Ziel der Entwicklung

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Demonstratoren explosionsfester textiler Behälter

In den Forschungsprojekten FLY-BAG1 und FLY-BAG2 (2009-2015) wurden die Prototypen verschiedener explosionsfester Transportbehälter für den Einsatz im Flugzeug (Frachtraum und Passagierkabine) entwickelt und positiv hinsichtlich ihrer Explosionsfestigkeit getestet. Die Herstellung der Prototypen erfolgte mit einem hohen manuellen Aufwand. Konzepte für eine industrielle Fertigung konnten im Rahmen dieser Projekte nicht untersucht werden. Aufbauend auf diesen Ergebnissen und bestehenden Anforderungen nach einer größeren Stückzahl des explosionsfesten Behälters in der Kabinenversion lag das Forschungsziel des Projektes KONTEX darin, die konfektionstechnischen Möglichkeiten einer industriellen Fertigung für diese Version des explosionsfesten Behälters zu untersuchen und verschiedene Demonstratoren herzustellen.
Als Ziele wurden der Materialaufbau des explosionsfesten Transportbehälters und Konzepte für eine serientaugliche Konfektionierung von textilen flächenförmigen Mehrlagenkonstruktionen zur Herstellung industrierelevanter explosionsfester Transportbehälter aus beschichteten und für den Explosionsschutz ausgelegten Geweben definiert. Dabei sollten grundlegende logistische Anforderungen unter Einhaltung technischer Richtlinien und Regeln berücksichtigt werden. Herausforderungen bei der Erarbeitung von Technologievorschlägen für die Herstellung der Transportbehälter waren die Konfektionierung glatter Materialien mit einer geringen Schiebefestigkeit, die Verarbeitung mehrerer Materiallagen der Hochleistungsmaterialien (Dicke), die Konfektionierung räumlicher Gebilde und das Handling zum Teil schwerer und großvolumiger Materialverbunde. Betrachtete Kennwerte im Nähprozess waren Nähmaschinenparameter, Nahtparameter und Materialparameter des Nähfadens und des Nähgutes. Ihr komplexes Zusammenwirken bestimmt die Nahteigenschaften und damit die Gebrauchstüchtigkeit des späteren Endproduktes wesentlich.

