Ziel der Entwicklung
Die Zielstellung des Projektes beinhaltete die Entwicklung patientenspezifischer degradierbarer biokompatibler Implantate für die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Die im klinischen Alltag oft eingesetzten, meist metallischen Implantate haben viele Vorzüge, weisen jedoch auch Nachteile, wie etwa das Verursachen immunologischer und allergischer Reaktionen auf. Als Resultat ist mit schlechter Wundheilung oder Implantatlockerung zu rechnen, woraus im schlimmsten Fall eine vorzeitige Entfernung des Implantates resultiert. Weitere auftretende Probleme bei der Verwendung metallischer Materialien sind die Kosten und Infektionsrisiken des Zweiteingriffs zur Entfernung nach der Frakturheilung, die Störung der bildgebenden Diagnoseverfahren und das Risiko von Knochenatrophie oder -hypertrophie. Es gibt daher ein stetig steigendes Interesse an Implantaten aus biokompatiblen und resorbierbaren Materialien, mithilfe deren Hilfe diese Probleme vermieden oder verringert werden können, da sie im Körper vollständig abbauen und ihre Abbauprodukte entweder resorbiert oder ausgeschieden werden. Dabei soll gleichzeitig mit dem Abbau der artifiziellen Materialien das körpereigene Gewebe in gleichem Maße nachwachsen, sodass schließlich wieder der Zustand vor dem Auftreten des Defektes hergestellt wird.
Vorteile und Lösungen
Je nach medizinischen Einsatzbereich eignen sich verschiedene Polymere als Ausgangsmaterial. Diese lassen sich in weiten Bereichen synthetisch maßschneidern und an die biologischen oder medizinischen Erfordernisse anpassen und spielen somit in der biomedizinischen Forschung eine immer größere Rolle. Die am häufigsten verwendeten bioabbaubaren Polymere sind Polylacton-basiert. Diese haben sich allerdings aufgrund langer Abbauzeiten final noch nicht durchsetzen können. Des Weiteren stellt neben der Zeit, das Abbauverhalten eine Herausforderung dar, wo es beispielweise bei Bulkmaterialien zu plötzlich auftretenden mechanischen Instabilitäten kommen kann, die unerwünscht sind und für den Patienten nachhaltige Konsequenzen nach sich ziehen. Im Rahmen der Entwicklung wurden verschiedene Komposite bestehend aus Calciumcarbonatmodifikationen und Polylacton-basierten Material generiert, Formgebungsverfahren (Extrusion/Spritzguss, Selektives Lasersintern) unterworfen und vergleichend hinsichtlich der sich ergebenden Eigenschaften (Mechanik, Quellverhalten, Biokompatibilität) und des Degradationsverhaltens untersucht. Der Fokus lag dabei auf dem Formgebungsverfahren des Selektiven Lasersinterns, da hiermit die auf den Patienten abgestimmte anatomische Geometrie generiert wird. Insgesamt und vornehmlich für den Schwerpunkt des Degradationsverhaltens zeigten sich die gesinterten Varianten aufgrund ihrer Struktur gegenüber den untersuchten Bulk-Materialien überlegen, wobei die Biokompatibilität bei den jeweils untersuchten formgebenden Verfahren gegeben ist. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die entwickelten Materialienzusammensetzungen unter Einsatz des Selektiven Lasersinterns (3D-Druck) ein sehr großes Potential als patientenspezifischer resorbierbarer Knochenersatz bieten.
Zielgruppe und Zielmarkt
Insgesamt lässt sich ein stetiges Wachstum im Bereich der Implantologie verzeichnen. Nicht zuletzt im Zuge der immer älter werdenden Gesellschaft, steigt auch der Wunsch nach dem Einsatz von resorbierbaren Implantatmaterialien, da diese einen Zweiteingriff vermeiden und damit erheblich Risiken sowie die Länge des Genesungszeitraumes minimieren. Wirtschaftlich betrachtet, lassen sich zudem mit der Minimierung invasiver Eingriffe Kosten sparen. Die Anwendungsgebiete der entwickelten biokompatiblen degradierbaren patientenspezifischen Kompositmaterialien werden im Bereich der Implantologie zur Wiederherstellung der knöchernen Struktur und deren Funktionalität nach Unfällen, Defekten beziehungsweise Tumorresektionen, dies vornehmlich in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, gesehen. Mit den durchgeführten Untersuchungen sind fundierte Grundlagen für die Weiterentwicklung patientenspezifischer Materialien im Implantationsbereich gesetzt worden. Bereits im Projektverlauf lagen Interessenbekundungen von Implantatherstellern vor, die Interesse an Ergebnissen aus dem Projekt geäußert haben und mit den individualisierten Implantaten ihr eigenes Portfolio weiterentwickeln wollen. Für diesen Wissenstransfer bietet INNOVENT den Unternehmen eine enge Zusammenarbeit an. Diese erstreckt sich von - über den Projektrahmen hinaus - weiterführenden Arbeiten für die In-vitro-Testung, über die Vorbereitung bei der Zulassung der Komposite als Medizinprodukt bis hin zur Mitwirkung bei der Vorbereitung von klinischen Studien. Im Rahmen der Produktüberführung können dazu Musterproben für weitere Anwendungsgebiete hergestellt werden. Außerdem vermag INNOVENT, die Firmen mit zulassungsrelevanten Tests bei der Erstellung von Produkt- und Sicherheitsdatenblättern zu unterstützen. Somit begleitet INNOVENT die Unternehmen unter anderem durch die Festlegung von wichtigen Produktspezifikationen und notwendigen Prüfverfahren bei der weiteren Entwicklung bis hin zur Markteinführung der Produkte. Der wirtschaftliche Effekt aus dem Vorhaben ergibt sich für INNOVENT aus der Einnahme von Lizenzgebühren und der Einwerbung von industriellen Forschungsaufträgen auf Grundlage der durch die Bearbeitung dieses Projektes erzielten Ergebnisse. Hier sind beispielsweise sowohl Forschungsaufträge interessierter Unternehmen eingeschlossen, die sich aus der Weiterentwicklung der geplanten Implantatmaterialien bis zur Marktreife nach Abschluss des Vorhabens ergeben, als auch Aufträge, die auf der Grundlage des im Projekt erworbenen Know-hows eingeworben werden können.