Ziel der Entwicklung
Die Wirtschaftlichkeit von Zerspanungsprozessen wird entscheidend durch die eingesetzten Werkzeuge bestimmt. Zerspanungswerkzeuge beeinflussen maßgeblich die Produktionskosten von Konstruktionsbauteilen. Neben der stetigen Steigerung der Wirtschaftlichkeit steht zunehmend auch das prozesssichere Erreichen höherer Fertigungsqualitäten im Fokus. Hier werden zunehmend Forderungen der Industrie nach Rauheitswerten von Ra < 0,1 µm bis in den Bereich der Erzeugung von Glanzeffekten der Oberflächen gestellt. Dabei wird aus ökonomischen wie ökologischen Gründen eine Bearbeitung durch Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide erwartet. Derartige Aufgabenstellungen können mit Standardwerkzeugen nicht realisiert werden. Die hierfür erforderlichen Werkzeuge müssen insbesondere über eine Schneidengeometrie bzw. Schneidenqualität verfügen, welche weit über den Standardbereich hinausgeht. Gefordert sind hier sehr scharfe Schneiden (z.B. R < 3µm) mit einer sehr geringen Schartigkeit (z.B. Ra<0,01µm). Die Technologie klassischer Werkzeuge basiert auf der Herstellung eines Grundwerkzeugs (Platte oder monolithisch) aus Hartmetall sowie einer nachfolgenden Beschichtung, meist mit nitridischen oder carbidischen Hartstoffen. Diese können durch spanende Präparationsverfahren (Strahlen, Bürsten, Tauchgleitläppen u.a.) vor und nach der Beschichtung ergänzt werden. Hier ist es möglich, mit Schleifen und einem nachfolgenden Präparationsverfahren Schneiden mit Schneidkantenverrundungen von ca. 3-5 µm und einer Schartigkeit von ca. Ra 0,1µm herzustellen. Erfolgt jedoch eine Beschichtung der Werkzeuge, erhöhen sich diese Werte deutlich, was dazu führt, dass die geforderten Oberflächenqualitäten nicht mehr erreicht werden können. Aufgrund der beschriebenen Probleme werden daher im Bereich hoher Oberflächengüten unbeschichtete Werkzeuge aus Hartmetall oder Cermet eingesetzt. Da hier die Potenziale der Beschichtungen nicht genutzt werden können, hat dies natürlich eine deutliche Reduzierung der Bearbeitungsparameter und/oder der Standzeiten zur Folge. Eine besondere Nische stellen in diesem Zusammenhang die PKD- bzw. CVD-Diamantwerkzeuge dar. Diese können aufgrund der Härte des Schneidstoffs Diamant nicht wirtschaftlich durch Schleifen oder Erodieren hergestellt werden. Aus diesem Grund hat sich hier in den letzten Jahren die Bearbeitung mittels Laserabtragen etabliert. Mit Hilfe dieses Verfahrens können Schneidkantenverrundungen und Schneidkantenschartigkeiten erzeugt werden, welche deutlich unter denen des Schleifens liegen. Aber auch hier liegt die Einschränkung im Bereich einer möglichen Beschichtung. Werkzeuge auf der Basis von Hartmetallgrundkörpern und einer Diamantbeschichtung weisen vergleichbare Probleme auf, wie die oben beschriebenen klassischen Lösungen.
Hier setzte nun dieses Forschungsvorhaben an. Ziel des Projekts war die Entwicklung einer Technologie, welche es ermöglicht, die allseits bekannten Vorteile der Kombination eines zähen Substrats und einer verschleißfesten Beschichtung auch für die Erzeugung von Oberflächen mit sehr geringen Rauheiten (an Bauteilen) zu nutzen. Dabei soll das Verfahren für alle Typen von Beschichtungen (Nitride, Carbide, Oxide, Diamant) nutzbar sein. Die Realisierung soll durch ein vollständig neues Verfahren, das Laserschärfen nach der Beschichtung, erfolgen. Dabei soll unter dem Laserschärfen ein partielles Abtragen einer Beschichtung verstanden werden, welches eine Schneidenverrungung von kleiner 3µm und eine Schneidenschartigkeit von kleiner Ra 0,01 generiert. Hierfür sind am Markt keinerlei Lösungen bekannt. Es wurde jedoch bereits nachgewiesen, dass die Laserbearbeitung an Werkzeugen aus PKD, ohne negative Auswirkungen in Form von Beschädigungen oder auf die Schnitteigenschaften und dass die Herstellung von hochwertigen Werkzeugen mit komplexen Geometrien mittels Laserabtragen möglich ist. Hierbei konnten positive Effekte wie eine Verringerung von Schnittkräften und das Erzielen besserer Oberflächen beobachtet werden.
