Ziel der Entwicklung

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Makroschliff einer Schweißung am Blech mit t=40mm

In der Industrie besteht der Bedarf, großvolumige Schweißnähte an metallischen Großstrukturen vollmechanisiert auszuführen. Dies erfordert bspw. das begrenzte Angebot zur Verfügung stehender qualifizierter Schweißer. Neben den Anforderungen hinsichtlich der Handfertigkeit von Schweißern ist auch die physische Belastung und Berücksichtigung von Erholungszeiten zu beachten. Das erhöht die Ausführungszeit und verringert die Arbeitsproduktivität. Die Mechanisierung von Prozessen erhöht die Arbeitsproduktivität und ist damit eine Rationalisierungsmaßnahme, die zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens führt.
Im Rahmen der Qualitätssicherung besteht der Bedarf, eine durchgehende Dokumentation/Aufzeichnung als auch Einhaltung und Reproduzierbarkeit aller wesentlichen Einflussgrößen bzw. Prozessparameter sicherzustellen. Dies wird erst durch vollmechanisierte Lösungen infolge der Notwendigkeit und Auswertbarkeit elektrischer Soll- und Ist-Wertgeber erreicht.
Da die vollmechanisierte Ausführung von Schweißnähten an Großstrukturen als Lösung der zuvor dargestellten Anforderungen gesehen wird, ergibt sich bei den auftretenden Nahtquerschnittsgeometrien durch den Einsatz von Mechanisierungseinrichtungen zunächst ein wirtschaftlicher Vorteil, der jedoch auch entscheidende Einschränkungen aufgrund der aktuell angewandten Füllstrategien zum Mehrlagenschweißen mittels Längsraupen bedingt. Ein sehr häufiges Abfahren der Nahtfuge beim Schweißen jeder einzelnen Raupe ist sowohl technologisch betreffend der Brennerpositionierung und -führung als auch wirtschaftlich aufgrund der durch die Brennerführungskinematik zurückzulegenden Wegstrecke und damit verbundenen mechanischen Beanspruchung kritisch.
Es bedarf vorzugsweise einer Technologie, bei der die Schweißfuge nur ein einziges Mal entlanggefahren werden muss und Toleranzen der Bauteile infolge unvollkommener Methoden zur Nahtvorbereitung direkt ausgeglichen werden.
Weiterhin werden Verbindungstechnologien bevorzugt, die eine konkave Wölbung der Nahtoberfläche ermöglichen. Durch diese Art der Naht-Ausformung ist es beispielsweise bei einem T-Stoß möglich, den Kraftlinienverlauf zu verbessern, sodass die resultierende Verringerung der Kerbspannungen im Stoßbereich der Bauteile zu einer höheren Lebens- bzw. Einsatzdauer der Bauteile bei schwingender Beanspruchung führt.
KMU benötigen Schweißtechnologien, die einfach anwendbar, ohne hochqualifiziertes Personal einsetzbar sind, aber auch die Ausführung zunehmend anspruchsvollerer Schweißkonstruktionen ermöglichen und damit umsatz- als auch margensteigernd wirken.

Vorteile und Lösungen

Großvolumige Nähte werden klassischerweise mittels Zugraupen längs verschweißt. Durch die langen Nahtabschnitte ist es jedoch oft notwendig wiederholt vorzuwärmen, um die jeweils nächste Schweißnaht sicher einzubringen. Das Vorwärmen ist notwendig, um das Temperaturgefälle zwischen Schweißnaht und Grundwerkstoff geringer zu gestalten. Wird dieses Temperaturgefälle zu groß, kommt es zu Aufhärtungen in den Randzonen der Schweißnaht und nicht selten zu Rissen. Um diesen Selbstabschreckeffekt zu umgehen, können durch die mechanisierten Schweißungen auch andere Schweißmuster angewendet werden. Im Projekt wurden verschiedenen Schweißmuster in PA und PF Position getestet und wissenschaftlich miteinander verglichen. Dazu wurden Temperaturmessungen durchgeführt, Makroschliffe entnommen, sowie weitere zerstörende Prüfungen angewandt.
Neben der Untersuchung verschiedener Schweißmuster wurde im Projekt auch die Verwendung von kostengünstigeren Kinematiken untersucht. Dazu wurden die Versuche zunächst auf einem gängigen Industrieroboter der Fa. KUKA durchgeführt und später auf einen Kleinroboter der Fa. Universal Robots übertragen. Weiterhin wurden Möglichkeiten der kontaktlosen Nahtvermessung durch optische Sensoren und Auswertung durch OpenSource Software betrachtet. Im Rahmen einer studentischen Arbeit konnten durch die Kombination einer handelsübliche Action-Kamera mit verschiedenen OpenSource Softwareprodukten dreidimensionale Nahtvermessungen durchgeführt werden. Auf Basis der sogenannten Fotogrammetrie wurden viele verschiedene Blickwinkel zu einem dreidimensionalen Körper verschmolzen. Dieser Körper konnte weiterhin genutzt werden, um die Schweißmuster zu programmieren. Diese Methoden sind in der Industrie seit längerem Stand der Technik, jedoch stellt die Kombination aus Freeware und Action-Kamera eine sehr günstige Alternative dar. Der Kompromiss liegt in der geringeren Genauigkeit im Vergleich zu industrieller Technik, welche jedoch teilweise durch den Lichtbogenschweißprozess abgefedert werden konnte.

Zielgruppe und Zielmarkt

Als Zielgruppe sind alle metallverarbeitenden Betriebe zu nennen, die sich mit großen Wandstärken und dementsprechend großen Nahtquerschnitten befassen. Die Ergebnisse der Untersuchungen weisen auf hohes ungenutztes Potential hin, jedoch sind gewisse Anpassungen entlang des kompletten Fertigungsablaufes notwendig.
Der Wissenstransfer erfolgt durch Veröffentlichungen der SLV Halle GmbH in einschlägigen Fachmedien und Zeitschriften, sowie durch Publikationen auf verschiedenen Hauseigenen und externen Veranstaltungen, Kongressen und Arbeitsgruppentreffen.
Die wirtschaftlichen Effekte werden sich für die SLV Halle in kleinem Maße halten. Die SLV Halle ist kein Fertigungsbetrieb und kann lediglich das gesammelte Wissen unterstützend bereitstellen. Dementsprechend werden sich die wirtschaftlichen Effekte auf Beratungsdienstleistungen oder auch im Bereich der Bau-& Fertigungsüberwachung von schweißtechnischen Betrieben beschränken.
Im Rahmen des Projektes gab es bereits ein Anwendungsbeispiel, jedoch nicht im klassischen Stahlbau. Es wurde eine Instandsetzung einer Kopfschiene durch formgebendes Auftragschweißen durchgeführt. Der Schienenkopf wurde im Bereich der Schädigung großzügig ausgearbeitet, die dadurch entstehende Bereich gleicht einer großvolumigen Nahtfuge, jedoch ohne seitliche Badsicherungen. Durch die Erkenntnisse des Projektes und die Anwendung der untersuchten Schweißmuster gelang es, den ausgearbeiteten Bereich der Schiene ohne wiederholtes Vorwärmen aufzufüllen. Die beiläufigen werkstofftechnischen Untersuchungen ergaben, dass auch der Selbstabschreckeffekt und somit unzulässige Härtespitzen durch die voreilende Schweißwäre minimiert werden konnte.