Ziel der Entwicklung
Ziel des Projektes war die Entwicklung von artifiziellen Blutgefäßstrukturen, die eine verbesserte Ankopplung an ein technisches Perfusionssystem im Rahmen des Tissue Engineerings ermöglichen und eine verbesserte Stabilität beim Perfundieren von Nährstofflösungen versprechen, um das Risiko einer unzureichenden Nährstoffversorgung bei gezüchteten Gewebekonstrukten zu verringern. Dazu sollten elastische Polymere an den Enden von kollagenbasierten kleinlumigen Hohlfilamenten angebunden werden. Das elastische Polymer sollte die Gefäßwand vor Verletzungen durch Perfusionskanülen schützen und Leckagen verhindern, um die Nährstoffversorgung im Blutgefäß und im umliegenden Gewebe sicherzustellen.
Vorteile und Lösungen
Künstliche Blutgefäßstrukturen aus Kollagen werden im Tissue Engineering erfolgreich eingesetzt, um die Versorgung artifizieller Gewebe zu verbessern. Am FILK wurden Kollagengefäße entwickelt, die sich durch eine einfache Herstellung im Metermaßstab und eine gute Lagerfähigkeit auszeichnen. Strukturen aus Kollagen haben allerdings den Nachteil, dass sie während der Rehydrierung und auch in Gegenwart von Zellen teilweise starken Längenveränderungen unterworfen sind. Diese sind zum einen auf die starke Quellfähigkeit von Kollagen, aber auch auf die Interaktion der Zellen mit der Kollagenmatrix zurückzuführen. Bei der Verwendung als Versorgungsgefäß geht mit den Änderungen häufig der Verlust der Dichtheit an Kopplungsstellen zum Perfusionssystem einher. Dadurch wird die Nährstoffversorgung gemindert und die Zellen in den Gefäßen sterben ab. Im Projekt sollten daher elastische Polymere an den Enden die Dimensionsänderungen der Blutgefäße verhindern. Inspiration für die Auswahl möglicher Polymermaterialien war die Dentalmedizin. Dort werden siloxanbasierte Polymere (Silikone) in Form von Korrektur- und Abgussmassen eingesetzt. Diese Silikone schienen für die Anwendung geeignet zu sein, da sie sich durch eine gute Haftung am menschlichen Gewebe auszeichnen. Sie härten in der Regel durch eine chemische Reaktion in Gegenwart von Feuchtigkeit aus, sind biokompatibel und besitzen eine gute mechanische Stabilität. Die Anbindung der Polymere sollte entweder über eine Coextrusion des Polymers mit einer Kollagensuspension während der Herstellung der Kollagengefäße erfolgen oder über einen Dip Coating-Prozess bereits vorgeformter Kollagenfilamente realisiert werden. Zu Beginn des Projektes wurden daher verschiedene in der Dentalmedizin eingesetzte Polymere beschafft. Insgesamt wurden 13 verschiedene Polymere getestet. Darunter befanden sich nicht ausschließlich Silikone, sondern auch Zemente, Polyacrylate und ein Epoxidharz. Alle wurden mit einer guten Reaktivität in Feuchte, einfacher Verarbeitung mittels Extrusion und guter Haftfestigkeit vom jeweiligen Hersteller beworben. Wie auf den nachfolgenden Seiten zu lesen sein wird, sind diese Eigenschaften Voraussetzung, um die Polymere an den artifiziellen Blutgefäßen anbringen zu können.
Im Rahmen des Projekts ist es gelungen, die Endstücke der Kollagengefäße durch Coextrusion mit Dentalsilikon auszustatten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Polymerverstärkung das Aufquellen der Gefäßenden wirksam eindämmt und damit die Passgenauigkeit am Übergang zum Perfusionssystem gewährleistet.
Die polymerverstärkten Gefäße besitzen eine homogene Gefäßwand und eine hydrophile Oberfläche. Sie sind biokompatibel. Im Vergleich zu reinen Kollagenhohlfäden sind sie weniger steif und leichter handhabbar. Sie weisen einen Außendurchmesser von einem Millimeter und ein Lumen mit einem Durchmesser von etwa 500 Mikrometer auf. Der Übergangsbereich zwischen reinem Kollagen und Polymerendstück erstreckt sich über eine Länge von zirka zehn Millimetern. Die Enden sind kanülierbar und zeigen eine gute Adhäsion zum Kollagen. Sie können zudem sicher in dem vom Kooperationspartner entwickelten Gefäßadapter eingespannt werden. Die neuartigen Hohlfilamente bleiben in Kulturmedium und in Gegenwart von Zellen mindestens zwei Wochen stabil. Eine Besiedlung mit Endothelzellen ergab eine hohe Zellviabilität mit steigender Zellzahl über den Kultivierungszeitraum hinweg.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die polymerverstärkten Blutgefäße, die im vorliegenden Projekt entwickelt wurden, ermöglichen eine Verbesserung der Perfusion künstlicher Blutgefäße und sind somit ein wichtiger Bestandteil zur Sicherung der Versorgung prävaskularisierter Tissue Engineering (TE)-Konstrukte. Sie stellen damit einen weiteren Entwicklungsschritt dar, da sie zur Realisierung lebensfähiger und funktioneller künstlicher Gewebe beitragen können. Genutzt werden diese lebenden künstlichen Gewebe von:
– Kliniken im Rahmen der Regenerativen Medizin
– Pharmaunternehmen und Diagnostiklaboren als Gewebemodelle für die Wirkstoffforschung
– Universitäten und Forschungseinrichtungen für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
– Biotechnologieunternehmen für die Produktion von Biologicals
– Regierungsbehörden und Laboren zur ökologischen und industriellen Prozesssicherung
Die neuartigen Blutgefäße haben großes Potenzial für Unternehmen aus den Bereichen der Medizintechnik und Biomaterialherstellung.