Ziel der Entwicklung
Das Forschungsvorhaben hat zum Ziel, den Brauereien nicht gentechnisch veränderte oder selektiv optimierte Hefestämme zur Verfügung zu stellen. Diese ermöglichen wirtschaftlich effizientere Gärverfahren, wie auch Reifungs- und Klärungsverfahren, oder sind durch neue und interessante Geschmacksrichtungen charakterisiert. Zum Abschluss des Forschungsprojektes soll ein Verfahren etabliert sein, welches die Prüfung der Homo- sowie Heterogenität von Brauhefen stammspezifisch ermöglicht. Durch die Technologie mit der induzierten Mutagenese soll erreicht werden, dass unterschiedliche fermentations-beinflussende Eigenschaften verbessert werden. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Wettbewerbes insbesondere mit den global operierenden Unternehmen spielt die Wirtschaftlichkeit des Produktionsprozesses in allen Betrieben eine zentrale Rolle.
In diesem Zusammenhang kommt den in der Fermentation eingesetzten Hefen eine besondere Bedeutung zu. Die bisher verfügbaren Hefestämme resultieren zwar in der Herstellung qualitativ einwandfreier und vom Verbraucher angenommener Produkte; aber eine Effizienzsteigerung insbesondere durch den Einsatz von High-Gravity-Verfahren ist auf dieser Basis kaum möglich.
Der besondere Fokus des Forschungsvorhabens liegt zunächst in der Feststellung der genetischen Variabilität und einem Screening ausgewählter obergäriger Hefestämme. Die Hefesammlung der VLB bietet mit mehr als 100 Hefe-Stämmen ein breites Spektrum an ober- und untergärigen Reinzuchthefen für den Einsatz in der Brauerei, Brennerei und Winzerei. Brauereien aller Größenordnungen nehmen dieses Angebot in Anspruch, da für sie eine eigene Stammhaltung und -pflege wirtschaftlich nicht vertretbar ist.
Vorteile und Lösungen
Bei erfolgreichem Projektverlauf wird die VLB Berlin umfassend charakterisierte und auf moderne Anforderungen hin ausgesuchte Hefen als reine Zelllinien in ihre Stammsammlung aufnehmen können. Diese neuen Hefestämme werden eine verbesserte Fermentationsleistung aufweisen, ohne das gewünschte beziehungsweise vorgegebene sensorische Profil zu verändern. Diese Technologie ermöglicht eine Optimierung in den Gärverfahren und so können zum Beispiel Energie- oder Verfahrenskosten gesenkt werden. Parallel dazu wird es möglich sein, bestimmte ausgewählte sensorische Eigenschaften zu kombinieren, um neue Produkte herstellen zu können.
Ein Ansatzpunkt für die Bearbeitung des abgeschlossenen Forschungsprojektes bestand in der Annahme, dass viele Hefestämme zwar als Reinzuchthefen definiert werden, jedoch nach der Selektion einzelner Hefezellen aus den Stämmen Unterschiede hinsichtlich gärungsrelevanter Parameter bei den generierten „Töchterstämmen“ messbar waren. Dieses zeigt sich bei der Versuchsreihe mit einer Stammwürze von 12%mas. zum Beispiel sehr deutlich bei dem Stamm H11, denn hier wies der Tochterstamm 14 eine schnellere und weitergehende Extraktabnahme und eine intensivere Diacetylreduktion, bei einem adäquaten sensorischen Profil, im Vergleich zum Originalstamm auf. Unter High-Gravity-Bedingungen (18%mas Stammwürze) zeigte bei dem Stamm H2 der Tochterstamm 13 eine bessere Umwandlung der vergärbaren Kohlenhydrate. Bei allen anderen untersuchten Parametern gab es keine Abweichungen im Vergleich zum Originalstamm.
Ein weiterer Schwerpunkt des abgeschlossenen Forschungsprojektes bestand darin, Mutanten zu generieren und diese hinsichtlich der aufgeführten Parameter zu prüfen. Die Mutanten wurden mit 2 Originalstämmen (H8 und H10) verglichen. Dabei zeigten die Mutanten 9 und 10 einen schnelleren und weitergehenden Extraktabbau, eine geringe Bildung an Gesamtdiacetyl und eine intensivere Reduktion. Das sensorische Profil entsprach dem der Originalstämme.
Abschließend ist zu resümieren, dass es mit beiden angewendeten Verfahren und den untersuchten Hefestämmen möglich ist, die Fermentationszeit, bei gleichbleibender Produktqualität, zu verkürzen und damit den Produktionsprozess zu optimieren. Gleichzeitig ist anzumerken, dass die gewonnen Erkenntnisse sich lediglich auf die Versuche in den modifizierten EBC-Gärsäulen beziehen. In der betrieblichen Praxis gibt es hinsichtlich der Tankgeometrie unterschiedliche Fermentationsbehälter. Es ist deshalb sinnvoll, die generierten Ergebnisse in unterschiedlichen Gärtanks zu testen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Mit den oben genannten Vorteilen werden insbesondere kleine und mittelständische Betriebe in der Lage sein, ihre Marktposition zu erhalten und auszubauen. Auf Anforderung interessierter Brauereien werden diese Hefen in geeigneter Form zum Selbstkostenpreis abgegeben. In den Betrieben können solche Stämme dann vermehrt und in den Herstellungsprozess eingebracht werden. Dabei bleibt es den Brauereien freigestellt, den jeweiligen Stamm in einer eigenen Kultur zu bewahren oder regelmäßig auf die Stammsammlung der VLB zurückzugreifen. Zahlreiche Brauereien lagern sogar ihre eigenen Stämme in der Sammlung der VLB und fordern diese nach Bedarf als vorkultivierte Reinzucht an.