Ziel der Entwicklung
Ziel dieses Forschungsvorhabens war die Ausrüstung polymerer Oberflächen und Fasern mit gentechnisch hergestellten humanen antimikrobiellen Peptiden (AMPs). Antimikrobielle Peptide stellen eine vielversprechende Alternative für herkömmliche Antibiotika dar, da sie dem angeborenen Immunsystem von Wirbellosen und Wirbeltieren entstammen und gegen eine Vielzahl von Bakterien, Pilzen, Viren und Einzeller wirken. Im Rahmen dieses Projektes gelang es, die Gen-Sequenz des humanen, antimikrobiellen Peptids LL 37 aus der Lungenkrebs-Zelllinie A549 zu gewinnen, in die DNA der Hefe Pichia pastoris zu integrieren und schließlich mit Hilfe von SDS-PAGE, Immunoblot und ELISA nachzuweisen. Nach Optimierung der Expressionsbedingungen erfolgte die Reinigung und Konzentration der Syntheseprodukte durch Affinitätschromatographie. Die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentration (MHK) der rekombinanten Produkte ergab eine deutlich stärkere antibakterielle Wirksamkeit gegenüber dem Bakterium Staphylococcus aureus DSM 799 im Vergleich zu einem synthetisch hergestellten Peptid. Darüber hinaus konnten keine zytotoxischen Eigenschaften der gentechnischen AMPs gegenüber der Mausfibroblasten-Zelllinie L-929 festgestellt werden. Erste Versuche zur Immobilisierung der Proteine auf polymeren Oberflächen erzielten vielversprechende Resultate. So gelang es, die AMPs unter Verwendung eines Carbodiimid-Crosslinkers mit den Hydroxylgruppen einer Cellulose-Folie zu vernetzen. Diese biofunktionalisierten Folien zeigten eine schwache antibakterielle Wirksamkeit gegenüber S. aureus DSM 799. Darüber hinaus konnten mit Hilfe von Untersuchungen zur thermischen und chemischen Stabilität der rekombinanten Produkte erste Voraussetzungen für die Verarbeitung der Proteine im Lyocell-Verfahren geschaffen werden.
Vorteile und Lösungen
Bisherige Ansätze zur Wirksamkeitsuntersuchung und zum Screening von antibakteriellen Peptiden basieren auf synthetisch hergestellten Peptiden, welche in Ihrer Anschaffung bisher sehr teuer sind. Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens ist es jedoch gelungen, AMPs mit Hilfe gentechnischer Methoden kostengünstig im Labormaßstab herzustellen. Diese Vorarbeiten können nun von Biotechnologiefirmen genutzt werden, um die Produktionsmenge in relativ kurzer Zeit in den industriellen Maßstab zu überführen. Außerdem liefern die, in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse zur sequenzabhängigen Wirksamkeit der Peptide, als auch der Vergleich zu synthetischen Peptiden, wichtige Informationen für die Pharmaindustrie. So könnte künftig die biotechnologische Produktion der Peptide, nach Identifikation der wirksamsten Aminosäuresequenz, durch Industriepartner realisiert werden, die als Zulieferer oder auch selbst als Pharmaproduzent tätig sind. Denkbar wäre ein Einsatz dieser antibakteriell wirksamen Proteine als Alternative zu herkömmlichen Antibiotika. Ebenso wie die Pharmaindustrie ist auch die Medizintechnikbranche ein sehr Forschungs- und Technologie intensiver Wirtschaftszweig, der zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit auf eine hohe Innovationskraft und eine rasche Umsetzung neuer Technologien angewiesen ist. Dabei hält der Trend unvermindert an, Medizinprodukte aus Kunststoffen zu fertigen, da sie einerseits kostengünstig, andererseits in hohen Stückzahlen fabriziert werden können. Daher sollen, ausgehend von den im Projekt gesammelten Erfahrungen zur Immobilisierung von AMPs künftig auch andere funktionale Proteine auf Polymermatrices aufgebracht werden können. Dabei liegt der Fokus speziell auf Proteinen, die bereits in Auswahlverfahren und präklinischen Tests als Wirkstoffe positiv abschnitten. In Form von Forschungskooperationen zu mittelständischen medizintechnischen Unternehmen bestände dann die Möglichkeit bereits etablierte Medizinprodukte zu innovativen und funktionellen Erzeugnissen zu modifizieren und dabei durch Verwendung nativer Wirkstoffe die Biokompatibilität nicht zu beeinträchtigen. Weiterhin kann das im Projekt erworbene molekularbiologische Wissen genutzt werden, um auf Kundenwunsch unbekannte Mikroorganismen zu identifizieren (mittels PCR oder ELISA), sowie Proteine über das Chromatographie-System zu reinigen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Forschungsergebnisse werden auf Tagungen und Messen präsentiert, sowie an Industriepartner aus den Bereichen Pharmazie und Medizintechnik übertragen, sodass sich Einkünfte aus Forschungsaufträgen, Materialverkäufen und Prüfdienstleistungen ergeben. Weiterhin wird an der Optimierung und an der Hochskalierung des Verfahrens gearbeitet, um eine Produktion im technischen Maßstab zu ermöglichen. Überdies bieten die erworbene Geräteinfrastruktur als auch die etablierten Methoden auf dem Gebiet der Gentechnik neue Perspektiven für das TITK e.V. zur Synthese von Biomolekülen. Diese Biopolymere können als neue Werkstoffe, als Verbundmaterialien in bereits bestehenden Systemen oder als Additive für Materialfunktionalisierungen eingesetzt werden. Die Synthesen von nur gering bioverfügbaren oder schwer zugänglichen Biomolekülen sollen Grundlagen solcher Forschungen sein.