Ziel der Entwicklung

Logo: Abbildung 1: Übersicht der entwickelten Fügenahtgestaltungen
Abbildung 1: Übersicht der entwickelten Fügenahtgestaltungen

Thermoplastische Kunststoffe werden in nahezu allen Industriezweigen eingesetzt. Beispielsweise steigt mit jeder Neuentwicklung im Bereich der Leichtbautechnologien oder der E-Mobilität der Bedarf an leistungsfähigeren Faserverbundkunststoffen und funktionsmodifizierten Typen, mit hohen Anforderungen bezüglich der Temperaturbeständigkeit sowie mechanischer und chemischer Kennwerte. Zudem weisen neu entwickelte Kunststoffformteile eine größer werdende Formteilkomplexität auf. Produktionsvorgänge, die sich auf reine Ur- und Umformvorgänge beschränken, sind aufgrund der steigenden Komplexität der Formteile nicht ausreichend. Daher haben sich Kunststofffügeverfahren als integraler Bestandteil der Wertschöpfungskette für Kunststoffformteile seit Jahrzehnten etabliert. Die beschriebenen werkstofflichen Entwicklungen führen dazu, dass den etablierten Kunststoff-Serienschweißverfahren immer mehr die technologischen Grenzen aufgezeigt werden.
Ziel dieses Projektes ist es, verschiedene Optimierungsstrategien für das IR-Schweißen von mit Ruß und Glasfasern gefüllten Polyamidwerkstoffen zu entwickeln. In einem ersten Schritt werden neue Fügenahtgestaltungen für den IR-Schweißprozess mit mittelwelligen Strahlern entwickelt. Standardmäßig wird der einfache Stumpfstoß für dieses Schweißverfahren konstruktiv umgesetzt. Diese Nahtgestaltung eignet sich sehr gut für ungefüllte Standardkunststoffe. Bei Polyamiden, die mit Ruß und Glasfasern gefüllt sind, sind hingegen nur geringe Festigkeitswerte mit dieser Fügenahtgestaltung erreichbar. Im Rahmen dieses Projektes werden alternative Fügenahtgestaltungen entwickelt, mit denen die Ausrichtung der Glasfasern im Spritzgießprozess (günstig für den IR-Schweißprozess) beeinflusst werden kann. Zudem wird die Schweißfläche im Verhältnis zur Querschnittsfläche der Wandung des Bauteils vergrößert. Insgesamt werden drei neue Fügenahtgestaltungen entwickelt, die für das mittelwellige IR-Schweißen geeignet sind. Durch ihre im Vergleich zur Stumpfnaht vergrößerte Oberfläche werden größere Schmelzeschichtdicken, Fügewege und schließlich höhere Festigkeiten erreicht. Darauf aufbauend wird der Prozess selbst in der Anwärmphase optimiert. Es werden neue Anwärmstrategien entwickelt, mit denen ausreichend große Schmelzeschichtdicken erreicht werden, ohne das Material thermisch zu schädigen.

