Ziel der Entwicklung

Logo: Gleichmäßige Erwärmung eines Heizgewebes auf Basis von Polyamid ©TITK e.V.
Gleichmäßige Erwärmung eines Heizgewebes auf Basis von Polyamid ©TITK e.V.

Heizbare flexible Flächen haben eine sehr weite Verbreitung und treten im persönlichen Alltag oder für industrielle Anwendungen in einer breiten Spanne von Größen und Formen auf, beginnend mit Heizdecken für den Heimgebrauch, beheizte Unterwäsche, Sitzheizungen im Auto, bis hin zu Heizbändern zur Verhinderung des Einfrierens von Medien in Rohrleitungen. Bei all diesen Anwendungen ist stets die Gefahr von Überhitzungen gegeben, so dass teilweise umfangreiche Sensor- und Steuerungselektronik in dem Produkt verbaut werden muss, um eine Fehlbedienung oder einen technischen Defekt mit möglicherweise fatalen Auswirkungen zu verhindern. Ziel des Forschungsvorhabens war es daher, für Anwendungen im Bereich von Heiztextilien Filamente auf Basis thermoplastischer Polymere zu entwickeln, die einerseits eine gute elektrische Leitfähigkeit aufweisen, andererseits eine inhärente Sicherheitsfunktion durch selbstbegrenzendes beziehungsweise selbstregulierendes Heizverhalten aufweisen. Der Weg hierzu ist die Darstellung von Garnen mittels Schmelzspinntechnologie, welche einen positiven Temperaturkoeffizienten hinsichtlich ihrer elektrischen Leitfähigkeit aufweisen. Das bedeutet, dass der elektrische Widerstand mit steigender Temperatur immer größer wird, mithin die Stromaufnahme von selbst begrenzt wird. Man spricht in diesem Fall auch von einem Kaltleiter.

Vorteile und Lösungen

Die Zielstellung des Vorhabens war die Generierung von elektrisch leitfähigen Filamenten aus thermoplastischen Materialien für Heizanwendungen mittels Schmelzspinntechnik. Diese sollen einen positiven Temperaturkoeffizienten aufweisen und so eine Selbstbegrenzungs- beziehungsweise Selbstregelungscharakteristik haben, um den Aufwand für eine externe Temperaturmess- und Regelungstechnik so gering wie möglich zu halten beziehungsweise vollständig überflüssig zu machen. Gleichzeitig sollen die möglichen Einsatztemperaturen beziehungsweise die erreichbaren Oberflächentemperaturen bei konfektionierten Heizgeweben deutlich oberhalb der mittels des Materialsystems HDPE/PP erreichbaren liegen, das bedeutet im Bereich um beziehungsweise über 100 °C. Ebenso muss der elektrische Widerstand bei diesen Temperaturen deutlich höher sein als bei Raumtemperatur, für eine hinreichende Selbstregelung ist eine Steigerung von der Bezugstemperatur bis zur „Abschalttemperatur“ von 100 Prozent als Minimum anzusehen. Diese Steigerung entspricht einem PTC-Faktor von zwei. Die Größe des PTC-Effektes korreliert für ein gegebenes Materialsystem immer mit der erreichbaren Leitfähigkeit und zwar so, dass mit steigender Ausgangsleitfähigkeit der mögliche PTC-Effekt geringer wird. Es waren daher gewisse Kompromisse bezüglich beider Größen notwendig, die von den zukünftigen Einsatzgebieten abhängen. Daher kann eine Filamenttype, welche eine hohe Leitfähigkeit hat, aber nur einen geringen PTC-Effekt, zwar für eine Anwendung ungeeignet, für eine andere dafür umso besser geeignet sein. Als Basiswiderstand bei Raumtemperatur wurden je nach Filamenttype etwa ein bis zehn M/m erreicht. Dieser Bereich gewährleistet je nach textiler Verarbeitung, Filamentdichte und Hilfselektrodeneinsatz eine Anfangsflächenheizleistung von bis zu 1000 W/m2. Bei entsprechender Laminierung und Isolation können höhere Spannungen und damit Heizleistungen beziehungsweise weitere Abstände der Heizfilamente oder weniger Hilfselektroden verwendet werden und gegebenenfalls Filamenttypen mit höheren elektrischen Widerständen bei ausgeprägterer PTC-Charakteristik verwendet werden. Die mechanischen Kennwerte der PTC-Garne müssen eine textile Verarbeitung ermöglichen. Da bei den verschiedenen textilen Verfahren unterschiedliche mechanische Belastungen an das Garn gestellt werden ist eine exakte Spezifizierung von Mindeswerten schwierig. Im Allgemeinen sind 10-15 cN/tex bei Bruchdehnungen von 20-100 Prozent je nach Garntype und Weiterverarbeitung ausreichend. Ein wesentlicher Einflussfaktor ist hier der Füllgrad der Spinnmassen mit leitfähigem Füllstoff und die Art desselben. Hierbei wurden ebenfalls gewisse Kompromisse hinsichtlich Festigkeit und Leitfähigkeit eingegangen. Als Zielwert hinsichtlich der Durchmesser wurden im Allgemeinen etwa 100 bis 300 Mikrometern angenommen. Dieser Wertebereich gewährleistet eine textile Verarbeitbarkeit und gleichzeitig relativ geringe Widerstände bei einem gegebenen Materialsystem. Für Multifile wurden entsprechende Garnfeinheiten von zirka 200 bis 700 dtex gewählt, um die notwendigen Leitfähigkeiten zu erreichen. Neben den genannten technischen Parametern waren weitere nicht direkt quantifizierbare Eigenschaften Ziel des Forschungsvorhabens, wie die Möglichkeit eines abriebfreien Verarbeiten des Garns, möglichst geringen Schrumpf nach thermischer Fixierung, homogene Widerstandsverteilung und ein stabiler Herstellungsprozess. Es wurden Mustergewebe aus verschiedenen Filamenttypen hergestellt, welche in stabil und reproduzierbar zur Aufheizung bis auf etwa 120 °C genutzt werden konnten und dabei eine PTC-Charakteristik mit hohen Leistungsaufnahmen im kalten Zustand und geringerer Wärmeerzeugung im heißen Zustand aufwiesen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die im Forschungsprojekt entwickelten Filamente mit PTC-Charakteristik haben ein breites Anwendungsspektrum. Aufgrund der relativ hohen Oberflächentemperaturen sind nicht nur Heizanwendungen im häuslichen Umfeld oder im elektrischen Individualverkehr denkbar, sondern auch textile Heizmatten in industriellen Prozessen, die höhere Temperaturen ohne die Gefahr eines Überheizens erfordern. Aufgrund der Innovationskraft und der derzeitigen Dynamik sind Heizelemente im Automobilbereich sowohl für den Innenraum als auch für das Batteriemanagement interessante und aktuelle Anwendungsmöglichkeiten. Im Industriebereich oder der Luftfahrt ist der Einsatz als beheizte Rohrummantelungen zur Verhinderung des Einfrierens von Medien vorstellbar. Fast jede Heizanwendung, bei der es auf Flexibilität und die Vermeidung der Gefahr des Überhitzens ankommt, ist für die Verwendung der PTC-Filamente ein möglicher Markt.