Ziel der Entwicklung
Ziel des vorliegenden Projektes war es, den Einfluss der chemischen Zusammensetzung von Polyurethanschäumen auf die Migration von Weichmachern aus PVC-Bahnenmaterialien zu untersuchen und Schlussfolgerungen für eine gezielte Auswahl von Materialkombinationen – PVC-Kunstleder und PUR-Schaum – abzuleiten. Außerdem sollten der Einfluss der als Schichtträger verwendeten Gewebe/Gewirke sowie der Einfluss des zur Herstellung der Materialverbunde verwendeten Kaschierverfahrens auf die Weichmachermigration bestimmt werden. Mit den Ergebnissen sollten Verbundhersteller in die Lage versetzt werden, Materialien zur Weiterverarbeitung von PVC-Folien beziehungsweise -Beschichtungen auszuwählen, die keine beziehungsweise eine nur sehr geringe Affinität zu den in den Kunststoffbahnen enthaltenen Weichmachern haben. Es wurde erwartet, dass die Ergebnisse Aufschluss für in letzter Zeit vermehrt aufgetretene Reklamationen auf Grund von Materialverhärtungen von schaumkaschierten Kunstledererzeugnissen beispielsweise für Autoinnenausstattungen geben können. Materialversagen infolge hoher Weichmachermigrationen soll durch gezielte Auswahl der Komponenten der Materialverbunde verhindert werden.
Aus allen PVC-Materialien migriert wesentlich weniger Weichmacher in PUR-Polyesterschäume als in PUR-Polyetherschäume. Sollen PVC-PUR-Schaum-Materialverbunde mit geringer Weichmacherwanderung hergestellt werden, müssen PUR-Polyesterschäume zur Verbundherstellung eingesetzt werden. Mit PUR-Polyesterschaum flammkaschierte PVC-Kunstleder zeigen auch im nachfolgenden Kontakt mit PUR-Polyetherschaum geringere Weichmacherverluste als mit PUR-Polyether flammkaschierte Materialien. Die niedrigsten Migrationswerte werden nach Flammkaschierung mit PUR-Polyester und nachfolgendem Kontakt mit PUR-Polyester erzielt.
Auf Grund der Unterschiede in der Migrationsneigung der untersuchten Weichmacher, sollte auch eine gezielte Weichmacherauswahl erfolgen. Sehr geringe Migrationswerte wurden mit dem Weichmacher TOTM erzielt. Dieser Weichmacher wird aus verarbeitungstechnischen Gründen nur in Abmischungen eingesetzt. Eine gezielt verwendete Abmischung von TOTM mit DINCH (70/30) führte zu einer qualitativ hochwertigen Beschichtung mit sehr geringer Weichmachermigration.
Bei Verwendung des Alternativ-Weichmachers Soft-N-Safe in der Beschichtung konnte die Weichmachermigration auch in PUR-Polyetherschaum entscheidend verringert werden, wenn ein Schichtträger mit Baumwollanteil verwendet wird. Die Migrationswerte waren mit denen in PUR-Polyesterschäume vergleichbar.
Vorteile und Lösungen
Von den in Deutschland pro Jahr hergestellten 100 Millionen Quadratmetern Kunstleder basieren etwa 70 Prozent auf Weich-PVC. Geht man davon aus, dass 30 - 50 Prozent davon schaumkaschiert oder in Verbindung mit Schäumen weiterverarbeitet werden, sind das 25 - 35 Millionen Quadratmeter. Für die Hersteller solcher Materialverbunde ist durch die vorliegenden Ergebnisse mehr Sicherheit für eine langzeitstabile Anwendung geschaffen worden. Außerdem zeigen die Ergebnisse des vorliegenden Projektes Möglichkeiten für migrationsarme Verbundmaterialien, wenn phthalatfreie oder sogar Alternativweichmacher im PVC enthalten sind.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Palette der Produkte aus Weich-PVC ist außerordentlich vielfältig (Tischbeläge, elastische Bodenbeläge und Badteppiche, Planenmaterialien, Vinyltapeten, Kunstleder, verschiedene Artikel für Kleinkinder oder medizinische Spezialprodukte). Das mit Abstand größte Anwendungsgebiet in Kilogramm sind PVC-Bodenbeläge. Die Flexibilität in der PVC-Pastenherstellung erlaubt, Modetrends in Design und Gestaltung schnell umzusetzen und technische Funktionalitäten weiterzuentwickeln. Extrafeine Pastentypen werden für die Herstellung immer anspruchsvollerer Tapeten verwendet.
Die Kunstlederproduktion für Innenraumanwendungen in Europa ist aufgrund von zunehmenden Importen von Kunstlederbahnen zwar etwas rückläufig, aber als Konsequenz versuchen die europäischen Produzenten den Markt mit höherwertigen Materialien zu bedienen. Eine Spezialität ist die Verwendung von Kunstleder im Kfz-Innenbereich. Diese Anwendung erlebt in den letzten Jahren eine Renaissance, da PVC-Materialien beim Vergleich von Kosten zu Performance Vorteile gegenüber Alternativwerkstoffen aufweisen. Die Weiterentwicklung von Thermo- und UV-Stabilisatoren zur Erhöhung der Lebensdauer von PVC-Kunstleder unterstützt diesen Prozess zusätzlich.