt sich im Wesentlichen aus zwei Effekten: der Einsparung einer Lackschicht (Füller) und der Vermeidung von Schäden sowie den damit verbundenen Reparaturkosten. Die Substitution von Füller und Basislack durch eine Füller-Basislack-Kombination führt nicht zu einer verstärkten Blisterbildung bei füllerlosen Beschichtungssystemen.
Der Transfer der Ergebnisse über Publikationswege wie Vorträge oder Fachartikel wird durch die noch offenen Fragen zur Reproduzierbarkeit der Ergebnisse der Belastungstests erschwert. Der Transfer zu den beteiligten OEMs fand im Rahmen eines inhaltlichen Austauschs statt.