Es wurde eine Einteilung in 3 Schichtgruppen (CVD-Schichten, PVD-Schichten, Diamantschichten) vorgenommen, für die jeweils eine Basistechnologie entwickelt werden sollte. Die Bearbeitung erfolgte an nachfolgenden Schichten, als Vertreter jeweils einer dieser Schichtgruppen.
- CVD Schicht (TiN, TiCN, Al2O3)
- PVD Schicht AlTiN
- Diamantschicht
Für alle Technologiepakete galt, stets eine Lösung anzustreben, welche bei maximaler Produktivität die Schädigung der Randzone des Schneidstoffs vermeidet bzw. in nicht relevanten Größenordnungen belässt.
Vorteile und Lösungen
Für die Durchführung des Projekts wurden im ersten Schritt Wendeschneidplatten aus Hartmetall vom Typ CCMW 120408 ausgewählt. Die Wendeschneidplatten wurden mit den folgenden Schichtsystemen beschichtet (Schichtdicke in Klammern):
- CVD-Schicht: TiN-TiCN(MT)-a-Al2O3-TiN (17 µm)
- PVD-Schicht: AlTiN ML (7 µm)
- Diamantschicht: CCDia® MultiSpeed (16 µm)
Für die Entwicklung der Bearbeitungstechnologie zum Schärfen mittels Laser war es unbedingt notwendig, die genaue Schichtdicke zu kennen, da das Ziel darin bestand, möglichst nur im Schichtsystem und nicht im Grundsubstrat zu arbeiten. Bei den umfangreichen Untersuchungen zur Laserbearbeitung der einzelnen Schichten wurde der Einfluss der Laserparameter auf das Bearbeitungsergebnis und letztendlich die Schärfe der Schneidkannte untersucht. Bei diesen Untersuchungen stellte sich heraus, dass sich die Laserparameter aufgrund der sehr geringen Materialabtragung an den Schichtsystemen nur sehr wenig unterscheiden. Des Weiteren zeigte sich, dass die bei Projektantragstellung geplante Technologieunterteilung in Schruppen und Schlichten keine reproduzierbaren Ergebnisse lieferte, da der Energieeintrag im Schruppprozess zu groß war und das Schichtsystem komplett vom Laser durchtrennt wurde und es zu Schädigungen des Grundsubstrates kam. Es kamen im Wesentlichen zwei Einflussfaktoren zum Tragen, welche die Bearbeitung nicht trivial machen. Sowohl bei der Herstellung der Wendeschneidplatten als auch der Schichten kommt es aufgrund der Herstellungsprozesse zu Abweichungen zur Sollvorgabe, welche sich in den Toleranzen wiederspiegeln. Aufgrund dieser Toleranzen und des geringen Arbeitsbereiches (5µm – 15µm) ist der Prozess des Laserschärfens schwer kontrollierbar. Dadurch kann es durchaus zu Abweichungen des Schneidkantenradius von bis zu 8 µm kommen. Gerade bei den vergleichsweise dünnen PVD-Schichten haben diese Randbedingungen einen großen Einfluss auf das Bearbeitungsergebnis. Dies stellte hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Bearbeitung und der Lasermaschine. Die dadurch vorhandenen hohen technischen Anforderungen konnten im Laufe des Projektes bewältigt werden. Durch die Variation von Konturoffsets konnte die angestrebte Zielstellung, das Schärfen der Werkzeuge mittels Laser, erreicht werden. Die Ergebnisse der messtechnischen Auswertung der ungeschärften und geschärften Werkzeuge zeigen eine Verringerung des Schneidkantenradius um bis zu 60%.
