Ziel der Entwicklung
Zum Erreichen geringer Fertigungstoleranzen in der Präzisionsfertigung auf modernen Werkzeugmaschinen sind hochgenaue Achssysteme für die Bewegung des Werkzeugs beziehungsweise des Werkstücks erforderlich. Geforderte Positionsgenauigkeiten von plus minus ein Mikrometer über die gesamte Länge einer Maschinenachse sind dabei keine Seltenheit. Die Genauigkeiten von Motormesssystemen, Drehgebern, reichen hier nicht aus. Daher werden im Maschinenbau hochgenaue Linearmesssysteme, Positionsencoder, mit Positionsauflösungen im Nanometerbereich eingesetzt, um die geforderten Positionsgenauigkeiten der Maschinenachsen zu gewährleisten. Bei der Maschineninbetriebnahme wird oft zusätzlich eine laserinterferometrische Vermessung der Maschinenachsen durchgeführt, um Abweichungen des Positionsmesssystems korrigieren zu können. Die interferometrisch gemessenen Positionsabweichungen der einzelnen Achsen werden in Kompensationstabellen in der Steuerung hinterlegt. Somit sind Positioniergenauigkeiten von plus minus ein Mikrometer realisierbar. Allerdings sind diese Positionsgenauigkeiten nur unter thermischen Idealbedingungen wie temperierter Arbeitsraum und temperaturstabile Maschinenkomponenten erreichbar. Unter Produktionsbedingen sind derartige Idealbedingungen jedoch nicht gegeben. Neben den Umgebungsbedingungen, Hallentemperatur, Sonneneinstrahlung und viele mehr, beeinflussen vor allem auch maschineninterne Wärmequellen wie die Prozesswärme und Reibung die Genauigkeit der Bearbeitungsmaschine. Diese Einflüsse werden derzeit meist vernachlässigt. Am Markt verfügbare Linearmesssysteme zum Beispiel Heidenhain oder Renishaw, weisen allerdings typische thermische Ausdehnungskoeffizienten von circa zehn Mikrometer pro Meter Kelvin auf. Für eine Maschinenachse mit einer Länge von 500 Millimetern treten bei Temperaturschwankungen von lediglich fünf Kelvin bereits Längenabweichungen von plus minus 25 Mikrometer über dem Verfahrbereich der Achse auf. Hier wäre es erstrebenswert, dynamisch auf Temperatureinflüsse während des Betriebs der Fertigungsanlage durch die Anpassung von Korrekturwerten reagieren zu können. Somit könnten Fertigungstoleranzen erheblich reduziert werden und Einlaufzeiten von Fertigungsanlagen entfallen. Eine zweite Problemstellung in der modernen Fertigung ist die Integration von zusätzlichen, vielfach optischen, Messsystemen zur Qualitätskontrolle in Fertigungsanlagen. Die generelle Zielsetzung dabei ist, alle relevanten Qualitätsmerkmale eines Fertigungsteils innerhalb des Fertigungszyklus zu erfassen. Die eingesetzten Messverfahren reichen dabei von industrieller Bildverarbeitung über Lasertriangulation bis zu spektrometrischen Verfahren. Insbesondere beim Einsatz von Punktsensoren oder Zeilensensoren ist oft eine zusätzliche Bewegung des Sensors über den Prüfling erforderlich, um geometrische Profilmessungen oder dreidimensionale Oberflächenmessungen zu realisieren. Das Messergebnis setzt sich dabei aus dem eigentlichen Sensorsignal und dem Positionswert des Positionsencoders der Achse zusammen. Die verfügbare Sensortechnik kann bereits heute Messwerte im Kilohertz Bereich erfassen und bereitstellen. Um die Messzykluszeit hinreichend klein zu halten, wird daher oft eine OnTheFly Messung angestrebt, bei welcher der Sensor Messwerte während einer Achsbewegung erfasst wird. Um einen äquidistanten Abstand der Sensordaten zu gewährleisten, ist hierbei eine achspositionsabhängige Triggerung des Sensors erforderlich. Allerdings sind die am Markt verfügbaren Achssteuerungen meist auf Zykluszeiten von einer Millisekunde beschränkt. Das Potential verfügbarer Sensorik kann somit nicht voll genutzt werden, da der Triggertakt steuerungsseitig auf circa ein Kilohertz beschränkt ist. Somit müssen entweder die Geschwindigkeit der Achse während der Messung oder die Messauflösung, höherer Abstand der Messwerte, stark reduziert werden. Für OnTheFly Messungen ist daher die Nutzung der maximalen Messfrequenz des Positionsmesssystems anzustreben, um darüber High Speed Triggersignale zur Verfügung zu stellen.
