Ziel der Entwicklung

Logo: Digitales Hochfrequenz-Oszilloskop im erweiterten Labormessaufbau, © ITW e. V. Chemnitz
Digitales Hochfrequenz-Oszilloskop im erweiterten Labormessaufbau, © ITW e. V. Chemnitz

Global ist der Trend zu beobachten, dass sich die Volumenproduktion aus Europa verlagert. In der europäischen Region entwickeln sich die Fertigungstechnologien deutlich in Richtung einer neuen Qualität. Im konventionellen Maschinenbau erfolgen Energieversorgung und Informationsaustausch mittels Verdrahtungssystemen. Die Strategien der digitalen Fertigung führten zu ersten Schritten in Richtung eines fortschrittlichen modularen Maschinenbaus mit Funknetzlösungen für den Informationsaustausch in Maschinen und Anlagen. Der nächste logische Schritt ist, komplett auf eine externe Verkabelung zu verzichten und Energie sowie Daten intern in den Maschinen und Anlagen drahtlos durch Tragewerkstrukturen zu leiten. Die jeweiligen Sensor-Aktor-Systeme können sich dabei aus den internen drahtlosen Energie- und Datenkanälen bedarfsgerecht versorgen. Die Verfügbarkeit dieser Technologie ermöglicht neuartige Ansätze in der Maschinen- und Anlagen-Konstruktion und ist somit die langfristige Zielstellung des Vorhabens. Durch vorgefertigte Systemmodule mit integrierten Hohlstrukturen zum drahtlosen Energie- und Datentransfer werden komplexe Tragestrukturen für Maschinen und Anlagen gebaut und Sensoren und Aktoren ohne externe Verkabelungen montiert. Diese Sensoren und Aktoren werden über die strukturinterne Datenkommunikation angesteuert und per interner Energieübertragung in ihrer Wirkenergie nachgeladen. Diese neuartigen Konstruktionselemente ermöglichen den beschleunigten Auf- und Umbau von Maschinen und Anlagen zur Sicherstellung bedarfsorientierter Aufgabenstellungen. Für diese Konstruktionselemente wurden im Rahmen des Projekts Lösungen für die primären Infrastrukturmodule entwickelt. Auf der Grundlage industrieller Rundrohre und Vierkantrohre wurden im Projekt Ausführungsformen für die Ein- und Auskopplung von Hochfrequenzsignalen in Hohlstrukturmaterialien entwickelt. Da der drahtlose Signalbetrieb komplett von der Außenwelt abgeschirmt in den Hohlstrukturen stattfindet, besteht keine Notwendigkeit, gesetzliche Frequenzbeschränkungen zu beachten. Somit können die jeweiligen Betriebsfrequenzen voll auf die konstruktiven und technischen Gegebenheiten angepasst werden. Die Wahlfreiheit der Frequenzlagen wird dabei neben den konstruktiven Bedingungen weiterhin durch die Verfügbarkeit der funkelektronischen Komponenten beschränkt. Die Hauptschwerpunkte der Entwicklung konzentrierten sich auf die Hohlleiter-Strukturmodule. Hierbei wurde Standard-Konstruktionsmaterial zu Modulen mit verschiedenen Funktionen die Signaltechnik betreffend qualifiziert. Es wurden primäre Lösungen für Signalein- und -auskoppelmodule, Signalumlenkstrukturen, Absorbermodule sowie Signalteiler erarbeitet. Neben den reinen Signaltechnik-Komponenten war die sekundäre Lösung für die Sicherstellung des realen Betriebs zu erstellen. Dazu zählen das System zur Signalerzeugung, des -abgleiches sowie der -steuerung, weiterhin die Einrichtungen der Klimatisierung der Signalwege sowie das externe System zur Steuerung der Umlenkstrukturen und Veränderung der Signalwege. In einem Demonstratoraufbau waren die primären Komponenten in ihrer Wirksamkeit nachzuweisen und die sekundären Einrichtungen in ihren Funktionalitäten für den Demonstratoraufbau anzupassen. Zusätzlich dazu wurden verschiedene Verfahren zur Kopplung der jeweiligen Module erstellt.
