Ziel der Entwicklung
Additive Fertigungsverfahren für silikatische Werkstoffe befinden sich aktuell noch in der Erforschung oder in der industriellen Einführungsphase und benötigen umfangreiche Anlagentechnik bzw. Verfahrensschritte. Dabei entstehen in der Regel Glasobjekte oder Glas-Preformen ohne oder mit eingeschränkter optischer Transparenz.
Im Projekt war eine teilautomatisierte Systemtechnik für das selektive Laserschmelzen (PBF-LB) von Quarzglas-Pulver zu entwickeln. Dabei waren Verfahrensparameter und Prozessstrategien zu erarbeiten, um optisch transparente, kompakte Glasbauteile aus dem Pulverbett zu generieren. Aufgrund der guten Absorption der Wellenlänge von 10,6 Mikrometer im Glas wurde ein CO₂-Laser für das lagenweise Schmelzen als auch für die anschließende Konturnachbearbeitung ausgewählt.
Die Entwicklungsziele gliederten sich wie folgt:
1. Entwicklung und Auslegung der Prozesstechnik für den Schmelzprozess
2. Entwicklung der Konturnachbearbeitung durch Änderung der Laserstrahl-Fokussierung für die Prozessschritte Schmelzen und Konturieren
3. Untersuchung der werkstoffabhängigen Laser- und Prozessparameter und geometrischen Möglichkeiten
4. Werkstofftechnische Charakterisierung der Glaspulver und Bauteilqualität sowie Bewertung des Gesamtprozesses
Vorteile und Lösungen
Im Ergebnis der Entwicklungen wurde eine funktionsfähige Strahlschmelzanlage mit den verfahrenstypischen Anlagenkomponenten für Glaspulver aufgebaut, die eine Glas-konforme und kontaminationsfreie Glasköperherstellung ermöglichen:
Einheit Pulverhandling: Trichter zur Pulveraufnahme, Beschichter mit Faserbürsten, Bauplattform mit Glaseinlagen, induktiver Heizung zum Spannungsabbau gebauter Glaskörper, Kunststoffbehälter für Restpulver
Lasereinheit: CO₂-Laserstrahlquelle, Teleskopoptik zur Laserstrahl-Fokussierung (Schmelzen im cw-Betrieb und Konturieren im Pulsbetrieb), Laserscanner zur Strahlablenkung
STEUERUNGSEINHEIT: Elektrik, Pneumatik, Mechanik, Temperaturmesstechnik, Programmablaufplan zur automatisierten Prozesssteuerung für den Zyklusbetrieb des PBF-LB-Prozesses von Glaspulver.
Weiterhin wurden optimale Prozessparameter für ein optisch transparentes Aufschmelzen der Pulverpartikel aus SiO₂ ermittelt, verschiedene Musterkörper aufgebaut und Prozessparametergrenzen bestimmt.
Insbesondere besteht die Innovation des Verfahrens des laserbasierten Pulverbettschmelzens zur Herstellung von transparenten Quarzglasbauteilen in der Nutzung eines defokussierten Laserstrahls zum schichtweisen Aufschmelzen des Glaspulvers und einem fokussierten Laserstrahl für die Konturbearbeitung während des Prozesses. Der fokussierte, gepulste Laserstrahl hat eine höhere Pulsspitzenleistung und anhaftende Partikel im Randbereich des geschmolzenen Bauteils werden entfernt. Nach dem Entfernen des Partikelrandes weisen die hergestellten Proben eine relativ geringe Rauheit, hohe Transparenz und übliche Dichtewerte von Quarzglas auf.
Am Projektende stehen für Maschinenkonzepte und die Auslegung der optischen Strahlengänge generelle Konstruktions- und Handlungsempfehlungen zur Verfügung.
Zielgruppe und Zielmarkt
Das Potenzial für die Herstellung von transparenten Glasbauteilen aus dem Pulverbett heraus konnte im Projekt aufgezeigt werden. Die entwickelte Technologie stellt für die Glasindustrie eine Ergänzung zu bestehenden Fertigungsabläufen dar und bietet eine Chance, neue Produkte und Technologien zu erschließen. Insbesondere ist das Verfahren für die Herstellung von Prototypen und Leichtbaustrukturen aus Glas interessant.
Das Projekt ist der Sparte Spezialglas und technische Gläser zuzuordnen, die Komponenten und Anlagen für die Elektroindustrie (z. B. Chip-, Wafer, Halbleiterfertigung), Feinmechanik und Optik, Anlagenbau, Nachrichten-, Chemie- und Umwelttechnik (Glasapparatebau) fertigt und liefert. Aktuell spielt der Werkstoff Glas bei vielen Hightech-Anwendungen eine wesentliche Rolle und entwickelt sich zunehmend zum Trendwerkstoff als nachhaltiger Wachstumstreiber zur Ablösung von Kunststoffen.
Die technologischen Formgebungsprozesse zur Herstellung von Glasprodukten erfordern je nach Glassorte hohe Temperaturen und gehören damit zu den energieintensiven Industrien in Deutschland und Europa. Der Laser als Werkzeug trägt bereits heute in vielen Produktionsprozessen zur Effizienzsteigerung sowie Ressourcenschonung bei. Mit den vorliegenden Projektergebnissen kann vornehmlich durch die Nutzung optischer Technologien ein neuer Weg zu weiteren Energieeinsparungen in der Glasindustrie und Erhöhung der Qualität von Glasprototypen aufgezeigt werden. Automatisierungslösungen sind auch bis heute für das im Projekt untersuchte PBF-LB-Verfahren nach Angaben der Industrie nicht vorhanden.