Die lasergeschärften Werkzeuge wurden im Anschluss bei Zerspanungsuntersuchungen durch Drehen von 42CrMo4 (1300 N/mm² Zugfestigkeit) getestet. Die Schnittgeschwindigkeit der Wendeschneidplatten für die Zerspanung von 42CrMo4 liegt üblicherweise im Bereich von vc = 100-300 m/min. Um die Zerspanprozesse mit geschärften und ungeschärften Wendeschneidplatten vergleichen zu können wurden die Zerspanparameter vc = 250 m/min; ap = 1,2 mm und f = 0,1 mm festgelegt.
Bei der Auswertung der Prozesskräfte konnten für alle Schichtsysteme, ob geschärft oder ungeschärft, keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Als weiteres wichtiges Kriterium für die Bewertung der Werkzeuge wurden die erzeugten Oberflächen an den Bauteilen untersucht. Für die CVD-Schicht konnte bei den Rauheitswerten am Werkstück kein Unterschied zwischen dem geschärften und ungeschärften Werkzeug festgestellt werden. Bei der Auswertung der Bauteiloberflächen, welche mit der PVD- und Diamantschicht bearbeitet wurden konnten deutliche Verbesserungen festgestellt werden. Mit der geschärften PVD-Schicht wurden Oberflächen mit bis zu 34% geringeren Rauheiten erreicht, mit der Diamantschicht bis zu 30% geringere Rauheiten.
Im letzten Arbeitspaket des Projektes bestand die Aufgabe darin, die bis dahin erreichten Projektergebnisse an Wendeschneidplatten auf ein monolithisches Werkzeug zu übertragen. Für diese Untersuchungen wurde ein gerade genuteter Vollhartmetallfräser mit einem Durchmesser von
D = 12 mm und 4 Schneiden ausgewählt. Für die Beschichtung wurde die PVD-Schicht ausgewählt. Beim Schärfen der Werkzeuge mittels Laser konnten hier nur geringe Verkleinerungen den Schneidkantenradius erreicht werden. Im ungeschärften Zustand lagen die Schneidkantenradien im Bereich von 13 µm, im geschärften Zustand im Bereich von 10 µm. Dies lag insbesondere an der geringen Schichtdicke von 5 µm, jedoch konnte die prinzipielle Machbarkeit des Laserschärfens an monolithischen Werkzeugen nachgewiesen werden. Die Ergebnisse aus den Zerspanungsuntersuchungen mit den Vollhartmetallfräsern werden als neutral eingeschätzt, da es aufgrund der sehr geringen Unterschiede bei den Schneidkantenradien auch an den Bauteilen nur sehr geringe Unterschiede gab. Sowohl bei den Prozesskräften als auch bei den erzeugten Bauteiloberflächen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Dieses Forschungsprojekt spricht sowohl Anwender als auch Hersteller von Präzisionswerkzeugen zur spanenden Bearbeitung an und erschließt somit direkt als auch indirekt den Markt der Zerspanung mit Präzisionswerkzeugen. Es lag die generelle Zielstellung zugrunde, dem nationalen und internationalen Markt hoch innovative und damit sowohl national als auch international vermarktungsfähige Produkte sowie Technologien zu deren effizienten Herstellung zur Verfügung zu stellen. Basierend auf den zunehmend geringeren Materialaufmaßen und der stetig steigenden Anforderungen an die Qualität der Werkstückoberflächen nimmt zwangsläufig auch die Bedeutung der Werkzeuge zu, welche diese Qualitäten erzeugen können. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung auch in den nächsten Jahren weiter fortsetzen wird. Zielgruppe für die wirtschaftliche Verwertung der Ergebnisse sind daher sowohl Anwenderindustrie als auch werkzeugherstellende Unternehmen.