Zur Nutzung der Signalübertragung wurden neben den Signal-Auskoppelstrukturen geeignete Vorrichtungen zum Abgleich des Signalbetriebes erstellt. Dabei wurde für die Datenkommunikation schwerpunktmäßig die Unterdrückung störender Resonanzeninterferenzen und Rückreflexionen sichergestellt. Für den Betrieb des Leistungssignals wurden Errichtungen zum Abgleich der Phasenlage und der Impedanzen eingeschlossen. Weiterhin wurden für die Einrichtungen zur Erzeugung der jeweiligen Betriebssignale entsprechende Anpassentwicklungen vorgenommen. Zur Nutzung des ausgekoppelten Leistungssignals wurde eine spezielle Auskoppelschaltung entwickelt, um das HF-Wechselsignal in ein Gleichspannungssignal mit konstantem Gleichstrom zu wandeln. Dieses gewandelte Signal sollte direkt als Ladestrom für ein Batteriesystem zur Verfügung stehen. Am Ende der Projektlaufzeit wurden die primären Funktionalitäten in einem Demonstrator messtechnisch verifiziert.

Vorteile und Lösungen

Infolge der Dynamik der Märkte für Halbzeuge unterschiedlicher Verarbeitungsstufen sind Maschinen und Anlagen zu deren Produktion mit einer sehr hohen Flexibilität zunehmend gefragt.
Die Flexibilität kann sehr teuer durch in die Maschinen und Anlagen integrierte Fähigkeiten in Form einer hochkomplexen Universalmaschine erkauft oder über neuartige Maschinenkonzepte realisiert werden, die schnelle aufgabenspezifische modulare Adaptionen gewährleisten. Diese Adaptionen der erforderlichen Sensors-Aktor-Cluster, die für die unmittelbare Fertigung spezifiziert sind, werden dabei ohne aufwendige externe Inbetriebnahme mechanisch zusammengefügt und sollen autonom von einem drahtlosen internen Energie- und Datennetzwerk der Maschinen und Anlagen assimilierbar sein.
Nach Erfüllung des spezifischen Fertigungsauftrags werden die jeweiligen Sensor-Aktor-Cluster für weitere Fertigungsaufträge in prozesstaktnaher Zeit neu arrangiert, um eine hocheffiziente Abarbeitung dieser neuen Aufträge zu gewährleisten.
Ein derartiges Konzept gestattet eine deutlich höhere Flexibilität bei geringeren Anschaffungskosten gegenüber hochkomplexen Universalanlagen. Weiterhin sind Standzeiten für Wartung und Reparaturen durch die schnell adaptierbare Clusterstruktur der drahtlos betriebenen Sensor-Aktor-Systeme deutlich reduzierbar.
Den grundlegenden Vorteil derartiger Konzepte bildet somit der Entfall aufwendiger Verkabelungsarbeiten beim Wechsel der Komponenten. Weiterhin kann auf mechatronisch empfindliche Kontaktierungssysteme verzichtet werden. Es ist zu beachten, dass bei den kabelgebundenen Technologien die Kombination von Kabeln, Steckern und Buchse eine sehr schwer zu lokalisierende Fehlerquelle bei Inbetriebnahme und Betrieb darstellen.
Um im Maschinen- und Anlagenbau im zunehmenden internationalen Wettbewerb bestehen zu können, ist es notwendig, neben der Vervollkommnung von qualitativ höherwertigen Universalmaschinen, welche zunehmend auch von Schwellenländern zu immer niedrigeren Preisen angeboten werden, neue Wege zu gehen. Die Schaffung einer Technologie aus modularen Komponenten mit geringen Unkosten, die sehr schnell zu komplexen Strukturen verkoppelt werden können, stellt hierbei einen Weg zu fortschrittlichen und digitalen Produktionsmitteln dar.
Ein weiterer positiverer Effekt neben der hohen Einsatzvielfalt durch große Kombinations-Freiheiten stellt der hohe Anteil von Basiselementen dar. Dies soll eine kostengünstige Vorfertigung von Maschinen- und Anlagenkomponenten erleichtern.
