Ziel der Entwicklung
Ziel des Vorhabens war die Schaffung einer Polymeroberfläche mit stark verringerter Bakterienadhäsion. Im Vordergrund steht dabei die Suche nach Möglichkeiten zur Modifizierung bzw. Beschichtung von potentiellen Materialien für medizinische Oberflächen, insbesondere Polymeroberflächen, um diesen in wässriger bzw. wasserhaltiger Umgebung bakterienabweisende Eigenschaften zu verleihen. Mit den Projektergebnissen sollten im Sinne einer Vorlaufforschung die Grundlagen für die zukünftige Verfahrensentwicklung zur Herstellung einer inneren Oberfläche von Gallengangsstents geschaffen werden, welche dazu geeignet ist, den Verschluss dieser Stents, die ihre Ursache in bakteriellen Prozessen hat, zu verhindern und die Nutzungsdauer der Stents entscheidend zu verlängern. Gallengangsstents werden bei fortgeschrittenem Pankreaskopfkarzinom bei der Palliativtherapie eingesetzt, um den Galleabfluss zu gewährleisten. Nach der Einlage haften sich Proteine an die innere Oberfläche des Stentmaterials, welche die Anhaftung von Bakterien und die Bildung eines Biofilms fördern. Aus der Akkumulation von Bakterien, Glykoproteinen, Calciumbilirubinat und Calciumfettsäuresalzen entsteht ein "Sludge", welches den Verschluss des Stents bewirkt. Weder der prophylaktische Einsatz von Antibiotika und anderen Medikamenten wie z.B. Ursofalk®, noch die Beschichtung der Stents mit Antibiotika oder Veränderungen des Stentdesigns bzw. der verwendeten Materialien konnten bisher die Durchgängigkeit von Gallengangsstents verbessern. Die Okklusionsrate der gegenwärtig verwendeten Plastikstents liegt bei zirka 20 bis 30 Prozent innerhalb von drei Monaten nach Einsetzen des Stents und steigt danach stetig an. Alternativ einsetzbare Metallstents kommen nur selten zum Einsatz, da sie wesentlich teurer sind und da sie sich nicht oder nur sehr schwer und komplikationsreich wieder explantieren lassen.
Es ist bekannt, dass sich auf Cholesteringallensteinen auch nach mehrfachen Gallenwegsentzündungen keine Biofilme entwickeln. Cholesteringallensteine waren in den letzten Jahren Gegenstand intensiver Forschung und wurden mittels molekulargenetischer Verfahren, PCR und Elektronenmikroskopie untersucht. Dabei waren lediglich Spuren von Bakterien zu detektieren. Zirka 80 Prozent der Cholesteringallensteine zeigten sich steril. Ein Projektziel bestand deshalb darin, die Verwendbarkeit von Cholesterin zur Herstellung von bakterienabweisenden Oberflächen zu testen.
Vorteile und Lösungen
Die Projektergebnisse zeigen erstmalig, dass die vollständige Bakterienantiadhäsion eine Materialeigenschaft des Cholesterins ist!
Die Projektergebnisse liefern einen Hinweis darauf, dass die Bakterienantiadhäsion von der extremen Hydrophilie des Cholesterins in seiner hydratisierten Form verursacht wird. Weiterhin wurde gefunden, dass die die Bakterienantiadhäsion dauerhaft wirksam ist, da Cholesterinhydrat trotz seiner Hydrophilie eine hohe Stabilität im dauerhaften Kontakt mit Wasser besitzt. Das ist eine Besonderheit, mit der sich Cholesterin vor anderen hydrophilen Materialien (wie Hydrogelen) hervorhebt.
Es wurde eine Methode zur Herstellung von Cholesterinschichten auf Polymeroberflächen entwickelt, mit der eine für die bakterienabweisenden Eigenschaften der Schicht vorteilhafte Oberflächengestalt auf der gesamten Ausdehnung der Oberfläche realisiert werden kann. Auf einer derartigen Cholesterinschicht, welche 14 Tage in einer Durchflusskammer einem Bakterienbesiedlungstest mit dem Testkeim E. coli ausgesetzt wurde, ist mittels Laser-Fluoreszenzmikroskop keine Bakterienbesiedlung auffindbar.
Zielgruppe und Zielmarkt
Mit den Projektergebnissen wurden die Grundlagen für eine Verfahrensentwicklung zur Ausrüstung von Gallenstents aus Polymer mit einer inneren Oberfläche geschaffen, welche potentiell dazu geeignet ist, den Verschluss dieser Stents, welche ihre Ursache in bakteriellen Prozessen hat, zu verhindern, die Nutzungsdauer der Stents zu verlängern und damit die Lebensqualität von Patienten im wesentlichen Maße zu verbessern. Das würden einem mittelständigen Unternehmen die Chance zur Entwicklung eines Produktes bieten, welches entscheidende Vorteile sowohl gegenüber herkömmlichen polymeren Gallengangsstent als auch gegenüber metallischen Stents geltend machen kann. über die ursprünglich angestrebte Anwendung für Gallengangsstents hinaus erscheint es auch sinnvoll, eine Anwendung der Projektergebnisse für Harnleiterstützen in Erwägung zu ziehen, da hier sehr ähnliche Probleme (durch Bakterienbesiedlung initiierter Verschluss) gelöst werden müssen.