Ziel der Entwicklung
Im Rahmen des Vorhabens sollten magnetisch sehr rauscharme, nichtmetallische Helium-Kryostate entwickelt werden, die eine hohe Helium (He)- und Vakuumstandzeit besitzen. Damit diese Kryostate in räumlich beliebig orientierten Anordnungen/ Konstruktionen zum Einsatz kommen können, ist ein spezielles Design für den He-Behälter im Inneren des Kryostaten entwickelt worden. Das hierbei erworbene wissenschaftliche Know-how ist für eine Vielzahl von Anwendungen einsetzbar.
Wesentliche Aufgaben waren neben Simulationen und materialtechnischen Analysen der Aufbau eines innovativen Versuchsstands und wissenschaftliche Untersuchungen zum Verhalten des Kryostaten.
Das Material GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff) wird aufgrund seiner vernachlässigbaren magnetischen Wechselwirkung und seiner sehr guten Materialeigenschaften gern für den Bau von Kryostaten eingesetzt.
Beim Bau von He-Kryostaten weist GFK allerdings einen Nachteil auf, da Helium temperaturabhängig das Material durchdringen kann (Permeation). Je größer die Temperatur, desto größer die Diffusion. Das ILK-Konzept sollte deutlich geringere Permeationsraten innerhalb des He-Reservoirs ermöglichen, wodurch sich höhere Standzeiten des Kryostaten für beispielsweise magnetische SQUID-Langzeitexperimente ergeben. Weiterhin gestatten lageunabhängige Kryostate auch jene Experimente, bei denen Proben z.B. in einem beliebigen Winkel zur Horizontalen angeordnet und somit auch gemessen werden können.
Die verbesserte thermische Stabilisierung der He-Kryostate, die Abkopplung von der Umgebung und die Robustheit des Systems können zu einer deutlichen Kostenreduzierung der Experimente beitragen, da geringere Mengen an Helium bei gleichzeitiger Erhöhung der Standzeit benötigt werden. Eine Unterdrückung des magnetischen Rauschens, unter anderem durch die Minimierung magnetischer Quellen im Kryostaten, ermöglicht darüber hinaus eine deutlich höhere Auflösung bei MRT-Messungen mit SQUIDs [Lee et al., Magnetic Resonance in Medicine, 53 (2005) 9].
Die technische Auslegung der Kryostate ist aus diesem Blickwinkel auch für zukünftige Sensorgenerationen optimal ausgerüstet.
Mit dem FuE-Projekt sollten am ILK die technisch-technologischen und materialwissenschaftlichen Grundlagen für den Bau von verkippbaren, nichtmetallischen He-Kryostaten mit hoher Helium- und Vakuumstandzeit geschaffen werden.
Folgende Zielstellungen wurden bearbeitet:
- Verringerung der Helium-Permeation durchs Material (Diffusion)
- Maximierung der Vakuumstandzeit (Restdruck pIsolation < 10-4 mbar)
- Verringerung der Strahlungsverluste, Optimierung der Superisolation
- Maximierung der Standzeit des kryogenen Mediums
- Integration wärmeleitender Strukturen an das GFK-Material des He-Reservoirs
- Optimierung der Länge des Halsrohres? Optimierung des Übergangs warm/kalt
- Optimale thermische Isolation der Kryostat-Hülle
- Reduzierung des magnetischen Rauschens, verursacht durch die Isolationsmaterialien, auf Werte kleiner als 3 fT/vHz
- Ermöglichung der Lageveränderung des Kryostaten bei Einhaltung der Betriebsparameter
- Optimierung auf kostengünstige Herstellbarkeit, Wartungsarmut
Vorteile und Lösungen
Als finales Produkt (als Funktionsmuster) wurde ein spezieller vollkommen lageunabhängiger Heliumkryostat gefertigt, der sowohl im Hinblick auf die Standzeit des kryogenen Mediums als auch im Hinblick auf die zu erreichende magnetische Rauscharmut die geforderten Spezifikationen erreicht und sogar übertrifft. Die gemessene magnetische Rauscharmut des Kryostaten ist kleiner als die untere Auflösungsgrenze des verwendeten Messsystems an der PTB (Physikalisch-Technische Bundesanstalt) in Berlin in der magnetisch höchstgeschirmten Kabine BMSR-1.
Die Projektergebnisse zeigen, dass der Kryostat in den wesentlichen Eigenschaften überzeugen kann und somit einen entscheidenden Vorteil im Hinblick auf magnetische Rauscharmut gegenüber Produkten von Herstellern nichtmetallischer He-Kryostate (Rauscharmut = 3 fT/vHz) aufweist. Darüber hinaus ist mit dem Kryostaten eine vollkommen lageunabhängige Arbeitsweise möglich, die auch im Hinblick auf Verdampfungsverluste konkurrenzfähig ist.
Die aus dem Projekt gewonnenen Ansätze, Festigkeitsberechnungen und Berechnungsgrundlagen zur thermischen Auslegung wurden und werden bei einer Vielzahl von wissenschaftlichen Projekten zur Kryostatierung eingesetzt. Mit den Erfahrungen können spezielle Kundenwünsche anwendungsorientiert umgesetzt werden. Darüber hinaus führt eine Vermarktung der Ergebnisse, die sich aus materialtechnischer Sicht ergeben (Verbesserung der Dichtheit von GFK-Materialien gegenüber Helium) bei einer Vielzahl von Firmen zu einer Ausweitung des Marktanteils bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung der betreffenden Komponenten.
Folgende Zielgruppen für die Verwertung des Projektes können angegeben werden:
- Universitäten
- (Groß)-Forschungszentren
- Außeruniversitäre Entwicklungsfirmen
- Firmen, die kryotechnische Komponenten herstellen
- Firmen für die Herstellung von Glasfaser-Verbundstoffen
- Unternehmen aus der Energietechnik
- Anwendungen: Forschung, Geologie, Medizin, Energietechnik (z.B. Netzstabilität, Strombegrenzer, HTSL-Kabel, Energiespeicher, Transformatoren)
Zielgruppe und Zielmarkt
Aus unserer Sicht ist der erlangte Wissensvorsprung auf dem Gebiet der Herstellung spezieller nichtmetallischer Helium-Kryostate ein wichtiger Faktor, um langfristig weltweite Ausschreibungen und Anfragen bedienen, bearbeiten und umsetzen zu können.
Die im Vorhaben entwickelte vollständig lageunabhängige Variante des ILK-Kryostaten weist ausgezeichnete Betriebsparameter auf. In Bezug auf die erreichte magnetische Rauscharmut ist der entwickelte ILK-Kryostat derzeit konkurrenzlos.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen erstreckt sich der Bedarf an variabel einsetzbaren Helium-Kryostaten zum Großteil auf Forschungsinstitute in aller Welt. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Einrichtungen, die sich mit der Messung von Magnetfeldern befassen oder der Kühlung von HTSL-Materialien.
Bei der Weiterentwicklung von Geräten, die aus quantenphysikalischer Sicht auf eine magnetische Rauscharmut angewiesen sind, ist weiterhin ein Trend zu erkennen, der spezielle Helium-Kryostate erfordert, um auch lageabhängige Effekte erforschen zu können. Außerdem wurde die Nachfrage von Firmen, die sich auf die geophysikalische Erkundung oder das Umweltmonitoring aus dem Luftraum mittels SQUID spezialisiert haben, bekräftigt.
Anschließende Arbeiten befassen sich insbesondere mit konstruktiven Anpassungen, um die Kryostate für weitere spezielle Anwendungen bei Kunden einsetzen zu können.