Ziel der Entwicklung
Hochwertige laserbasierte Partikelzähler für gasgetragene Teilchen gehören zum Stand der Technik und sind nach dem 90°-Streulichtverfahren im Bereich der Messzelle so ausgeführt, dass nahezu alle Partikel das sogenannte Messvolumen (also den fokussierten Laserstrahl) passieren und damit auch einzeln detektiert und gezählt werden. Wird die Konzentration zu hoch, kann es zu sogenannten Koinzidenz-Verlusten kommen (mehr als ein Partikel im Messvolumen -> fehlende Zählung -> Messfehler). Um Primärlicht bzw. Stör- oder Fehllicht vom Detektor fern zu halten, befindet sich häufig vor dem Detektor eine Linse bzw. ein Objektiv. Somit kann nahezu nur das Streulicht der Partikel den Detektor erreichen. Primär- bzw. Stör- oder Fehllicht vom Laser wird optisch abgeblockt. Im Falle von am Markt etablierten Partikelzählern sind es zwei Glas-Linsen mit einem Durchmesser von je 32 mm, die sich vor dem Detektor befinden.
Um wirklich alle Partikel durch das Messvolumen zu führen, darf dieses nicht zu groß ausgelegt werden. Diese führt wiederum dazu, dass der Volumenstrom durch den Partikelzähler begrenzt ist, da es zwangsläufig an einer Engstelle zu einem Druckabfall kommt (Gesetz von Hagen-Poiseuille), der von einer Pumpe überwunden werden muss. Von einem der LOI-Geber für dieses Projekt wurde berichtet, dass für die routinemäßige (Re-) Zertifizierung eines Reinraumes ein Team von mindestens zwei Servicetechniker einen ganzen Tag vor Ort im Einsatz ist. Der größte Zeitbedarf entsteht dabei durch die (je nach Reinraumklasse) sehr langen Integrationszeiten der Messung, die durch den limitierten Volumendurchfluss und Zählraten der etablierten Messgeräte verursacht werden. Somit bestand das Ziel des Vorhabens darin, eine neuartige optische Baugruppe für Laser-Partikel-Zähl- und Klassifikationssensoren zu entwickeln, welche die hohen regulatorischen Anforderungen der Reinraum-ISO-21501-4:2018-05 erfüllen, größeren Volumendurchsatz und gleichzeitig auch eine kompaktere Bauform erreichen.
Vorteile und Lösungen
Der Haupt-Lösungsansätze besteht darin, neuartige optische Winkelfilter vor den Detektoren des Partikelzählers zu positionieren. Von Kurz-, Lang-, oder Bandpassfiltern aus dielektrischen Schichtsystemen ist in der Optik bekannt, dass deren Transmissionsspektren über der Wellenlänge vom Einfallswinkel abhängen.
Mit diesem Hintergrund war der innovative Kerngedanke hier, für monochromatische Anwendungen (wie hier der Laser), optische Filter zu entwickeln, die für diese Wellenlänge ihre Transmission mit dem Einfallswinkel gezielt verändern und so nur Streulicht aus einem begrenzten Raumwinkelbereich passieren lassen. Über übliche Kataloge für Optik-Bauteile (z. B. https://www.semrock.com/) können solche Filter derzeit noch nicht beschafft werden, wurden aber innerhalb des Projektes entwickelt und hergestellt.
Durch den Einsatz dieser Winkelfilter direkt vor einer Detektorzeile kann das etablierte 90°-Streulichtverfahren in kompakter Form parallelisiert und trotzdem nur eine einzelne Laserquelle verwendet werden, was den angestrebten hohen Volumenstrom ermöglicht und simultan die Miniaturisierung der Messzelle ermöglicht. Im Einzelnen:
Vorwärts- und Rückstreuung an den Partikeln wird vom Winkelfilter geblockt, sodass immer – vom jeweiligen Partikel aus gesehen – „nur“ nahe Detektoren das Streulicht von Partikeln erreichen (im Wesentlichen die 90°-Streuung). Damit erfassen die Segmente der Detektorzeile nur das Streulicht der direkt darüber geleiteten Partikel und ein optisches Übersprechen zwischen den Kanälen wird minimiert bzw. ganz verhindert. Treten Signale zeitgleich auf benachbarten Kanälen auf, weil z.B. ein Partikel genau zwischen zwei Detektorsegmenten den Laserstrahl passiert, dann werden diese zeitgleichen Ereignisse summiert und einem einzelnen Partikel zugeordnet. Das Design wurde so angepasst, dass 90°-Streulicht mit einem Öffnungswinkel von ca. 75 Winkelvollgrad nur maximal einen benachbarten Detektor erreichen kann.
