Ziel der Entwicklung
Im Vorhaben sollten vliesstoffbasierte Trägermaterialien für technische Klebebänder aus Polyester entwickelt werden. Im Gegensatz zu den marktüblichen textilen Klebebändern, die seit 2013 in der Kabelsatzumwicklung in KFZ eingesetzt werden, sollten dabei Preisvorteile realisiert werden. Die konventionellen Klebebänder werden aus Spinnvliesstoff hergestellt und haben sich in der Industrie etabliert. Die Weichheit der Spinnvliesstoffe ist jedoch noch nicht ausreichend gegeben, was sich in der Drapierbarkeit bemerkbar macht. Außerdem muss dem steigenden Granulatpreis entgegen gewirkt werden. Fasern aus PES sind zwar preiswerter (Preisdifferenz ca. 20-25 ct / kg) als vergleichbares Granulat, allerdings benötigen technische Klebebänder aus Faservliesstoff auch mehr Material, um die gleiche Performance zu erreichen. Der Herstellungsprozess für Faservliesstoffe bedarf im Gegensatz zum Extrusionsvliesstoffprozess keiner energetisch aufwendigen Granulattrocknung der Ausgangsmaterialien. Ebenso fallen die hohen Energieaufwendungen für die thermischen Prozesse wie Aufschmelzung, aerodynamische Verstreckung und Abkühlung weg. Die Zielstellung des Forschungsvorhabens sah Trägermaterialien im Flächenmassebereich bis 75 g / qm vor. Gleichzeitig sollten bei den Produkten Preisvorteile von zirka zehn Prozent erzielt werden. Untersuchungen sollten zeigen, welches Vliesbildungsverfahren und welche Verfestigung den bestmöglichen textilen Träger für technische Klebebänder aus Faservliesstoff hervorbringen. Das Endprodukt sollte sich durch minimalen Faserausriss und die Möglichkeit der Handreißbarkeit in Querrichtung auszeichnen. Die Drapierbarkeit sollte in ausreichendem Maß gegeben sein, was eine möglichst geringe Überhanglänge von unter 6 cm bzw. eine Biegelänge unter drei Zentimeter erforderte. Für die Charakteristik der Weichheit der textilen Fläche in zwei Dimensionen konnte zudem das Prüfverfahren nach DIN EN ISO 9073-9 angewandt werden, was den textilen Fall und damit indirekt die Weichheit des Vliesstoffes charakterisiert. Das Flaggingverhalten musste verringert bzw. möglichst vermieden werden. Durch die ermittelte Biegelänge können Rückschlüsse auf das Flagging gezogen werden. Im STFI besteht zusätzlich die Möglichkeit, Vliesstoffe nach der Norm DIN EN ISO 12035 auf Flagging zu prüfen.
Vorteile und Lösungen
Zur Erreichung des Projektziels sollten quergelegte Vliesstoffe und Vliesstoffe mit Faserwirrlage hergestellt werden. Die Vliese wurden anschließend mechanisch und thermisch verfestigt. Zur Verbesserung des Kraft-/Dehnungsverhaltens wurden die vorverfestigten Faservliesstoffe zu Maliwatt-Nähgewirken weiterverarbeitet. Die hergestellten Trägermaterialien wurden schließlich mit verschiedenen Klebstoffen beschichtet. Zur Einschätzung der Einsatzfähigkeit fanden anwendungsnahe Prüfungen der konfektionierten Klebebänder statt. Dabei wurde die Flagginglänge, die Haftfestigkeiten auf dem Klebebandrücken und einer Stahloberfläche sowie die textilphysikalischen Eigenschaften geprüft. Die entwickelten Nähgewirke sind in der Lage, eine echte Alternative zu technischen Klebebändern aus Spinnvliesstoff zu bilden. Neben besserer Weichheit, Drapierbarkeit, Festigkeit und geringeren Materialkosten müssen dazu jedoch die schlechteren Dehnungseigenschaften, allgemein höhere Dicke und langsamere Produktionsgeschwindigkeit in Kauf genommen werden. Die Handreißbarkeit der Klebebänder ist gewährleistet, allerdings ist die Wahrscheinlichkeit von Faserausriss deutlich höher als bei Spinnvliesstoffen der äquivalente Filamentausriss. Im Klebeverhalten und bei der Untersuchung des Flaggingverhaltens zeigten alle hergestellten