Vorgezeichnete Trendentwicklungen in Richtung I4.0 sind durch die wirtschaftspolitischen Strategien der Europäischen Union und folgend Deutschlands hinsichtlich Digitalisierung und Nachhaltigkeit vorgegeben. Diese führen zu einem immer höheren Anteil an Sensor-Aktor-Systemen als Basis einer erforderlichen Intelligenz der Produktionsinfrastruktur. Weiterhin münden diese Generaltrends im Aufbrechen starrer Strukturen einer Massenfertigung. Kundenindividuelle Lösungen ziehen flexible Produktionsanlagen mit wirtschaftlicher Wechselfähigkeit nach sich. Nachgefragte Funktionalitäten, wie Condition Monitoring, können wirtschaftlich mit Funklösungen realisiert werden. Die heutige Transponder- bzw. RFID-Technologie gestattet eine immer effektivere Kommunikation. Dahingehend steigt auch die Kommunikation von Objekten mit Drittsystemen und die reale Maschinenwelt wächst mit einer virtuellen Steuerung zunehmend zusammen.
All dies wird zukünftig in maßgeschneiderten Lösungen münden. Offene Softwareplattformen wachsen dahingehend mit maßgeschneiderten Hardware-Konfigurationen zusammen. Dies ermöglicht je nach Einsatzziel und -dauer eine wirtschaftliche Aufwuchsfähigkeit der Produktionsmittel. Im Rahmen der Projektentwicklung wurde ein System aus modularen Hohlstruktur-Bauteilen entworfen, Module für die funktionale Abbildung der integrierten drahtlosen digitalen und energietechnischen Funktionen erarbeitet und deren Funktionen demonstriert. Der Schwerpunkt der Einwicklung lag bei den Modulen für die Ein- und Auskopplung der drahtlosen Leistungs- und Datensignale in die Holstrukturen sowie der Signalführung, -verteilung, lokalen Absorption sowie Phasenlage-Abstimmung. Weiterhin wurden die Betriebseinrichtung zur Signalerzeugung, der Einkopplung und der gezielten Lenkung im komplexen Hohlstruktur-System erarbeitet. Mit den erreichten Arbeitsständen können Datensignale in komplexen verzweigten metallischen Hohlstrukturen sicher geführt werden, ohne dass diese durch externe Eingriffe gestört bzw. manipuliert werden können. Weiterhin kann ein drahtloses Leistungs-HF-Signal in den Hohlstrukturen geführt und definiert geteilt werden sowie über eine spezielle Schaltung als Konstant-Gleichstrom-Signal ausgekoppelt werden, um an den entsprechenden Wirkpunkten einen elektrischen Speicher nachzuladen.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die primären Erstanwender der Projektergebnisse werden im Sondermaschinenbau gesehen. Neben den Herstellern von Maschinen werden als Endanwender schwerpunktmäßig mittelständische Hersteller von Produkten mit hoher Individualität und niedrigen Stückzahlen gesehen. Hierbei sollen die Vorteile einer schnellen kostengünstigen Neugestaltung von Maschinen und Anlagen vermittelt werden, sodass Herstellern deutliche Vorteile im Bereich der neuen Einrüstung und Umstellung von Maschinen und Anlagen entstehen.
Die technologischen Entwicklungen zur eingriffsicheren drahtlosen Energie- und Datenübertragung innerhalb von Stützstrukturen industrieller Maschinen und Anlagen konzentriert sich auf den Markt von Maschinen und Anlagen für Produktionssysteme mit bedarfsaktuellen Ausrüstungen. Hierbei sind aufgabenspezifisch wandelbare Fertigungsfähigkeiten für hochindividuelle Produkte bei geringsten Stückzahlen sicherzustellen.