Der entscheidende Vorteil entsteht nun dadurch, dass der Volumenstrom des zu untersuchenden Luftstroms nicht mehr nur durch einen kleinen Laser-Spots, sondern entlang eines breiten Strahls erfolgen kann, wodurch insgesamt deutlich größere Volumendurchsätze möglich werden und die Messdauer zur Bestimmung der Partikeldichte und Größenverteilung deutlich reduziert werden kann.
Zusammenfassend kann angeführt werden: Die Vorteile gegenüber dem Stand der Technik bestehen unter anderem:
- in einem hohen möglichen Volumenstrom (größer 50 l/min), während simultan die Zählung der Partikel bis zu einer Partikelgröße von 0,3 µm möglich wird und dies mit nur einer Laserquelle
- in der effektiven, integrierten Parallelisierung des 90°-Streulichtverfahrens, was auch dazu führt, dass trotz des hohen möglichen Volumenstromes, die Durchflug-Geschwindigkeit der Partikel am jeweiligen Detektor moderat ist – dies hat Einfluss auf den notwendigen Frequenzgang der Elektronik und damit das Signal-Rausch-Verhältnis
- im Einsatz von einer Detektorzeile (Fotodiodenarray), also mehr als einem Detektor, und dadurch die Parallelisierte Zählung von Partikel-Streulicht-Ereignissen
- in einem von vornherein relativ hohem Miniaturisierungsgrad für den Sensor
- in der Anwendung von neuartigen Winkelfiltern und Laserfenstern
- in einem Aufbau ohne Linsen-Systeme bzw. ohne Objektiv vor dem Detektor
Die Projektergebnisse sind auch in einer veröffentlichten Patentschrift des CiS-Forschungsinstituts niedergeschrieben (DE102022113774A1).
Zielgruppe und Zielmarkt
Das Projekt NewParz zielte auf die Entwicklung eines Laser-Streulicht-Partikelzählgerätes, welche insbesondere die Anzahl und die Größe (0,3…10 µm) von Partikeln geringer Konzentrationen in Gasen bestimmen kann.
Solche Geräte kommen insbesondere (aber nicht nur) zur Kontrolle der Luftqualität in Reinräumen zum Einsatz. Neben den etablierten Reinraumanwendungen der Hochtechnologie, verschärften sich in den letzten 10 Jahren auch im Pharma- und Medizinbereich die regulatorischen Anforderungen an die Luftreinheit – zum einen zum Schutz der Mitarbeiter (z.B. vor Einatmen von Medikamentenstaub), zum anderen zur Vermeidung von Kontaminationen. Die Zahl der Reinräume steigt darum – laut Aussagen agierender Unternehmen der Reinraumqualifizierung – jährlich im unteren zweistellen Prozentbereich an. Im gleichen Zuge steigt auch der Bedarf an Messgeräten, die entweder punktuell (bei Inbetriebnahme oder Requalifizierung) oder kontinuierlich die Reinraumqualität anhand der gezählten Partikel überwachen können bzw. müssen, um die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen.
Im Rahmen der Transfer- und Vermarktungsarbeit liegt der Fokus zunächst auf Anwendungen in Reinräumen, wie sie im Apotheken- und Pharmabereich inzwischen gefordert werden. Zusammen mit Transferunternehmen muss dafür das im Projekt entwickelte Labormuster zu einem serientauglichen Produkt weiterentwickelt werden. Da es sich bei den potenziellen Transferunternehmen um KMUs handelt, wird dafür ein Kooperationsprojekt angestrebt.