Ziel der Entwicklung
Ziel des Vorhabens war es, einen antibakteriell wirksamen Katheter zu entwickeln, der die Probleme: der unzureichenden antibakteriellen Wirksamkeit, der unspezifischen antibakteriellen Wirksamkeit, der zu geringen und diskontinuierlichen Freisetzungsraten des antibakteriellen Wirkstoffs, der eingeschränkten Biokompatibilität bei der Anlage und Tragedauer von Kathetern verringert oder gar löst. Eine der häufigsten Komplikationen von Kathetern sind Infektionen, sogenannte nosokomiale Infektionen. Diese machen insgesamt einen erheblichen Teil der Krankheitslast durch Infektionen in Industrieländern aus. Die Tendenz der nosokomialen Infektionen ist steigend, was im häufigeren Einsatz invasiver diagnostischer und therapeutischer Verfahren, dem Anstieg des Durchschnittsalters der Bevölkerung, der Zunahme der Multimorbidität und der Behandlung von Patienten mit beeinträchtigter Immunabwehr begründet ist. Zusätzlich schränkt die Ausbildung von Antibiotikaresistenzen die Behandlungsoptionen ein. Ein wesentlicher Teil der nosokomialen Infektionen kann laut dem Robert-Koch-Institut vermieden werden. Daher werden regelmäßig Präventions- und Hygienemaßnahmen vorgeschlagen. Blutstrominfektionen, bedingt durch Gefäßkatheter assoziierte Infektionen gehören zu den sechs häufigsten nosokomialen Infektionen. In Deutschland liegt die Infektionsrate laut den im Bericht eingeschlossenen Studien bei 1,3 bis 2,1 Infektionen pro 1.000 Tagen, an denen Patienten zentralvenöse Katheter (ZVK) tragen. Dies entspricht für 2010 bis zu 10.000 Fällen oder rund zehn Prozent aller Infektionen auf Intensivstationen. Neben der individuellen Belastung für die Patienten gehen auch allgemeine Kosten zu Lasten des Gesundheitssystems durch Diagnostik, zusätzliche Therapien und verlängerte Krankenhausaufenthalte einher. In einer amerikanischen Studie wurde ein durchschnittlicher Wert für diese Kosten von zirka 27.000 US-Dollar je Patient ermittelt . Die häufigsten Erreger von Katheter assoziierten Infektionen sind Koagulase negative Staphylokokken, Saureus und Enterokokken. Gefäßkatheter werden standardmäßig aufgrund der transkutanen Anwendung sterilisiert, steril verpackt und gelagert, so dass es nicht zu einer Kontamination des Produktes kommen kann. Allerdings kommt es immer wieder zu Infektionen, die durch Kontamination bei Anlage durch unzureichend desinfizierte Haut oder zu große Lochabdeckung, durch Kontamination der Katheterspitze, der Oberfläche oder Konekktoren durch Hände des Behandlers, kontaminierte Medikamente oder Infusionslösungen, Kontamination mit Sekreten des Patienten oder bei unzureichendem Verbandwechsel, Vermehrung residenter Bakterien an Eintrittsstelle nach Nachlassen einer Antiseptik, Kontamination der Luer-Lock-Verdingungen mit Flüssigkeiten (Wasser, Schweiß), Kontamination des inneren Katheters durch Streuung von einem anderen Infektionsort über Blut oder Schleimhäute entstehen. Dass sich allerdings aus einer Kontamination eine Infektion entwickelt, hängt wiederum von der Kolonisierung der Erreger und der Biofilmbildung ab. So bilden fast alle relevanten Erreger Biofilme auf den eingesetzten Materialien aus. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) können solche Katheter assoziierten Infektionen durch präventive Maßnahmen bei der Anlage und Pflege vermieden werden. Dazu gehören die Händehygiene, Schulungen, maximale Barrieremaßnahmen (sterile Kleidung/Hautbedeckung des Behandlers, Lochtuch), Simulatortraining, Ultraschallgestützte Anlage von Gefäßkathetern, bestmöglicher Anlageort, Erhöhung des Verbandswechselintervalls, ausreichende Antiseptik der Katheterinsertionsstelle und weitere, darunter antiseptisch oder antibiotisch imprägnierte Katheter. Der Problematik der Katheter assoziierten Infektionen gilt es weiter entgegenzutreten und neue, verbesserte Katheter zu entwickeln, die eine auch im Anwendungsfall signifikante antibakterielle Wirksamkeit aufweisen, so dass die Infektionsraten und somit auch bestenfalls die Mortalitätsraten gesenkt werden können. Daher ist es Aufgabe des vorliegenden Projektvorschlags, einen neuen, innovativen, antibakteriellen Katheter zu entwickeln, der diesen Anspruch erfüllt.