Vorteile und Lösungen

Mit den Projektergebnissen werden Anwendern von Infrarotschweißprozessen und Formteilkonstrukteuren wichtige anwendungsgerechte Leitlinien gegeben, die sie in der Planungsphase von neuen Infrarotschweißprozessen berücksichtigen sollten, um höhere Produktqualitäten zu erreichen und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse zu erhöhen. Die Ergebnisse wurden durch folgende aufeinander aufbauende Arbeitsschritte erreicht.
In einem ersten Schritt erfolgten Anwärmversuche an Formteilen aus PA 6 GF 30 natur und mit 1 Gew. % Ruß mit stumpfer Nahtgestaltung. Ziel dieser Versuche war es, geeignete Parameterkombinationen des Stahlerabstandes und der Anwärmzeiten zu ermitteln, bei denen der Werkstoff nicht thermisch geschädigt wird. Diese Versuche wurde für die mit Ruß gefüllten Proben um zweistufige Anwärmversuche erweitert. Mit einem zweistufigen Anwärmprozess lassen sich mit Ruß gefüllte Polyamide schonender anwärmen und es lassen sich höhere Schmelzeschichtdicken erzielen, aus denen höhere Restschmelzeschichtdicken und höhere Festigkeiten resultieren. Aus diesen Versuchen konnten darüber hinaus Abkühlkurven ermittelt werden, mit denen Temperaturdifferenzen beim Anwärmen von Formteilen mit strukturierten Fügenahtoberflächen abgeschätzt werden können.
Diese Vorversuche waren die Basis für die Konstruktion neuer Fügenahtgestaltungen. Insgesamt wurden drei neue Fügenahtgestaltungen (Kamm, Trapez, Nut-Feder) für das IR-Schweißen mit mittelwelligen Strahlern entwickelt und spritzgießtechnisch hergestellt. Auf Basis der ermittelten Abkühlkurven wurde die Höhe der jeweiligen Strukturen auf 1 mm begrenzt, um die Werkstoffe noch ausreichend plastifizieren zu können. Mit den eingebrachten Strukturen wurde darüber hinaus die Ausrichtung der Glasfasern positiv für den Schweißprozess beeinflusst.
Es folgten Schweißversuche bei denen Proben mit Stumpfnaht mit den neu entwickelten Fügenahtgeometrien verglichen wurden. Im Ergebnis lassen sich mit allen neu entwickelten Fügenahtgeometrien deutlich höhere Festigkeiten erzielen, als mit einer Stumpfnaht. Diese Ergebnisse bestätigten sich durch jeweils höhere erzielte Restschmelzeschichtdicken, die mikroskopisch sichtbar gemacht wurden. Durch das zweistufige Anwärmen konnten bei den mit Ruß gefüllten Proben höhere Festigkeiten erzielt werden, als im einstufigen Anwärmmodus.
Aufbauend auf den erzielten Ergebnissen wurde mit PA 66 GF 30 natur und mit 1 Gew. % ein weiterer Kunststoff schweißtechnisch untersucht. Auch hier wurden mit den neu gestalteten Fügenahtgeometrien höhere Festigkeiten erzielt, als mit einer Stumpfnaht.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die im Rahmen dieses Projektes entwickelten Technologien werden durch das Kunststoff-Zentrum in Leipzig vorrangig in Deutschland vermarktet. Bevor die Projektergebnisse der Öffentlichkeit durch den Technologietransfer zugänglich gemacht werden, erfolgen eingehende Erprobungen, die eine Übertragbarkeit dieser Technologie auf andere Betriebe gewährleistet.
Es erfolgt eine Vorstellung der Projektergebnisse gegenüber Betrieben, die schwarz eingefärbte technische Spritzgießformteile aus Polyamiden bisher mit großen Schwierigkeiten serienmäßig mit dem IR-Schweißverfahren schweißen, und weiteren interessierten Unternehmen. Hierzu gehören Vorführungen des Versuchsaufbaus und die Erarbeitung von Präsentationsmaterialien, die das Verfahrensprinzip mit ihren Vorteilen und dem daraus resultierenden Nutzen herausstellen.
Darüber hinaus sollen durch verschiedene Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit weitere Interessenten gewonnen werden. Hierzu zählen Publikationen in Fachzeitschriften, Veröffentlichungen des Forschungsthemas und der Ergebnisse über die Homepage das KuZ, auf Fachtagungen, Konferenzen, Messen und in der Aus- und Weiterbildung. Insbesondere bei der Qualifizierung von Fachkräften und potenziellen Anwendern aus der Industrie ergeben sich weitere Möglichkeiten für einen erfolgreichen Technologietransfer. Dadurch fließen Ideen und besondere Anforderungen direkt in die Bearbeitung des Projektes ein.
Die Projektarbeit erhält somit einen unmittelbaren Praxisbezug, wodurch der Technologietransfer auf eine schnellere und einfachere Art erfolgen kann.
Die Vermarktung der Projektergebnisse zielt auf folgende Zielgruppen und Zielmärkte ab
1. Unternehmen, die technische Formteile herstellen und zu Baugruppen mittels Schweißverfahren verbinden müssen
2. Automobilbranche, Elektro- und Medizinindustrie, Luft- und Raumfahrt, Energieindustrie, Sportgeräte, Konsumerindustrie