Ziel der Entwicklung
Dank seiner Umweltverträglichkeit (Ozonabbaupotenzial (ODP) = 0) und einem vernachlässigbaren direkten Treibhauseffekt (GWP = 1) stellt Kohlendioxid (CO2) ein umweltfreundliches und zugleich natürliches Kältemittel dar. In den vergangenen 10 Jahren hat das Interesse an CO2-Kälteanlagen stetig zugenommen. Dieser Trend wurde nicht zuletzt durch die BMU Klimaschutzinitiative gefördert, die die Markteinführung natürlicher Kältemittel unterstützt. Im Hinblick auf die kontinuierlich steigenden Energiekosten spielt zudem der Energieverbrauch einer Kälteanlage eine zunehmend bedeutendere Rolle. Das Kältemittel sollte idealerweise exzellente thermodynamische und physikalische Eigenschaften sowie eine hohe chemische Stabilität aufweisen, umweltfreundlich und weltweit in ausreichender Menge verfügbar sein. Kohlendioxid erfüllt diese Anforderungen, jedoch ist vor allem die Umgebungstemperatur ein entscheidendes Kriterium, wie viel Energie sich durch den Einsatz von CO2 als Kältemittel einsparen lässt. Dies resultiert aus der Tatsache, dass Kohlendioxid oberhalb einer Temperatur von 31,0 °C (p > 73,8 bar) in einen überkritischen Zustand übergeht (scCO2), wobei aufgrund der Dichteangleichung zwischen flüssiger und gasförmiger Phase nicht weiter zwischen beiden Aggregatzuständen unterschieden werden kann. Im überkritischen Modus sind CO2-Kälteanlagen grundsätzlich weniger effizient als Kälteanlagen mit synthetischen Kältemitteln. Dennoch sind CO2-Kälteanlagen über das gesamte Jahr betrachtet häufig Energie-effizienter, da eine Vielzahl an Systemen, vor allem in gemäßigten Breiten, den größten Teil des Jahres im unterkritischen Bereich (T < 31,0 °C) betrieben werden. Vorbehalte gegenüber Kohlendioxid als Kältemittel resultieren vor allem aus den höheren Betriebsdrücken, die jedoch Dank technisch verbesserter Komponenten beherrschbar sind. Potenzielle Gefahren gehen vielmehr von dem überkritischen Kohlendioxid aus, da sich dessen Eigenschaften grundlegend von denen gasförmigen Kohlendioxids unterscheiden können. Überkritische Zustände treten sowohl beim Betrieb der Anlage, als auch im Anlagenruhezustand bei Umgebungstemperaturen oberhalb von 31,0 °C auf. Die dabei auftretenden Wechselwirkungen des Kältemittels mit den Komponenten von kältetechnischen Kreisläufen können zu frühzeitigen Alterungserscheinungen von Materialien und damit zum Ausfall der Anlagen führen. Die Schädigungsmechanismen sowie die wechselseitigen Beeinflussungen von Kältemittel, Schmierstoffen sowie Konstruktions- und Dichtwerkstoffen in hochbeanspruchten CO2-Thermoprozessanlagen sind noch weitgehend unerforscht und stellen ein Hemmnis bei der Einführung dieser neuen umweltfreundlichen Kälteanwendungen dar. Es stellt sich insbesondere die Frage in wie weit die bisher verfügbaren Elastomere, Kunststoffe und Kupferlackdrähte für entsprechende Anwendungen (Ventildichtungen, Hochdruckschläuche, Isolierlacke) dauerhaft geeignet sind.