Vorteile und Lösungen
Die Zielstellung des Antrags, einen spezifisch antibakteriellen wirksamen Katheter durch eine Beschichtung mit Bakteriophagen und einem bioresorbierbarem Polymer wurde erfolgreich umgesetzt. Zur Generierung eines ausreichend und spezifisch antibakteriell wirkenden Katheters, der eine kontinuierliche Freisetzung des Wirkstoffes aufweist, wurden folgende Lösungsansätze verfolgt: 1. Der Katheter sollte mit Bakteriophagen ausgerüstet werden, die spezifische, antibakterielle Wirksamkeiten gegen Bakterien aufweisen. 2. Die Ausrüstung des Katheters sollte über eine Beschichtung erfolgen. Die Beschichtung sollte aus einem Polymer bestehen, das in gelöster Form auf den Katheter aufgebracht werden kann, um die thermosensiblen Biomoleküle nicht durch thermoplastische Verfahren zu denaturieren. Hierzu sollte ein geeigneter Dip-Coating-Beschichtungsprozess entwickelt werden. 3. Die kontinuierliche, gleichmäßige Freisetzung sollte über ein bioresorbierbares Beschichtungspolymer, wie zum Beispiel Polyhydroxalkanoate (PHA) gewährleistet werden, das gleichzeitig als Beschichtungsmittel dient. 4. Eine solche Funktionsbeschichtung sollte auf Kathetern aus Thermoplastischen Polyurethan (TPU) erprobt werden, deren Wirkung demonstriert und im Rahmen des Projektes eingehend untersucht werden. Im Antrag wurde bereits die Problematik der Einbringung von biologischen Wirkstoffen in lösungsmittelbasierte Polymerlösungen betrachtet und als Lösung die Mikroverkapselung der Bakteriophagen vorgeschlagen. Es konnten sowohl ein geeignetes Matrixpolymer als auch geeignete Verfahren für die Mikroverkapselung entwickelt werden. Daher wurden eigene Methoden zur Mikroverkapselung erprobt und erfolgreich umgesetzt. Gleichzeitig wurde im späteren Verlauf ein anderes Matrixpolymer ausgewählt, das eine verbesserte Freisetzung der Bakteriophagen unter physiologischen Bedingungen ermöglicht. Zudem wurde weiter eine Präparation von cryovermahlenen Bakteriophagen-dotiertem Matrixpolymer als Additiv für eine Beschichtung erfolgreich entwickelt. Die anvisierten bioresorbierbaren Polyhydroxyalkanoate zeigten leider keine Löslichkeiten in geeigneten Lösungsmitteln, so dass mit Polymerlösungen in Chloroform gearbeitet werden musste. Selbst in diesem Lösungsmittel wiesen die getesteten PHAs nur sehr geringe Löslichkeiten auf, was für die direkte Verwendung für eine Beschichtung ungünstig ist. Daher musste eine Beschichtungsrezeptur entwickelt werden, die einen Schichtbildner und zusätzlich einen Emulgator enthält, so dass eine Beschichtung mittels Dip-Coating-Verfahren überhaupt möglich war. Es konnte zwar, wie geplant, eine entsprechende Katheterbeschichtung mit Bakteriophagen erzeugt werden, allerdings wiesen diese oftmals Inhomogenitäten und geringe Stabilität auf. Daher wurde abweichend vom Antrag ein weiteres Biopolymer als Beschichtungsmittel erprobt und mit PLA konnte ein sehr gut geeignetes Polymer für diese Anwendung identifiziert werden. Die antibakterielle Wirkung der beschichteten Katheter wurde wie