Vorteile und Lösungen

Aufbauend auf den Vorarbeiten und deren Ergebnissen sowie bestehenden Kundenanforderungen nach einer größeren Stückzahl des explosionsfesten Behälters als Kabinenversion lag der Lösungsansatz darin, die konfektionstechnischen Möglichkeiten einer industriellen Fertigung zu untersuchen und einen detaillierten technologischen Ablauf zu entwickeln und zu dokumentieren. Für die konstruktive Vorbereitung eines serientauglichen Konfektionierungsprozesses des Transport-behälters in der Kabinenversion sind nachfolgende Aspekte von Bedeutung:
1. Einfluss der geometrischen Abmessungen und Dimensionen der Zuschnittteile des Transportbehälters auf eine funktionsgerechte Handhabung im serientauglichen Konfektionierungsprozess (große Flächen, hohe Flächenmasse),
2. Fadenlauforientierung aus Belastungsgründen, wobei Garne vorrangig Zugkräfte aufnehmen können,
3. Entwicklung von nahtreduzierten Konstruktionen für eine Konfektionierung dreidimensionaler Hüllen, dabei Berücksichtigung der Materialkennwerte Schersteifigkeit, Biegesteifigkeit, Zugkraft-Dehnungs-Verhalten mit dem Ziel einer möglichst nahtarmen Produktkonstruktion durch intelligente Form- und Faltenlegung,
4. Möglichkeiten der Aufteilung in eine serielle Baugruppenfertigung mit/oder gleichzeitiger Einarbeitung geeigneter Verschlusssysteme als Voraussetzung für das Handling im fortschreitenden Montageprozess,
5. Berücksichtigung von geometrischen Abmessungen für das spätere Handling im gesamten Konfektionierungsprozess und im Gebrauch,
6. Anordnung und Gestaltung von Nähten zur Dehnungsbegrenzung in den Belastungsrichtungen des Transportbehälters,
7. Berücksichtigung von funktionsgerechten Nahtzugaben unter Beachtung von speziellen verarbeitungstechnischen Einflussgrößen der Gewebe und anderer Flächen aus hochfesten textilen Fasern und/oder beschichteten Materialien,
8. Evaluierung der verfügbaren oder auch neu zu entwickelnden zusätzlichen Nahtverstärkungen, angepasst an die zu konfektionierenden Flächen.
Im Rahmen des Projektes konnte als Ergebnis neben einer detaillierten Zusammenstellung aller verwendeten Materialkomponenten und technischen Ausrüstungen für die Fertigung der Transportbehälter eine umfangreiche Dokumentation der technologischen Abläufe und Parameter der Konfektionierung erarbeitet werden, um die Reproduzierbarkeit des Fertigungsprozesses zu gewährleisten und eine Transferierbarkeit der Ergebnisse auch für andere Versionen der Transportbehälter zu ermöglichen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Potenzielle Nutzer der Projektergebnisse sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen im Wirtschaftszweig der Textil- und Bekleidungsindustrie, wie Gewebehersteller, Beschichtungsfirmen, Textilveredler, Zulieferer von Zubehörmaterialien (Bänder, Gurte, Verschlusssysteme) sowie Konfektionäre, die mit den Transportbehältern innovative Produkte in den Bereichen Arbeitsschutz und passive Sicherheit hochfeste/explosionsfeste Transporttextilien anbieten können. Ihnen werden Technologieentwicklung und Konzepte für eine serientaugliche Konfektionierung von den Behältern bereitgestellt. Weitere Nutzungsmöglichkeiten der Konfektionskonzepte werden in den Bereichen Verpackungsindustrie und Transportsektor gesehen.
Durch die Einbeziehung von KMU in das Projekt sind potenzielle Produzenten der Zwischenprodukte und der Finalprodukte in die Entwicklungsarbeiten eingebunden, wodurch eine hohe Praxisnähe erreicht wird. Durch diese enge Zusammenarbeit sind ein direkter Technologietransfer und eine kurzfristige Umsetzung der Entwicklung in die Praxis gewährleistet. Die Vermarktung des entstehenden Produktes wird hauptsächlich über die Konfektionäre selbst erfolgen, die die Transportbehälter als Bestandteil des Produktportfolios entsprechend anbieten können, beispielsweise über Produktkataloge, firmeninterne Homepages oder auf Fachmessen. Seitens des STFI sind Ergebnisse der Forschungsarbeit in sachgebietsrelevanten Fachzeitschriften wie „Technische Textilien“ oder auf der in institutseigenen Homepage veröffentlicht worden. Die Erstellung von Informationsmaterial für Messen und Tagungen mit wichtigen Ergebnissen des Projektes wird zur gezielten Ansprache potenziell interessierter Fertigungsunternehmen beziehungsweise Endanwender für die gefertigten Transportbehälter (z.B. Luft- und Raumfahrt, Transportbranche, für Post- oder Paketsäcke) verwendet werden.
Die Erkenntnisse zum Auslegen, Konfektionieren und Fügen von explosionsfesten mehrlagigen Textilverbunden gestatten den Produzenten des Textil- und Bekleidungsgewerbes unter Einsatz ihrer Kernkompetenzen neue anwendungsorientierte Entwicklungen zur Erweiterung und Vertiefung ihrer Geschäftsfelder und Zielmärkte. Insbesondere für die KMU der Konfektionsindustrie ergeben sich Optionen der Modifikation ihres Produktportfolios und der Erschließung neuer Kundenfelder. Im Vergleich zu großen Wettbewerbern bieten sich für KMU Vorteile in der Nischenbesetzung und in Angeboten spezieller Sicherheitstextilien, die sich durch eine hohe Wertschöpfung auszeichnen und zur Generierung des wirtschaftlichen Wachstums beitragen.
Potenzielle Anwendungen für die innovativen Produkte werden sowohl im nationalen als auch im internationalen Maßstab zunächst im Bereich passive Sicherheit (zum Beispiel Gefahrguttransport, Post- oder Paketsäcke bei potenzieller Explosionsgefahr, Sicherheitsbehälter für Sprengstofftransporte) gesehen, wo hohe Sicherheitsstandards eingehalten werden müssen. Die Erweiterung der Geschäftsfelder für die KMU auf neue explosionsfeste Textilverbunde trägt auch zur internationalen Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Niedriglohnländern und dem europäischen Ausland bei. Durch Verknüpfung von Forschungspotenzialen mit den Möglichkeiten der produzierenden Wirtschaft werden zunächst Arbeitsplätze erhalten und können perspektivisch gesehen neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden.