Ziel der Entwicklung
In den vergangenen Jahren haben sich obergärige, hopfenbetonte Biersorten flächendeckend im deutschen Markt etabliert, die sich vereinfacht unter dem Überbegriff „Ale“ zusammenfassen lassen. Prominente Beispiele sind Pale Ales oder India Pale Ales. Während untergärige Lagerbiere schlank und weniger aromatisch sind, zeichnen sich hopfenbetonte Ales durch intensive fruchtige Noten aus. In einem Vorlauf-Forschungsvorhaben wurde im Rahmen eines Lagerversuchs festgestellt, dass die Stabilität vom intensiven, fruchtigen Aroma in obergärigen, hopfenbetonten Bieren stark beeinträchtigt wird und die Produktqualität darunter leidet. Es wurde vermutet, dass die Ursache des Aromaverlusts auch auf den Thiolabbau zurückzuführen ist. Es handelt sich vor allem um die aroma-aktiven Schwefelmoleküle 4-Mercapto-4-methyl-2-pentanone (4MMP, Cassis Aroma) und 3-mercaptohexanol (3MH, Grapefruit Aroma). Aufgrund der reaktiven -SH Gruppe sind Thiole höchst anfällig gegen Oxidation. Ziel des Forschungsvorhabens war es also, eine geeignete Analytik zur Quantifizierung der flüchtigen Thiole zu etablieren. Sie soll in der Lage sein, im Spurenbereich (ng/L) und mit hoher Robustheit die Thiolkonzentration bestimmen zu können. Im Kern der Entwicklung stand die Etablierung und Optimierung einer neuartigen instrumentellen Analytik mittels Festphasenmikroextratkion on-fiber Derivatisierung Gaschromatographie mit Tandem-Massenspektrometrie-Kopplung (HS-SPME-OFD-GC-MS/MS). Die Thiolanalytik sollte in Zusammenhang mit einem Lagerversuch von thiolhaltigen Bieren eingesetzt werden, um die chemischen Einflussparameter auf den Thiolabbau zu verstehen. Ohne die Verfügbarkeit einer solchen Analytik, ist eine gezielte Verbesserung der Geschmacksstabilität im Hinblick auf sortenspezifische Thiole nicht zu erreichen. Die Brauindustrie soll mit den Forschungsergebnissen technische/technologische Maßnahmen ergreifen können, um den Thiolabbau zu verlangsamen und die Produktqualität dementsprechend aufrechtzuhalten. Neben den qualitativen Gründen muss im Hinblick auf die Thiole berücksichtigt werden, dass es sich bei Hopfen nicht nur um den teuersten Rohstoff der Bierherstellung handelt, sondern auch dass die Hopfengabe maßgeblich zu den Produktionskosten von Bier insgesamt beiträgt, sodass die Ergebnisse des Forschungsvorhabens ebenfalls dazu beitragen sollen, die Hopfengabe in Zukunft effizienter zu steuern.
Vorteile und Lösungen
Im Gegensatz zur herkömmlichen Kopplung aus GC-MS sollte die Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS) eine deutlich gesteigerte Empfindlichkeit erreichen, welche die weitgehend automatisierte und lösungsmittelfreie Quantifizierung von Thiolen bis in den Spurenbereich (Bestimmungsgrenze 4MMP <1 ng/L, 3MH <10 ng/L) ermöglichen sollte. Im Rahmen des Projektes konnte die zu entwickelnde Analytik zur umfassenden und effektiven Quantifizierung wertgebender Hopfenthiole etabliert werden. Trotz der Reaktivität der Thiole und ihrer geringen Konzentration konnte die Methodenvalidierung mit den Parametern Linearität, Bestimmungsgrenze, Nachweisgrenze, Robustheit, Messpräzision und Messgenauigkeit erfolgreich durchgeführt werden. Die entwickelte Methode hat sich als geeignet erwiesen, um im weiteren Projektverlauf relevante Einflussgrößen, z. B. Übergangsmetalle, Polyphenole und Protein-Thiole, auf die Thiolstabilität während eines sechsmonatigen Lagerversuchs zu ermitteln. Dadurch konnte nachgewiesen werden, dass die z.B. die Behandlung von Bier mit einem glutathionangereicherten inaktiven Trockenhefepräparat oder mit Xanthohumol angereichertem Hopfenextraktes die Stabilität hopfenspezifischer Thiole in Bieren verbessert.
Zielgruppe und Zielmarkt
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wurde zum einen eine Analytikdienstleistung entwickelt, die das analytische Portfolio des Antragstellers ergänzen soll. Die Analytik von Bier, seinen Vorstufen und den Rohstoffen ist für den Antragsteller von besonderer Bedeutung, da nahezu jede technische oder technologische Entwicklung sowie die Beratung von Markteilnehmern eine begleitende Analytik erfordert. Es ist zu betonen, dass erfolgreiche, marktorientierte Forschung den Antragsteller zu einem attraktiven Partner in Forschungsvorhaben innerhalb und außerhalb der Getränkeindustrie macht. Dies ist von besonderer Bedeutung, da die Herstellung von Getränken große Schnittstellen mit den Branchen Landwirtschaft, Biotechnologie und Chemie aufweist.
Zum anderen können die in diesem Vorhaben entwickelten technischen und technologischen Maßnahmen zukünftig dazu beitragen, den Abbau von Thiolen und die dadurch entstehenden sensorischen Veränderungen zu begrenzen. Dies ist für Brauereien von besonderem Interesse, da aus wirtschaftlicher Sicht durch den raschen Abbau der Thiole ein wichtiger Inhaltsstoff „vernichtet“ wird. Die Stabilisierung des Thiolgehalts ermöglicht daher Kosteneinsparungen im Bereich Hopfeneinkauf bzw. Bierherstellung. Die daraus resultierende, Produkthaltbarkeit steigert die Qualität des Produktes, verbessert die Nachhaltigkeit und kann sowohl für Brauereien als auch Händler zu einer besseren Wirtschaftlichkeit führen.