Ziel der Entwicklung
Siliziumtechnologien ermöglichen kostengünstige und skalierbare Sensorlösungen – auch im Infraroten (IR) Lichtspektrum. Hier kann Silizium selbst aber nicht mehr als Lichtabsorber und Signalgeber eingesetzt werden, da es über weitere Spektralbereiche transparent ist. Stattdessen werden zusätzliche Beschichtungen aufgebracht und strukturiert, in denen das absorbierte Licht zu Temperaturänderungen führt, die entweder als elektrische Thermospannung oder als Widerstandsänderung als Maß für die eingebrachte Lichtintensität bewertet werden kann. Dieses auf lokalen Temperaturänderungen basierende Messprinzip ist störanfällig auf andere Wärmeeinflüsse. Wird z.B. ein handgehaltenes Temperaturmessgerät (Thermometer) in die warme Hand genommen, trägt dieser Wärmeeintrag zu einem Driften der Sensorsignale bei. Dieses Driften kann durch zusätzliche Temperatursensoren rechnerisch weitgehend kompensiert werden, wodurch jedoch die Komplexität, Bauform und erreichbare Genauigkeit negativ beeinträchtigt werden.
Motivation und Ziel für das Projekt NIVo war es darum, einen IR-Strahlungs-Sensor zu entwickeln, der weitgehend unabhängig gegenüber Nicht-Strahlungs-Wärmeeinträgen – also störenden Wärmequellen oder -senken im System oder dessen Umgebung ist.
Vorteile und Lösungen
Die übliche Bauform von IR-sensitiven Sensoren in der Siliziumtechnologie besteht aus einem Trägerrahmen aus dem Siliziumgrundmaterial und einer darin aufgespannten, meist nur einige Mikrometer dünnen Membran. Aufgrund der geringen thermischen Masse dieser Membran und der geringen Wärmeleitungsverluste bewirken schon kleine thermische Strahlungsleistungen deutliche Temperaturunterschiede zwischen der beleuchteten Membran und dem (kalten) Trägerrahmen.
Bei sogenannten Thermopile-Sensoren wird dieser Temperaturunterschied als messbare elektrische Thermospannung erfasst. Das Ausgangssignal ist dabei proportional zu den Temperaturunterschieden. Wird nun aber durch Wärmeeintrag aus der Umgebung der Rahmen erwärmt, verfälscht dessen Temperaturänderung das gemessene Ergebnis der erfassten Strahlung auf den Membrangebieten.
Unser Ansatz im Projekt NIVo war es, die kalten Enden der Thermosäulen nicht wie üblich auf dem Rahmen des Sensorbauelementes, sondern stattdessen ebenfalls auf der Membran zu platzieren. Um dennoch einen Temperaturunterschied unter Beleuchtung zu erreichen, sollten die kalte Zone der Membran durch eine spiegelnde Metallbeschichtung gegenüber eintreffender IR-Strahlung abgeschirmt werden. Durch geeignete Auslegung des Sensordesigns können Wärmeänderungen des Rahmens auch unter asymmetrischer thermischer Störung weitgehend unterdrückt werden.
Als weitere Innovation wurden die Membranen – anders als üblich – von der Vorderseite der Bauelemente erzeugt. Üblicherweise wird das Siliziumsubstrat lokal von der Chip-Rückseite her entfernt, wobei ein relativ breiter Chiprahmen prozesstechnisch nicht vermieden werden kann. Das Freistellen von der Chip-Vorderseite erlaubt es, bei gleichbleibender aktiver Fläche die Chipgröße zu reduzieren und somit die Ausbeute der Chips pro Wafer zu steigern – letztendlich Kostenvorteile zu erreichen. Zusätzlich ergeben sich daraus auch geringere Bruchrisiken der fragilen Membranstrukturen in nachfolgenden Bearbeitungsschritten und vereinfachte Montage- und Hausungsmöglichkeiten der Bauelemente.
Zielgruppe und Zielmarkt
Infrarotempfindliche Thermopile-Sensoren werden als Detektoren in kontaktlosen Temperaturmesssystem und in optischen Gassensoren eingesetzt. Solche Systeme kommen beispielsweise in der Medizintechnik, bei Prozessüberwachung und in der Umweltsensorik zum Einsatz. Im Vergleich zu infrarotempfindlichen Halbleiterdioden können Thermopiles einen deutlich breiteren Spektralbereich erfassen und erreichen – durch die etablierte Silizium-Technologie – günstigere Herstellungskosten.
Zur Zielgruppe der Projektarbeit zählen Sensormodul- und Systemhersteller, welche in diesen Marktfeldern agieren. Besonderes Interesse ist von Herstellern handgehaltener, mobiler Geräte zu erwarten, da diese häufig mit wechselnden thermischen Störquellen (z.B. warme Hand) konfrontiert sind. Durch die bereits auf Chipebene realisierte Kompensation solcher Störeinflüsse, kann auf andere Korrekturmaßnahmen verzichtet und somit die Komplexität des Systems reduziert und dessen Messgenauigkeit erhöht werden.
Das CiS Forschungsinstitut ist mit der durchgeführten Projektarbeit und den erreichten Ergebnissen in der Lage, kundenspezifische Thermopiles mit integrierter Temperaturkompensation zu entwickeln und in Kleinserie zu fertigen. Bei größeren Stückzahlen besteht die Transfermöglichkeit zu Industriepartnern und Halbleiter-Foundries.