Ziel der Entwicklung

Logo: Projektübersicht mit Lösungsansatz, Schwerpunkt und Nutzeffekt der Entwicklung, © ITW e. V. Chemnitz
Projektübersicht mit Lösungsansatz, Schwerpunkt und Nutzeffekt der Entwicklung, © ITW e. V. Chemnitz

Die industrielle 3D-Bildverarbeitung mit der Robotik erweist sich als eine wichtige Schlüsseltechnologie für die Prozessautomatisierung. 3D-Laser- / Streifenlichtscanner haben sich in der Produktentwicklung und Qualitätssicherung etabliert. Robotergeführte Systeme übernehmen verstärkt automatisierte Inspektionen an Prototypen und Serienbauteilen, insbesondere dann, wenn diese formkompliziert oder großformatig sind. Mit steigender Funktionalität, Werkstoffkombination und Formkomplexität der Bauteile erreichen die optischen Triangulationsverfahren ihre physikalischen Grenzen, wenn spiegelnde, transparente und dunkle Oberflächen optisch zu vermessen sind.
Eine wirkungsvolle Methode ist das Pudern von schwierigen Prüflingsoberflächen, um optimale Reflexionsbedingungen für das optische Scannen zu erzielen. Ein Beschichten mit Kreide oder Pigmenten ist nur für Messobjekte mit geringem Wert ohne Reinheitsanspruch sinnvoll. Bei werthaltigen Prüflingen muss das aufgetragene Pulver nach der Messung mit großem Aufwand wieder entfernt werden. Die sogenannten „Kreidemittel“ stoßen deshalb in der Industrie auf breite Ablehnung.
Mittlerweile sind Spraydosen und Gebinde mit dem flüchtigen Ersatzstoff Adamantan am Markt. Da Adamantan aus fossilen Brennstoffen (Rohöl) hergestellt wird, ist der Einsatz dieser Mittel nicht umwelt- und klimaneutral, insbesondere dann, wenn große Messflächen flüchtig zu mattieren sind. Für den Erhalt des Mattierungseffekts aus niedrig siedenden Lösungen müssen definierte Umgebungsbedingungen wie im Messraum vorliegen. Bei der umfassenden Oberflächenbehandlung von Großbauteilen werden hochentzündliche Treibgase und Lösemittel in größeren Mengen erforderlich. Es besteht damit ein zunehmendes Risiko (Bioakkumulation) für Umwelt und Gesundheit sowie ein erhöhtes Gefährdungspotential beim Auftragen und Lagern solcher Stoffe.
Alternative umweltverträgliche Substanzen und sichere Auftragstechniken für umfangreichere großflächige flüchtige Mattierungen standen Anwendern bisher nicht zur Verfügung.
Das Ziel war daher die Entwicklung einer speziellen Sprühtechnik, um optisch nicht messbare Prüflinge mit diesen sublimierfähigen Stoffen lösemittelfrei zu beschichten.