Vorteile und Lösungen
Der Lösungsansatz besteht in der Integration eines Mikrocontrollers zwischen den einzelnen Positionsmesssystemen der Maschinenachsen und der Achssteuerung. Die Positionsabfrage an den Positionsencoder erfolgt somit nicht mehr direkt durch die Maschinensteuerung, sondern durch den Mikrocontroller. Dadurch ist es möglich, die Positionsdaten mit der maximal möglichen Messfrequenz des Positionsmesssystems von 25 Kilohertz auszulesen. Der jeweils letzte gelesene Positionswert wird im Speicher hinterlegt. Sobald die Positionsabfrage der Maschinensteuerung erfolgt, wird dieser Wert übergeben. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Umsetzung der Lösung bestand dabei in der Gewährleistung der Echtzeitfähigkeit der Datenübertragung, da jede Verzögerung der Datenübertragung oder gar das Ausbleiben einer Rückmeldung zu einem Fehler in der Steuerung führt. Für die Maschinensteuerung soll das integrierte Hardwaremodul quasi unsichtbar sein. Dadurch, dass die Positionsdaten über einen Mikrocontroller entsprechend der maximalen Messfrequenz des Positionsmesssystems ausgelesen werden, können sehr schnelle Positionstriggersignale generiert werden. Somit können OnTheFly Messungen in der Maschine circa 25 mal schneller als bisher erfolgen. Eine weitere Zielstellung bestand darin, eine dynamische Anpassung der Korrekturtabellen während des Betriebs der Fertigungsanlage zu ermöglichen. Hierfür sollen die Korrekturtabellen nicht mehr auf der Maschinensteuerung hinterlegt werden, sondern im Speicher des zu entwickelten Hardware Moduls. Damit ist es möglich, mehrere Korrekturtabellen zu hinterlegen, die verschiedenen Betriebszuständen der Anlage entsprechen. Somit kann durch einen zusätzlichen Temperatursensor die entsprechende, zum Temperaturzustand passende, Korrekturtabelle aktiviert werden. Durch die autark von der Steuerung durchgeführte Positionskorrektur werden Stillstandzeiten, beispielsweise durch einen Neustart der Steuerung zum Aktivieren neuer Korrekturdaten, vermieden. Mit dem entwickelten Hardware Modul ist zudem eine Vielzahl weiterer Funktionalitäten realisierbar. So können die Positionsdaten der Achsmesssysteme über USB an einen PC ausgegeben werden, wo diese Daten für weitere Messaufgaben und Anwendungen, beispielsweise in der Software LabVIEW nutzbar sind. Zudem kann das Hardware Modul für die Diagnose von Achssystemen, wie der Analyse des Regel und Einschwingverhaltens beim Erreichen einer Zielposition, genutzt werden. Die Vorteile und Funktionalitäten des entwickelten Hardware Systems können zusammengefasst werden als Verrechnung der Encoderdaten mit Kompensationstabellen in Echtzeit und weiterleiten der angepassten Positionsdaten vom Encoder zur Steuerung. Als Dynamische Anpassung beziehungsweise Aktivierung der Kompensationstabelle durch einen oder mehrere Temperatursensoren während des Betriebs der Fertigungsanlage. Die Erzeugung von schnellen Positions Triggersignalen bis 25 Kilohertz für OnTheFly Messungen und die Übertragung der Positionsdaten an den PC. Aufzeichnen von Positionsdaten für die Diagnose von Achssystemen, Geschwindigkeits und Beschleunigungsverhalten. Das Invertieren der Encoderdaten und Erzeugung von Positionsoffsets. Die Parametrisierung der Funktionen des Mikrocontrollers über eine PC Schnittstelle mit anwendungsorientiertem Benutzerinterface. Und