Ziel der Entwicklung
In der Biologie und Medizin werden unterschiedliche Modelle und Präparate aus verschiedenen Werkstoffen für die Vermittlung der Anatomie verwendet. Je nach Modell werden Form, Farbe und Größe sowie die anatomischen Lagebeziehungen der Organe untereinander dargestellt. Die Anwendungsmöglichkeiten von Modellorganen aus Kunststoff oder Latex für das Operationstraining sind jedoch sehr begrenzt und der Bedarf an realistischen und funktionellen Modellen für die chirurgische Ausbildung ist enorm (Raestrup u. a. 2014). Dafür müssen nicht nur anatomische und optische, sondern vor allem auch haptische und funktionelle Eigenschaften abgebildet werden, um eine Bearbeitung mit Operationsinstrumenten zu ermöglichen.
Die Idee des Projektes lag in der Entwicklung physikalischer Modelle von menschlichen Organen des Bauchraumes (Leber, Magen, Darm) auf Basis von Kollagen. Besonders sollten die äußeren anatomischen, optischen und haptischen Eigenschaften der Organe abgebildet werden und dazu geeignet sein, in einen OP-Trainer implementiert zu werden, um daran mit echten Operationsinstrumenten einzelne Operationen zu trainieren. Ziel des Projektes war es, die Herstellung der Organe mit Hilfe geeigneter Verfahren bis zum halbtechnischen Maßstab zu realisieren, sodass eine Kleinserienfertigung möglich wird.
Vorteile und Lösungen
Im Projekt wurde mit geeigneten Rezepturen die Herstellungstechnologie von Modellorganen mit verschiedenen Formgebungsverfahren bis zum halbtechnischen Maßstab entwickelt.
In Gieß-, Beschichtungs- und Extrusionsverfahren können Modelle auf Basis von Kollagenprodukten preisgünstig hergestellt werden. Im Vergleich zu verfügbaren Modellen aus Kunststoffen können an den Kollagenmodellen chirurgische Interventionen wie Schneiden, Klippen, Nähen, Kleben mit Original-OP-Instrumenten durchgeführt werden. Gleichzeitig geben die Modelle sowohl haptische, optische und funktionelle Eigenschaften der Organe wieder und ermöglichen ein realitätsnahes Training in Verbindung mit einem geeigneten OP-Trainingstorso. Mit den Modellen können zur Zeit folgende Eingriffe in chirurgischen Trainingskursen geübt werden: Cholezystektomie, Biopsie an der Leber, Appendektomie, Endoskopie (Darm), Gastroskopie (Magen) und Gastrostomie. Gießfähige Modelle können mit den entwickelten Formen im Kleinserienmaßstab gefertigt werden. Das Darmmaterial kann durch Extrusion als Endlosware gefertigt werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Seit 2010 hat sich das Spektrum zur beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung von Medizinern deutlich erweitert. Gleichzeitig wurden die Ausbildungsangebote auf das Assistenzpersonal ausgeweitet. Gerade im medizinischen Bereich gilt es, sich lebenslang fortzubilden und es werden immer mehr Seminare in den einzelnen Fachrichtungen und zu speziellen Fragestellungen angeboten. Die Organmodelle haben zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung der Ausbildung und für das Chirurgentraining geführt.
Für den Einsatz der Modelle aus diesem Projekt kann das Anwendungsspektrum dahingehend erweitert werden, dass sie aufgrund der Eigenschaften in der Bildgebung auch für Lernangebote in der Sonographie und Radiologie geeignet sind.
Zwischenzeitlich haben sich einige Änderungen hinsichtlich des Ausbildungsbedarfs für die verschiedenen Operationstechniken (wie NOTES-Techniken, Zugang über natürliche Körperöffnungen und Durchtrennen innerer Gewebe- und Organstrukturen bis in den Abdominalraum) ergeben. Mit der parallelen Entwicklung der Single-Port-Technologie (Zugang durch den Bauchnabel, sehr kleiner Schnitt, kaum sichtbar, weniger Risiken) rücken neue Anforderungen an Trainingssysteme in den Fokus. Dadurch ergeben sich hinsichtlich der Weiterentwicklungen von Operationsumgebungen neue Entwicklungsansätze zur Nachbildung der Bauchdecke . Hier sind Materialien notwendig, die die Bauchdecke mit allen Strukturschichten (Haut, Fett, innere Gewebsstrukturen) abbilden, um diese Art des Zugangs in die Abdominalhöhle zu trainieren.