Ziel der Entwicklung

Logo: Visueller Eindruck des biologischen Abbaus von cellulosischen Textilien, © STFI
Visueller Eindruck des biologischen Abbaus von cellulosischen Textilien, © STFI

Geobaustoffe stehen – bedingt durch ihr Anwendungsspektrum und ihre Materialzusammensetzung – unweigerlich mit im Fokus der Diskussion zum Eintrag von Kunststoffen in aquatische und terrestrische Ökosysteme. Dabei bedürfen geotechnische Anwendungen nicht per se einer jahrzehntelangen Dauerhaftigkeit der verbauten Produkte. Abhängig vom Anwendungsfall sind mitunter auch Nutzungsdauern von wenigen Jahren ausreichend, weshalb der Einsatz biologisch vollständig zu CO₂, Wasser und Biomasse abbaubarer Materialien eine ökologisch vorteilhafte Alternative darstellen kann.
Jedoch ist die funktionsseitige Bewertung und Einstufung biologisch abbaubarer Geobaustoffe deutlich erschwert, da in geltenden Produktnormen biologisch abbaubare Materialien aufgrund ihres auf wenige Jahre beschränkten Nutzungszeitraums von der weiteren Betrachtung ausgeschlossen werden.
Ziel des Vorhabens war es deshalb, am Beispiel ausgewählter bestehender Methoden neue Arbeitsweisen und Kriterien zur Prüfung und Bewertung der Funktionslebensdauer von Geobaustoffen aus biologisch abbaubaren Materialien zu erarbeiten, um deren anforderungsgerechten und versierten Einsatz zu ermöglichen/zu forcieren. Gleichzeitig wurde damit die Vermeidung unerwünschter Effekte sowie potenzieller Risiken, die aus der Verwendung plastikhaltiger, persistenter Produkte resultieren, angestrebt.
Die Arbeiten sollten zu neuen Test- und Bewertungsverfahren führen, die im Ergebnis Antworten auf vor allem folgende, für Hersteller und Anwender wichtige Fragen geben können:
- Wie lange lässt sich das gewünschte Eigenschaftsprofil eines biologisch abbaubaren Geobaustoffs während der Nutzung aufrechterhalten? (Dabei sollte die Funktionslebensdauer des Produkts mindestens mit der avisierten Nutzungsdauer identisch sein, ggf. diese sogar überschreiten.)
- In welchem Maß verändert sich das Eigenschaftsprofil des Geobaustoffs mit zunehmender biologischer Zersetzung?
- Wie wird das Material unter realen Bedingungen biologisch zersetzt (vollständig oder nur teilweise; in welchem Zeitfenster)? Besteht die Gefahr, dass umweltbedenkliche Zwischen- oder Abbauprodukte gebildet werden?

Vorteile und Lösungen

Auf Basis ausgewählter Prüfnormen zur Ermittlung des biologischen Abbaus sowie der Beständigkeit gegenüber Umwelteinwirkungen wurden für die Anwendungsumgebungen „Wasser“ und „Boden“ methodische Angleichungen erarbeitet und darauf aufbauend zwei Prüfmethoden entwickelt. Aufgrund der frei bestimmbaren Prüfkörperform und des Prüfablaufs, welcher die versuchsbegleitende Entnahme von Prüfkörpern erlaubt, können Daten zur Beschreibung des fortschreitenden biologischen Abbaus mit Daten des sich dabei verändernden Eigenschaftsprofils der Prüfkörper kombiniert und korreliert werden. Somit werden gleichzeitig Aussagen zum visuellen Erscheinungsbild, zum Verlauf des biologischen Abbaus und zur Beständigkeit der Prüfkörper möglich.
Die erarbeiteten Prüfaufbauten sind sehr gut für Produktentwicklungen im Umweltbereich geeignet. Die Variation von Parametern der Prüfumgebung lassen vielfältigste Abbauszenarien zu (trocken – feucht, warm – kalt), welche hinsichtlich Zeit, Abbauumfang und resultierendem Eigenschaftsprofil miteinander verglichen werden können.

Zielgruppe und Zielmarkt

Geokunststoffe werden in vielen Anwendungsbereichen eingesetzt, wie z. B. im Straßen- und Eisenbahnbau, Wasserbau, Erd- und Grundbau sowie Deponiebau. 2016 umfasste der weltweite Markt für Geotextilien (Vliesstoffe, Gewebe, Gewirke) etwa 4,2 Mrd. US$, 2017 etwa 5,8 Mrd. US$. Auf Basis von prognostizierten Steigerungen von jährlich 10,2 % bzw. 12,5 % wurden bis zu den Jahren 2022 bzw. 2024 Anstiege auf über 9 Mrd. respektive 10 Mrd. US$ weltweit vorausgesagt (Europa (2024): etwa 2,5 Mrd. US$) Wachstumstreiber stellen dabei insbesondere Erosionsschutzmaßnahmen und Anwendungen im Straßenbau dar.
Geobaustoffe sind mittlerweile fester Bestandteil vieler anspruchsvoller Projekte und tragen erheblich dazu bei, Projekte ökologischer und ökonomischer zu realisieren, wobei sie zunehmend in den Fokus der über die vergangenen Jahre immer intensiver diskutierten Problematik „Plastik in der Umwelt“ geraten. Infolgedessen ist auf dem Markt insbesondere für Anwendungen zur Renaturierung, Begrünung und natürlichen Böschungs- oder Sedimentbefestigung (Erosionsschutz) eine wachsende Nachfrage nach biologisch abbaubaren Produkten zu verzeichnen.
Biologisch (vollständig) abbaubare Geobaustoffe stehen, in Abhängigkeit vom Anwendungsziel, dabei im direkten Wettbewerb mit über viele Jahre beständigen Geobaustoffen aus fossilen Rohstoffen. Jedoch ist die Wettbewerbssituation stark verzerrt, da es für biologisch abbaubare Geobaustoffe keine prüftechnischen Bewertungsvorgaben gibt und damit ein fundierter und objektiver Vergleich verschiedener Produkte (z. B. im Hinblick auf die Funktionslebensdauer) bisher nicht möglich ist.
Die Lösung der Aufgabenstellung entspricht den aktuellen Bedürfnissen von Herstellern und Anwendern von Geobaustoffen sowie der Umweltforschung bezüglich der Datenerhebung und -auswertung. Wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Nutzen wird gesehen in der
- erfolgreichen Erarbeitung und Entwicklung zuverlässiger Prüfmethoden zur Erhebung belastbarer Daten zur Beständigkeit und zum Abbauverhalten biologisch abbaubarer Geobaustoffe,
- Verknüpfung und Bewertung der erhobenen Daten zur Bestimmung der Funktionslebensdauer von biologisch abbaubaren Geobaustoffen sowie zur Abschätzung resultierender Umwelteffekte, und in der
- Modifizierung und Optimierung textiler Produkte sowie textiler Produktionsprozesse zur (Weiter-)Entwicklung umweltfreundlicher Produkte.
Es wird erwartet, dass großes Interesse an den Ergebnissen und an weiterführenden FuE-Arbeiten besteht, vor allem seitens
- Textilproduzenten/-veredlern,
- Garten- und Landschaftsbaubetrieben,
- Bauunternehmen,
- Dienstleistungsunternehmen aus dem Bereich der Umwelttechnik/-analytik sowie (Geo-)Textilprüfung und
- Genehmigungsbehörden.