geplant im Agardiffusionstest untersucht und nachgewiesen. Ebenso wurde die Biokompatibilität wie beantragt bestimmt und konnte ebenfalls weitestgehend für die erzeugten Katheterbeschichtungen bestätigt werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Ziel der Entwicklung ist der Medizintechnikmarkt, der in Deutschland eine klein- und mittelständisch geprägte Branche mit aktuell 1.310 Unternehmen ist, von denen 93 Prozent weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. In den vergangenen Jahren konnte ein stetes Wachstum der Branche verzeichnet werden, der Umsatz lag 2017 bei 29,9 Mrd. Euro. Der Bereich der Drug-Device-Kombinationsprodukte erreichte 2014 einen Umsatz von 22 Mrd. US-Dollar, was Produkte aller Art, also auch Gentherapie- und diagnostische Systeme einschließt . Es wird für 2019 ein Umsatz von 31 Mrd. US-Dollar erwartet. Dabei liegt der größte Anteil auf Medikament freisetzenden Stents, antimikrobiellen Kathetern und photodynamischen Therapien. Man sieht den Bereich mit einer hohen „technologischen Dynamik“, es gibt viele Patente in dem Bereich und auch wöchentlich Neuanmeldung. Hintergrund ist, dass die Hersteller großes klinisches Potential und damit erhebliche Gewinnpotentiale sehen. Für den Transfer der Ergebnisse des FuE-Projektes werden nach erfolgreichem Abschluss kleine und mittelständische Firmen der Medizintechnikbranche angesprochen, deren Produkte aus Kathetern bestehen. Das TITK verfügt bereits über zahlreiche Kontakte zu derartigen Firmen und ist auch in verschiedenen Netzwerken aktiv und auf Fachtagungen und Messen regelmäßig vertreten. Medizinproduktehersteller, die für eine Vermarktung der Ergebnisse in Frage kämen sind beispielsweise die Fa. Christoph Miethke GmbH (Hersteller v. Systemen zur Hydrocepahlustherapie, Potsdam), die Fa. tricumed (Medikamentenpumpenhersteller, Kiel). Die Herstellung der Katheter könnten die Firmen mitunter direkt selbst realisieren oder es muss ein entsprechender Zulieferer gefunden werden. Hier hat jeder Endprodukthersteller, der Zuliefern lässt, meist bereits verlässliche und entsprechend zertifizierte Partner. Mögliche Zulieferer für Katheter wären beispielsweise die Fa. ALPOmed (Auerbach) oder Ecomedis GmbH (Münster). Der Transfer soll durch Veröffentlichungen und Präsentationen auf Fachtagungen und Messen erfolgen. Bei erfolgreichem Abschluss des Projektes und anschließender Patentierung würde das TITK entsprechende Patentlizenzen zur Vermarktung vergeben. Bis zur Markteinführung sind dann bei den Medizinproduktherstellern gegebenenfalls noch weitere Entwicklungsarbeiten nötig, bei denen das TITK im Rahmen weiterer Projekte oder Forschungsaufträge unterstützen kann. Das TITK e.V. kann mit den Ergebnissen des FuE-Projektes weitere Forschungsaufträge von Industriepartnern für die Entwicklung von antibakteriellen und auch anders funktionalisierten Kathetern gewinnen. Zudem können für eine patentierte Entwicklung eines antibakteriellen Katheters und Verfahren zu deren Herstellung Lizenzgebühren eingenommen werden.