Die im Projekt durchgeführten Entwicklungen haben Grundlagen für eine Konstruktionstechnologie erarbeitet, die auf eine Verdrahtung von Sensoren und Aktoren innerhalb von Maschinen und Anlagen verzichten kann. Der grundlegende Vorteil soll darin bestehen, dass sowohl Energieversorgung als auch Datenübermittlung drahtlos erfolgen kann. Das ermöglicht Maßnahmen zur technischen Anpassung von Fähigkeiten einer Maschine in kürzester Zeit. Durch die Kombination von drahtloser Daten- und Energieversorgung mit der Fähigkeit der Sensoren / Aktoren, die drahtlos eingespeiste Wirkenergie in relevantem Umfang zwischenspeichern zu können, ergeben sich neuartige Gestaltungskonzepte des dezentralen Energiemanagements bereits auf der Ebene der Produktionsmaschinen. Hierbei entsteht ein erhebliches Potenzial, den Spitzenenergieverbrauch an den Maschinen zu senken und externe Versorgungsschwankungen zu einem gewissen Anteil zu kompensieren. Weiterhin können dezentrale Teile kritischer Infrastruktur mit gehärteten Notlauf-Fähigkeiten ausgestattet werden, was Ausfallkosten durch externe Risiken minimieren wird. Das erhöht die Marktzuverlässigkeit insbesondere von kleinen und mittelständischen Herstellern deutlich.
Diese Fähigkeiten der kosteneffizienten schnelleren Umrüstbarkeit und der internen Energiespitzenlast-Überbrückung stellt einen deutlichen Innovationsschritt für die Gewährleistung von störungsfreien Produktionsabläufen in den zukünftigen Maschinen und Anlagengenerationen der bedarfsorientierten Fertigungscluster dar.
Mit der Verfügbarkeit der anwendungsfähigen Technologieausführungen werden erhebliche Verwertungspotenziale gegenüber den in ihrer Wandelbarkeit beschränkten klassischen Maschinen und Anlagen gesehen.
Aufgrund der aktuellen Investitionszurückhaltung potenzieller Volumenhersteller verstärkt sich die Notwendigkeit, die Technologie als sekundäre unkritische Aufrüstkomponente für klassische Maschinen und Anlagenkonzepte einzuführen, um dort ihre Vorteile und Zuverlässigkeit im direkten Anwenderprozess zu demonstrieren. Dieses Vorgehen soll zu einer vorschreitenden vorteilsgenerierten Substitution von klassischen Maschinenlösungen führen.
Neben einer angestrebten Erstverwertung als frei bestückbare Sensor-Aktor-Tragestruktur für die Produktionsflusslogistik werden vor allem neuartige Lösungen im Bereich der Leichtbautechnologie für Maschinen und Anlagen sowie der Robotik, beispielsweise dem Sonderanlagenbau, gesehen.
Im Bereich der Maschinen und Anlagen sind dabei Konzepte für nachträgliche verkabelungsfreie Überbaustrukturen zur schnellen Ein- und Umrüstung von Sensoren / Aktoren für die Qualitätsverfolgung hochindividueller Produkte realisierbar. Im Bereich der Robotik kann die Weiterentwicklung der angestrebten Technologie zur Ablösung von kabelgebunden Vorrichtungen durch kabelfreie Lösungen führen. Durch den damit verbundenen Entfall von Schleppkabeln und vektoriellen Begrenzungen in der Handhabungszone werden fesselfreie Lösungen kosteneffizient in die Anlagen integriert.
Die Technologieentwicklung ermöglicht auch eine Realisierung dezentraler eventbasierter Konzepte der Energiebereitstellung innerhalb der Maschinen und Anlagen. Dabei kann ein Teil des notwendigen zyklischen Energiebedarfes in der Anlage bei den jeweiligen Sensoren / Aktoren zwischengespeichert und bedarfsbasiert freigesetzt werden. Somit können temporäre Spitzenlasten abgefangen und das Energievorhalte-Aufkommen wesentlich reduziert sowie der Gesamt-Energieverbrauch reduziert werden.
Eine Umsetzung der entwickelten Technologien in industriell nutzbare Lösungen ermöglicht die Realisierung von Infrastrukturausführungen für schnell wandelbare bedarfsgenerierte Produktionslösungen nach I 4.0-Konzepten.