Ziel der Entwicklung
In den letzten Jahren ist eine zunehmende Veränderung im Ernährungsverhalten der Bevölkerung festzustellen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die stetige Zunahme eines fleischreduzierten beziehungsweise fleischlosen Lebensstils in Deutschland zählt zu diesen Veränderungen und hat unterschiedliche, oft individuelle Gründe. Zu den etablierten vegetarischen und veganen Produkten zählen auch brühwurstähnliche Alternativen. Die vegetarischen Fleischalternativen, die Ähnlichkeiten zu Wiener oder Bratwürsten aufweisen sollen, werden jedoch meist in sogenannte Schäldärme aus Kunststoff gefüllt. Diese nicht essbaren Varianten sorgen für die nötige Stabilität während der Produktion, müssen aber entweder vom Produzenten in einem weiteren Prozessschritt oder vom Konsumenten vor dem Verzehr entfernt werden. Dadurch entstehen mehrere Nachteile: Es fallen zum einen große Mengen Kunststoffabfälle an, die mit der ökologischen Interessenslage der Produzenten oftmals nicht vereinbar sind, und zum anderen fehlen dem fleischlosen Endprodukt durch das Abschälen der Därme die nötigen sensorischen Eigenschaften, wie beispielweise der knackige Biss. Die Entwicklung einer essbaren, fleischlosen und füllbaren Darmalternative ist angesichts des aktuellen Ernährungstrends von großer Bedeutung für die Lebensmittelwirtschaft und bietet auch für andere fleischlose Produkte einige Vorteile. Sie sorgt nicht nur für eine maßgebliche Aufwertung der Produktqualität und -akzeptanz von fleischlosen Wurstalternativen oder anderen nicht tierischen Lebensmitteln wie zum Beispiel Obst- oder Gemüsezubereitungen, sondern sie erlaubt auch eine effizientere und ökologisch günstigere Produktion.
Vorteile und Lösungen
Ziel des Vorhabens war die Entwicklung einer neuartigen essbaren Folienhülle für Lebensmittelprodukte aus rein pflanzlichen Rohstoffen, welche den sensorischen und technofunktionellen Eigenschaften einer Wursthülle (Naturdarm, Kollagendarm) entspricht. Diese muss füllbar, wasserbeständig und mechanisch stabil genug sein, um bei der Verarbeitung nicht zu brechen oder zu reißen. Diese Anforderungen sind für das vorgesehene Endprodukt, die Umhüllung von fleischfreien, wurstähnlichen Lebensmitteln, zwingend notwendig. Im Ergebnis des Projektes konnten rein pflanzliche Polysaccharid-Protein-Folien erfolgreich hergestellt werden. Hierbei fanden vor allem die Rohstoffe amidiertes Pektin, Alginat und Sojaprotein Anwendung. Es wurden insgesamt drei unterschiedliche Rezepturen entwickelt. Alle besitzen eine leicht milchige, beige Farbe sowie einen für die Trockenlagerung sehr vorteilhaften geringen AW-Wert (Activity of Water) von 0,4. Die Festigkeit, Wasserdampfpermeation sowie Wasserfestigkeit variieren jeweils leicht. Die Folien mit reinem amidierten Pektin besitzt die vorteilhaftesten Eigenschaften und zeichnen sich durch folgende Analysewerte aus: Dicke, Durchstoßkraft, L-Wert und Wasserdampfpermeation. Die Produktion der innovativen Folien erfolgte mithilfe eines Labor-Extruders unter Zuhilfenahme von Wasser sowie Glycerin zur Erhaltung einer angemessenen Flexibilität. Hierbei ließen sich sowohl Flachfolien als auch Schlauchfolien mit definiertem Durchmesser herstellen. Die Übertragung der Extruder-Parameter auf einen größeren Maßstab war ohne Komplikationen zu realisieren. Zur Erhaltung einer notwendigen Festigkeit und Wasserbeständigkeit war eine Nachbehandlung mittels Calcium-Ionen notwendig. Die Anwendungseigenschaften der Hüllen wurden mit Fleischbrät erprobt, wobei diese gefüllt und gebrüht wurden, um anschließend im Kühlschrank oder Gefriertruhe einer Lagerung unterzogen wurden. Der Geruch und der Geschmack der entwickelten Prototypen waren sehr gut, und der Verzehr der Produkte ist nachweislich bedenkenlos möglich, wie die sehr niedrige mikrobiologische Gesamtkeimzahl nach sieben Tagen Kühlschranklagerung bestätigt. Die angestrebte Eignung für vegetarische Bratwurst-Alternativen wurde in vollem Umfang erreicht: Die entwickelte Hülle besitzt ausgezeichnete Brateigenschaften, sie lässt sich ausgezeichnet befüllen und eignet sich sowohl zur Kühl- als auch Gefrierlagerung. Durch den sehr geringen AW-Wert ist eine sichere Lagerung der Rohmaterialien möglich, und auch im gefüllten Zustand stellen die Hüllen keine mikrobiologische Gefahr dar.
Zielgruppe und Zielmarkt
Das entwickelte Produkt ist insbesondere für die Produzenten von vegetarischen beziehungsweise veganen Brühwurstalternativen sehr gut geeignet. Hersteller von gängigen Darmprodukten können die Technologie problemlos in ihren Ablauf integrieren. Darüber hinaus eignet sich das Fabrikat aber auch für Instantprodukte. Wird die Folie, ohne die Behandlung von Calciumionen mit Wasser in Kontakt gebracht, löst sie sich rückstandsfrei auf. Dadurch könnten zum Beispiel Tee oder andere trockene Produkte verpackt werden. In Kontakt mit heißem Wasser löst sich die Folie dann vollständig auf. Auch kann die neu entwickelte Folie nicht nur im Bereich Lebensmittel eingesetzt werden: Wird die mit Calciumionen behandelte Folie als Flachfolie verwendet, so können weitere Zielgruppen erschlossen werden. Dadurch, dass die Folie aus rein pflanzlichen Stoffen besteht, kann sie auch für nachhaltige Verpackungen anderer Produkte eingesetzt werden. Auch eine Weiterentwicklung als nachhaltige Frischhaltefolie ist denkbar, da die Folie gute selbsthaftende Eigenschaften aufweist.