Ziel der Entwicklung
Bisherige Verfahren zur Abnahme von Umformpressen sind nicht zufriedenstellend gelöst. Das gilt zum einen für die Messung der an den Pressenaufspannplatten überlagerten Verformungen und Versatze (z.B. Kippungen). Zum anderen sind bisher keine Methoden der dynamischen Lastkrafteinleitung bekannt, welche eine prozessnahe Simulation der Presskraftverläufe und Presskraftverteilungen im Arbeitsraum erlauben. Die Überwachung der in der Pressenabnahme aufgenommenen Messdaten bietet außerdem Potential für die Zustandsüberwachung der Maschinen. Die hierfür in der Vergangenheit entwickelten Methoden sind vor dem Hintergrund der neuen digitalen Möglichkeiten in der Modellbildung und Datenauswertung neu zu bewerten und in einen modellbasierten Ansatz zu implementieren.
Vorteile und Lösungen
Die Lasteinleitung basiert auf einem Gasdruckfedersystem. Die Konfiguration des Belastungssystems (Vorspanndrücke, Einbauhöhen, Positionen der Lastmodule, Hublängen der Gasdruckfedern) wird über ein Modell vorgenommen. Für eine anwendungsspezifische Auslegung des erzeugten Lastkraft-Hub- sowie des Lastkraft-Außermittigkeits-Verlaufes kommen Optimierungsfunktionen zum Einsatz. Die messtechnische Erfassung der lastspezifischen Verlagerungen und Verformungen der Aufspannplatten wird über ein neuartiges Messverfahren und dazugehöriges Messsystem realisiert. Dieses basiert auf der Messung lokaler Neigungen an mehreren Messpositionen an den Pressenaufspannplatten. Die Zustandsüberwachung basiert auf der Auswertung der ermittelten Verlagerungen des Pressenstößels unter Last. Hierfür kommt ein flexibles Mehrkörpermodell zum Einsatz, durch welches das veränderte Verlagerungs- und Schwingungsverhalten des Pressenstößels baugruppenspezifischen Fehlerzuständen zugeordnet werden kann.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die entwickelten Methoden können von allen Parteien des blechumformenden Gewerbes gewinnbringend angewendet werden. Bei der Pressenabnahme beim Pressenhersteller kann mit dem entwickelten Messverfahren ein dreidimensionales Abbild der Umformpresse für eine spezifische Belastungssituation erfasst werden. Außerdem kann die klassische Abnahme bei statischer Lasteinleitung um die Erfassung der Arbeitsgenauigkeit bei prozessspezifischen Lasten im Dauerhub erweitert werden. Die experimentellen Ergebnisse können einer weiteren konstruktiven Optimierung der Maschinen zu Gute kommen sowie für die Modellkalibrierung digitaler Maschinenzwillinge Anwendung finden. Die Anwendung der Methoden ist bei hoher Genauigkeit mit vergleichsweise geringem Zeit- und Investitionsaufwand verbunden. Pressenbetreiber können die Erkenntnisse über das lastspezifische Verhalten ihrer Produktionsmaschinen für eine gezieltere und damit schnellere Werkzeuginbetriebnahme nutzen und durch eine Kommunikation mit dem Werkzeugbauer für eine optimierte Werkzeugauslegung verwenden. Die entwickelten Methoden der Zustandsüberwachung sind zum Projektende erst in einem Anfangsstadium. Diese werden durch bereits geplante weitere F&E-Tätigkeiten weiterentwickelt und sollen in der Entwicklungsstufe eine Zustandsüberwachung aller im Kraftfluss liegender Baugruppen ermöglichen. Dabei soll auf zusätzliche, nicht funktionsrelevante Sensoren weitestgehend verzichtet werden.
Der Transfer in die Anwenderunternehmen erfolgt zum einen durch die konsequente Veröffentlichung aller Ergebnisse in Fachzeitschriften sowie wissenschaftlichen Journals – siehe Artikel in Umformtechnik – Massiv + Leichtbau aus 2023, Peer-Review-Paper in MDPI – Machines aus 2024 sowie mehrere gehaltene Fachvorträge. Weitere Veröffentlichungen dieser und ähnlicher Art sind geplant. Des Weiteren transferiert der ICM e.V. die Ergebnisse an die Firmen des projektbegleitenden Ausschusses, bei welchen bereits im Projekt mehrere Pressenabnahmen anhand der entwickelten Methoden durchgeführt wurden. Weitere Direktaufträge zur Pressenvermessung von projektunabhängigen Anwenderunternehmen sind bereits in Bearbeitung. Speziell zur Vorstellung des entwickelten und zum Patent angemeldeten Messsystem sind weitere Transfer-Aktivitäten in Planung, z.B. Messeauftritte auf der EuroBLECH 2024 und der BlechEXPO 2025.
Der ICM e.V. geht von weiteren Direktaufträgen für Vermessungsdienstleitungen bei Pressenherstellern, Pressenbetreibern, Werkzeugherstellern sowie Forschungsinstituten und Universitäten (siehe laufende Vermessungsdienstleistung zur Presskraftkalibrierung an einer sächsischen Universität) aus. Für eine umfassende statische und dynamische Pressenabnahme (siehe laufender Direktauftrag für einen Hersteller von mechanischen Schnellläuferpressen) werden mit Vor- und Nachbereitung sowie sonstigen Kosten zirka 10.000 Euro veranschlagt. Es wird von bis zu 10 Beauftragungen pro Jahr ausgegangen. Die geplante Vermarktung des entwickelten Messsystems ist beginnend für 2025 geplant. Der Verkaufspreis für ein vollausgestattetes Messsystem (mit Anwendersoftware und Anwenderschulung) wird mit zirka 40.000 Euro veranschlagt. Es wird von einem gestaffelten Absatz von 5, 10, 15 Systemen in den ersten drei Jahren nach Vermarktungsstart gerechnet.