Ziel der Entwicklung
Die Zielsetzung des FuE-Projektes war die Entwicklung von Verfahren und Technologien zur Kontaktierung von Temperatursensoren und hybriden Hochtemperatur-Bauelementen bis 600°C ohne thermische Beeinflussung außerhalb der reinen Fügezone. Hierfür bietet die neuartige RMS (reaktive Multischichtsysteme) -Löttechnologie durch ihre extrem kurze und räumlich begrenzte thermische Phase eine interessante Lösung. Der besondere Vorteil ist, dass nur die RMS-Strukturen und unmittelbar angrenzenden Lotschichten aufgeschmolzen werden. Trotz der hohen RMS-Kerntemperatur von zirka 1.200 Grad Celsius werden durch den stark begrenzten Wärmeeintrag keine internen Strukturen der Bauteile erwärmt. Der thermische Vorgang ist dabei auf wenige Millisekunden begrenzt. Es sollten diesbezüglich Verfahrensweisen für den Einsatz der neuartigen RMS-Technologie zur prozesssicheren Aufbau- und Verbindungstechnik für Temperatur Sensorik und Hybridelektronik erarbeitet werden. Die Grundlagen der Entwicklungsaktivitäten basieren auf einer experimentellen Hartlot-Qualifizierung von exothermischen nanoreaktiven Folien für elektrische und signaltechnische Kontaktierungen. Ausgehend von der thermischen und konstruktiven Spezifikation der Bauteil- und Fertigungsanforderungen galt es, hartlotfähige Materialpaarungen zu analysieren. Darauf aufbauend waren Hartlot-Schichtsysteme und Zündsysteme für die nanoreaktiven Folien zu entwickeln. Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt war die Entwicklung von Strategien zur optimalen Wärmeeinbringung in die Fügestelle, um eine stoffschlüssige Verbindungen zu gewährleisten. Die zu entwickelnden Technologien sollten einen stabilen prozesssicheren Einsatz für Kontaktierungsaufgaben bis zu einer Temperatur von 600°C ermöglichen.
Vorteile und Lösungen
Prinzipiell konnte die Nutzbarkeit des RMS-Hartlotverfahrens für signaltechnisch genutzten Kontaktierungen nachgewiesen werden. Die spezifischen Kenngrößen der Kontaktierungen konnten reproduzierbar bestimmt werden und sind für den technisch Einsatz insbesondere für das kontaktieren von HF-Antennenstrukturen geeignt. Konkret konnte eine signaltechnisch nutzbare RMS-basierte Hartlotkontaktierung von auf Al2O3-Substrat gedruckten Schaltungsträgern nachgewiesen werden. Diese Arbeiten sind ein wesentlicher Schritt zur Entwicklung fertigungstechnisch relevanter Verfahren zur RMS-Kontaktierung von Hochtemperaturbauelementen. Im Lauf der Arbeiten konnte eine für den praktischen Einsatz relevante Zündtechnologie entwickelt werden, die den kleinteiligen und multivariaten Produktionszyklen der Industrie 4.0-Zielstellungen entgegen kommen. Als besondere Herausforderung ist dabei die universelle und sichere Handhabbarkeit der Zündvorrichtung zu sehen.
Im Projekt wurden dazu die grundlegenden Verfahrensweisen entwickelt und getestet. Dazu wurden die Anforderungen für eine industrierelevante Weiterentwicklung des primären Funktionswerkzeugs der Zündeinrichtung in Form des Elektrodensystems zusammengefasst.
Als besonders positiv ist die erfolgreiche Entwicklung des Synchronzündsystems für mehrere separate Fügepunkte zu nennen. Hierbei konnte gewährleistet werden, dass die zeitgleiche Flüssigphase der RMS-Reaktanzen für alle Kontakte sichergestellt werden, so dass eine betriebssichere Fügung der Bauelemente mit mindestens zwei Kontakten gewährleistet wurde. Innerhalb von Folgeentwicklungen ist vorgesehen, insbesondere die geforderten Elektrodenfunktionalitäten in einer kompakten Form zusammen zufassen und in einer gerätetechnischen Applikation umzusetzen. Hierbei sind neben der eigentlichen technischen Ausführung und den EMV-Absicherungen vor allen der Verschleißschutz und die regenerativen Maßnahmen zu Absicherung einer höheren Standzeit Entwicklungsschwerpunkte.