Vorteile und Lösungen

Im Projekt wurden nachwachsende Substanzen aus den Bereichen Kosmetik, Medizin und Lebensmittel für eine rückstandsfreie, temporäre Mattierung von Oberflächen untersucht. Viele der getesteten Verbindungen haben positive Eigenschaften, wie hohen Dampfdruck, chemische Neutralität und niedrige Oberflächenenergie. Eine Herausforderung ist das komplexe Kristallisationsverhalten der Biostoffe, welches bisher eine homogene messfähige Beschichtung verhindert.
In Anlehnung an Spritzpistolen für das thermische Sprühen von Heißwachs zum Auftragen von Schutzschichten wurde ein Sprühsystem in Form einer Zweistoffdüse mit präziser Heiztechnik und Temperatursensorik entwickelt. Die für die Zerstäubung erforderliche temperierte Druckluft wird über einen externen Fluidkanal direkt an die Sprühdüse geführt. Die im beheizten Kanal des Apparats befindliche Schmelze eines sublimierenden Kristallstoffes wird zu kleinen Tröpfchen zerstäubt und abgekühlt.
Beim Abscheiden der unterkühlten Schmelzepartikel auf einer technischen Oberfläche wird eine feinkörnige feste Schicht erzeugt, die nachkristallisiert und eine homogene Schicht mit diffuser Reflexion bildet.
Die Feinheit der Schichtkristalle wird maßgeblich durch rasche Abkühlung der Schmelze bis zum Erstarrungspunkt des Kristallstoffes erreicht. Durch das lösemittelfreie Auftragen sublimationsfähiger Bio-Kristallstoffe lässt sich die reversible Mattierungstechnik optimal an Anforderungen industrieller Produktionsprozesse anpassen.
Mit dem neuartigen Lösungsansatz können niedrigschmelzende Kristallstoffe mit Schmelzpunkten von 35 bis 95° C verarbeitet und temporär auf Messoberflächen abgeschieden werden.
Mit der neuartigen Beschichtungstechnik werden zeitweise beste Messbedingungen an optisch unkooperativen Oberflächen mit:
- spiegelnden, transparenten bzw. absorbierenden Eigenschaften,
- steilen glatten Flanken,
- stark wechselndem und richtungsabhängigem Lichtstreuverhalten und
- offen porösen Werkstoffgefügen
geschaffen.
Hochauflösende Digitalisierungen und Inspektionen an sensiblen optisch unkooperativen Großbauteilen mit Methoden der 3D-Bildverarbeitung werden erstmalig durchführbar. Flexibilität und Einsatzgrenzen etablierter optischer 3D-Laser- und Streifenprojektionssysteme werden deutlich erhöht bzw. erweitert.
Zudem verbessert die neue Mattierungstechnik den Gesundheits- und Umweltschutz bei der optischen Aufbereitung von Prüfobjekten in Messräumen und im Außeneinsatz.

Zielgruppe und Zielmarkt

Zielgruppen für die Verwertung der Projektergebnisse sind nationale und internationale Hersteller bzw. Anwender:
- industrieller Messtechnik und Inline-Sensorik beruhend auf optischer Triangulation,
- von Sonder- und Messmaschinen sowie Prüfanlagen für die Großbauteilfertigung sowie
- wertintensiver Komponenten der Fertigung und Montage.
Es sind folgende Einsatzgebiete vorgesehen:
- Reverse Engineering und Produktentwicklung,
- Fertigungsdokumentation von Baugruppen und Systemen,
- Qualitätskontrolle.
Mit der im FuE-Projekt entwickelten Beschichtungslösung werden Einsatzgrenzen und Leistungsvermögen optischer Messverfahren erweitert bzw. erhöht.
Die Prozesslösung für das reversible optische Aufbereiten und 3D-Digitalisieren von Oberflächen fokussiert auf den Markt für Großbauteile. Optische Aufbereitungen von nicht messbaren Prüflingen mit großer Flächenausdehnung werden erstmalig vollständig umsetzbar und wirtschaftlich vertretbar.
Wesentliche Zielmärkte für den Sondersprühapparat sind:
1. Sensorik / Optische Messtechnik mit Schwerpunkt Industrielle 3D-Bildverarbeitung,
2. Maschinenbau mit Anwendungsfeldern des Werkzeug- und Formenbau, Bauteilfertigung.
In den genannten Branchen erfolgt bisher die reversible rückstandsfreie Oberflächenaufbereitung von Bauteilen für das 3D-Laser- oder Lichtscannen in Verbindung mit Lösemitteln und der flüchtigen filmbildenden Substanz Adamantan durch Spraydose oder lösemittelhaltiger Gebinde.
Künftige Aufbereitungen großer Oberflächen mit nachwachsenden Kristallstoffen und dem neuartigen Sprühapparat führt zu deutlichen Einsparungen hinsichtlich Emissionen und Ressourcen.
Auch der zeitliche Aufwand für die Mattierung ausgedehnter Messobjekte verringert sich. Im Gegensatz zum Auftrag mittels Spraydosen und Gebinde sind die lösemittelfreien Schichten geschlossen und gut deckend.
Weitere Nutzeffekte bestehen in der Verwendung von preisgünstigen und umweltfreundlichen organischen Substanzen. Durch den Einsatz klimaneutraler Stoffe entfallen prospektiv mögliche Kosten bezüglich Umwelt- und Klimaschutz (z. B. CO2-Bepreisung).