die Preiswerte, einfach integrierbare und steuerungsunabhängige Hardwarelösung. Für die Übertragung der Daten von Positionsmesssystemen stehen unterschiedliche Datenprotokolle zur Verfügung. Die am häufigsten verwendeten Protokolle sind hierbei EnDat2.0 und BISS-C. Prinzipiell sind beide Protokolle ähnlich aufgebaut. Der Vorteil beim BISS-C Protokoll ist, dass es komplett offengelegt ist. Das BISS-C Protokoll ist ein unidirektionales, synchrones, serielles Interface zur Erfassung von Positionsdaten eines Messsystems. Der Master steuert den zeitlichen Verlauf der Positionserfassung und die Datenübertragungsgeschwindigkeit. Das Interface besteht aus zwei differenziellen Leitungspaaren, wobei MA die Anforderungen zur Positionserfassung Takt durch den Signaltakt sendet. SLO überträgt die Positionsdaten synchronisiert zum MA Takt zum Master. Der MA-Takt kann dabei je nach Leitungslänge bis zu zehn Megahertz betragen. Für die Positionsabfrage und die Umwandlung der binären Signale der BISS-C Schnittstelle ist ein zusätzlicher BISS-C-Master zu implementieren. Das jeweils letzte empfangene Positionsdatum wird im Speicher des Mikrocontrollers hinterlegt. Sobald die Achssteuerung ein Positionsdatum anfragt werden die entsprechenden Daten aus dem Speicher gelesen und über eine implementierte BISS-C-Slave Schnittstelle bereitgestellt. Hierbei muss sichergestellt werden, dass es zu keinen Verzögerungen bei der Datenübertragung kommt, um einerseits das Regelverhalten der Achssteuerung nicht negativ zu beeinflussen und anderseits keine Fehlermeldungen auszulösen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Ziele für die Umsetzung der Projektergebnisse sind nationale und internationale Hersteller von Positionsmesssystemen für Maschinenachsen, industrieller Messtechnik und Sensorik, Maschinen und Anlagen für die Präzisionsfertigung sowie Anwender von Präzisionsfertigungsanlagen. Die Zielmärkte für den Einsatz der technologischen Lösung des Projektes sind schwerpunktmäßig Werkzeugbau und Formenbau, Automobilbau, Maschinenbau, Chemieanlagenbau, Schienenfahrzeug und Schiffbau sowie die Luft und Raumfahrtindustrie. Die geforderten Genauigkeiten von Präzisionsteilen steigen seit Jahren kontinuierlich und werden auch in Zukunft weiter steigen. Bereits heute werden in der Präzisionsfertigung oft Fertigungstoleranzen unter einem Mikrometer gefordert. Damit verbunden steigen auch die Anforderungen an die Fertigungsprozesse sowie an die Maschinentechnik und Anlagentechnik. Die Ergebnisse des Projektes leisten dahingehend einen Betrag, die Positionsgenauigkeiten von Fertigungsanlagen im industriellen Einsatz zu erhöhen. Des Weiteren sind Anbieter von diskret aufgebauten Sensoren und Messsystemen für die Prozesssteuerung und Überwachung sowie für die Qualitätssicherung mit industrieller Messtechnik potenzielle Nutzer der angestrebten Lösung. Diese können zusätzlich durch die Bereitstellung entsprechender Hardware und Softwarelösungen ihr Portfolio erweitern. So wird durch die High Speed Triggerung mit der angestrebten Lösung der Einsatz von Sensoren für OnTheFly Messungen mit Standartmaschinenachsen ermöglicht. Die modulare Bauweise des Hardewaremoduls erlaubt es, das System je nach Anforderung des Kunden in die Anlagentechnik zu integrieren und somit eine effiziente und kostenoptimale Lösung für die Nutzer zu ermöglichen.