Zielgruppe und Zielmarkt
Im Rahmen der Projektarbeit konnten spezifische Erkenntnisse über die Realisierbarkeit und die notwendigen Prozessbedingungen zu RMS-basierten Hartlotkontaktierungen erarbeitet werden. Als besondere Herausforderungen galten hierbei neben der zuverlässigen Zündung vor allem die Sicherstellung der erforderlichen Fügekraftbedingungen. Das ITW ist bestrebt, hierfür nach Abschluss des Projektes eine eigeständige automatisierungstechnische Lösung zu entwickeln. Im Laufe der Projekttätigkeit wurde weiterhin deutlich, dass der Erfolg der RMS-basierten Fertigungsverfahren unmittelbar von der Verfügbarkeit geeigneter Werkzeuge und Ausrüstungen zur Verarbeitung der RMS abhängen wird.
ITW ist bestrebt, den Markt neben der Erschließung spezifischer Fertigungsapplikationen vor allem in den Bereichen der Zündvorrichtungen und der Fügewerkzeuge für 2/3 D-Freiform-Fügegeometrien zu erschließen.
Angestrebte Märkte sind: Sensorik, neben Industrieanwendungen auch in Smart Homes & Buildings, Elektronik / Elektrotechnik sowie Hybridelektronik.
Als Eintrittsmärkte der RMS-Technologie von Seiten des ITW werden die SAW-Temperaturmesstechnik sowie die Hybrid- Leistungselektronik gesehen, da diese bereits grundlegend auf Anwendungen in höheren Temperaturbereichen zielen. Hierzu ist eine Kooperation mit ausgewählten Produzenten vorgesehen, Erstkontakte sind dahingehend vorhanden.
Als erster Zielmarkt wird der Bereich der SAW-Temperaturmesstechnik favorisiert. Bisher können die Vorteile der drahtlos abfragbaren SAW-Technologie im Vergleich mit konventionellen Temperaturmesssystemen nicht in direkten Einsatztemperaturbereichen über den Schmelzgrenzen von Weichloten (zirka 350 bis 400°C) zur Geltung kommen. Mit den entwickelten Lösungen sollen in den nächsten Jahren RMS-Hartlotkontaktierungen für signaltechnische Anwendungen zum Serieneinsatz qualifiziert werden. Hier für existieren derzeit noch keine industrietauglichen Lösungen.
Im zweiten Schritt soll die RMS-Hartlot-Kontaktierungstechnologie im Bereich der Hybrid-Leistungselektronik vermarktet werden. Als wesentliche Anwendung wird hier der automobile Sektor gesehen. Neben den aktuellen Elektromobilitätsentwicklungen einschließlich der Hybridkonzepte, betrifft dies auch den konventionellen Fahrzeugbereich. Technologietreiber ist dahingehend die Substitution mechanischer durch mechatronische bzw. elektronische Funktionen und Komponenten sowie der Einsatz in den thermisch hochbelasteten Wirkpunkten der jeweiligen Kraft/Energie-Umwandlung.
Der ITW e. V. Chemnitz plant aufgrund der erreichten Ergebnisse des Projektes die FuE-Arbeiten zur Schaffung von Fertigungsmitteln und -vorrichtungen der RMS-Verarbeitung zu intensivieren. Besondere Schwerpunkte sollen hierbei die Wirkmittel und Verfahren zur Zündung der RMS-Reaktion bilden. Weiterhin ist vorgesehen, die für den Betrieb der Zündelektroden notwendig Steuerungstechnik soweit zu qualifizieren, dass sie mit gängigen Industriesteuerungssystemen gekoppelt werden kann. Damit soll die Marktakzeptanz durch verfügbares Technologiezubehör deutlich gesteigert werden. Das Institut strebt an, durch seine erarbeiteten Erfahrungen im Rahmen von Kooperationen mit gewerblichen Partnern marktfähige, unter RMS-Einsatz erzeugte, Produkte und Verfahren zu entwickeln.