Klebebandvarianten hervorragende Ergebnisse. Der qualitative Vergleich der Einzelvarianten brachte zwei Vorzugsvarianten hervor, die gleichzeitig als Projektergebnis dienen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Auf dem europäischen Markt werden zirka 450 Mio. m² technische Klebebänder umgesetzt. Diese werden hauptsächlich in den Anwendungsfeldern Automobil (30 Prozent), Elektro (14 Prozent) und Bau (11 Prozent) verwendet. Die Wirtschaftssektoren Papier und Medizin zeichnen neben vielen weiteren ebenfalls Umsätze beim technischen Klebeband auf. Etwa 40 Prozent dieser Klebebänder besitzen ein textiles Trägermaterial. Da in jedem PKW zirka 50 Laufmeter Klebeband mit 19 mm Breite verwendet werden, resultiert allein für deutsche Automobilproduzenten ein jährlicher Bedarf von über 4,0 Mio. m² technischem Klebeband. [Vliesstoffträger für Klebebänder im Fahrzeugbau, S. 34-35, Allgemeiner Vliesstoffreport, 4/2008]
Aus technisch-/technologischer sowie ökonomischer Sicht können die Projektergebnisse über die gesamte Wertschöpfungskette des Produktes verwendet werden. Sowohl Vliesstoffhersteller als auch Hersteller von Nähgewirken und Beschichter profitieren von den Ergebnissen. Zusätzlich ergeben sich Vorteile eines größeren Marktes und preisgünstigeren Produktes bei Zulieferern und Anwendern in der gesamten Automobilbranche. Derzeit sind etwa sechs deutsche Unternehmen bekannt, die textile Klebebänder aus Vliesstoffen oder Geweben für technische Anwendungen fertigen. Diese sind neben weiteren Unternehmen der Branche auf der ständigen Suche nach marktfähigen Innovationen und Alternativen zu bestehenden Produkten mit ungelösten Problemen. Die deutlich verbesserte Weichheit und die geringeren Materialkosten im Zusammenspiel mit einem kaum nachweisbaren Flaggingverhalten und der Geräuschdämpfung bieten zahlreiche Vorteile gegenüber Trägermaterialien aus Spinnvliesstoff.
Die wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten im STFI bestehen in der Bereitstellung von Faservliesstoff für die Nähgewirkehersteller und dem Angebot von Transferprojekten zur großtechnischen Umsetzung der Klebebandproduktion nach der im Vorhaben etablierten Methode. Nach Einschätzung eines Nähgewirkeherstellers können bis zu 10 Tm² Trägervliesstoff jährlich notwendig sein. Eine Kurzfassung der relevanten Projektinhalte und –resultate wurde verfasst. In prägnanter Form werden die wichtigsten Informationen und Erkenntnisse aus der anderthalbjährigen Projektbearbeitung auf der Homepage des STFI veröffentlicht. Der Demonstrator wird zu zahlreichen Veranstaltungen mitgeführt und ausgestellt. Begleitend dazu wurde ein Informationsblatt in deutscher und englischer Sprache erstellt. Zum Thema des Forschungsvorhabens wurde eine Posterpräsentation in englischer Sprache erarbeitet. Diese diente zum Ergebnistransfer im Rahmen der EDANA Nonwovens Innovation Academy (NIA) in Denkendorf im Oktober 2019. Zusätzlich wurde durch die EDANA ein Interview zum Poster und den dargestellten Inhalten geführt. Unter diesen Aspekten wurden die konkreten Resultate aus dem Projekt vorgestellt und anhand dessen aufgezeigt, welche Vorteile gegenüber den marktgängigen Klebebändern mit Spinnvliesstoffen als Trägermaterialien entstehen. Das Poster stieß bereits auf positive Resonanz und soll erneut im Rahmen der INDEXTM20 in Genf ausgestellt werden. Weitere Veröffentlichungen sind gemäß dem Verwertungskonzept geplant und werden entsprechend umgesetzt. Beispiel: „Für Branchen des Fahrzeugbaus kann die Fertigung von CFK-Bauteilen automatisiert werden. Die Technologie wird für das produzierende Gewerbe angeboten und kann auf individuelle Bedürfnisse angepasst werden. […]“