Ziel des Forschungsvorhabens war daher die Entwicklung von Untersuchungsmethoden zur Bewertung der Einsatzmöglichkeiten und -grenzen innovativer Werkstoffe in überkritischem Kohlendioxid, die zur Entwicklung sowie zur Gewährleistung der Funktionalität und Sicherheit umweltfreundlicher CO2-Kälteanlagen dringend benötigt werden. Erstmalig sollten dabei in der Kältetechnik genutzte Elastomere, Lacke und Kunststoffmaterialien geprüft werden, die beispielsweise in Form von Isolierungen oder Dichtungen in sehr großen Stückzahlen gefertigt und eingesetzt werden. Im Fokus der Arbeit stand die Analyse komplexer, wechselseitiger Einflüsse von thermischer Belastung, überkritischem CO2 als Kältemittel sowie Kältemaschinenölen. In Form von Einzelbeanspruchungen (scCO2) sowie als kombinierte Belastungen (scCO2/öl-Gemische) sollte dabei die Wirkung von Temperatur, Druck und Medien auf die oben genannten Materialien grundlegend phänomenologisch untersucht und bewertet werden. Im Ergebnis sollten technische Einsatzgrenzen der Materialien für kältetechnische Anwendungen mit überkritischem CO2 aufgezeigt und Empfehlungen für mögliche Veränderungen der Materialien in ihren Formulierungen gegeben werden. Abschließend sollte das Lösevermögen überkritischen Kohlendioxids gegenüber Molsieb-gebundenem Wasser untersucht werden. Entsprechende Trockneruntersuchungen sollten an einem überkritisch betriebenen CO2-Testkältekreislauf durchgeführt werden.
Vorteile und Lösungen
Die innerhalb des Forschungsvorhabens entwickelten Untersuchungsmethoden werden zur Entwicklung sowie zur Gewährleistung der Funktionalität und Sicherheit umweltfreundlicher Kälteanlagen mit CO2 als Kältemittel dringend benötigt. In intensiver Zusammenarbeit mit Komponenten- und Systemherstellern gilt es funktional geeignete Werkstoffe zu identifizieren, die beispielsweise in ihren Dichtfunktionen den erhöhten Qualitätsansprüchen von CO2-Kälteanlagen gerecht werden. Die vom ILK erworbenen Erkenntnisse aus dem Vorhaben eröffnen große Potenziale für Innovationen und energetisch optimierte Anlagen in den folgenden
Bereichen und Anwendungen:
- Herstellung von Ventilen, Trocknern, Sensoren und Kompressoren für den Einsatz in CO2 Kälteanlagen
- Hersteller von mobilen und stationären CO2-Kälteanlagen
- Zulieferindustrie bezüglich der Elastomer- und Kunststoffbauteile sowie Isolierlacke
- Service- und Wartungsunternehmen von Kälteanlagen
Durch das erheblich erweiterte Basiswissen sowie die neu entwickelten, wissenschaftlich abgesicherten Untersuchungsmethoden zur Bewertung der Einsatzmöglichkeiten und -grenzen innovativer Werkstoffe in scCO2-Anlagen kann das ILK insbesondere die zahlreichen kleinen und mittelständischen Betriebe sowie Handwerksunternehmen der Luft- und Kältetechnikbranche bei der vom Markt geforderten Entwicklung ökoeffizienter Systeme und Komponenten besser unterstützen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die wirtschaftlichen Effekte werden sich bei derzeitiger Einschätzung mit dem zunehmenden Einsatz von CO2-Kälteanlagen kontinuierlich entfalten, was einhergeht mit einem verstärkten Qualitätsbewusstsein für entsprechende Anlagen. Gemeinsam mit den Fertigungsunternehmen und Vertriebspartnern bzw. Anwendern werden notwendige umfangreiche Qualifizierungstests für die Erschließung spezieller Applikationen nach Abschluss des Vorhabens durchgeführt. Mit dem Wissen um die Veränderungen bzw. Beständigkeit von Materialien für scCO2 ist eine wissenschaftlich fundierte Beratung von Entwicklern und Anwendern möglich, was sowohl für das ILK selbst als auch die Erkenntnisnutzer erhebliches wirtschaftliches Potenzial erschließt.