Ziel der Entwicklung
Spanende Bearbeitungsverfahren für Faserverbundwerkstoffe bewirken für gewöhnlich einen hohen Verschleiß des Werkzeugs. Das Laserstrahltrennen hingegen arbeitet berührungslos und damit verschleißfrei. Jedoch entsteht bei diesem Verfahren eine thermisch bedingte Trennkantenschädigung, welche eine meist spanende Nachbearbeitung erforderlich macht. Aus diesem Grund wurde nach einer Lösung gesucht, mit welcher eine Laserstrahlbearbeitung mit geringstmöglicher Schnittkantenschädigung realisierbar wird.
Vorteile und Lösungen
Sowohl die Kunststoffmatrix des Werkstoffs als auch die Fasern absorbieren Laserstrahlung der Wellenlänge 10,6 Mikrometer sehr gut. Kurze, energiereiche Pulse bewirken einen zeitlich begrenzten Energieeintrag. Durch hohe Schnittgeschwindigkeiten wird die Wechselwirkungszeit der Laserenergie mit der Schnittkante weiter minimiert. Ein zusätzlicher Kühleffekt kann durch den Einsatz von Schneidgas erzielt werden. Im Projekt wurde deshalb für das Trennen von Faserverbundwerkstoffen eine neuartige Kurzpuls-CO2-Laserstrahlquelle zusammen mit einem hochdynamischen 6-Achs-Bewegungssystem verwendet. Die Laserstrahlquelle zeichnete sich durch eine Pulsdauer von 200 Nanosekunden, einer Pulsspitzenleistung von 100 Kilowatt und einer maximalen mittleren Leistung von 1 Kilowatt aus. Das Bewegungssystem leistet Verfahrensgeschwindigkeiten bis zu 100 Meter pro Minute bei Beschleunigungen von bis zu 1,5 Gramm. Mit dieser Methode sollte die thermische Schädigung im Bereich der Schnittkante stark verringert, im Optimalfall ganz verhindert werden. Mit Spektral- und Highspeed-Temperaturmessungen wurde die thermische Wechselwirkung zwischen Laserstrahlung und Material in einem breiten Parameterfeld untersucht, um einem Wärmestau an der Schnittkante entgegenzuwirken. Im Rahmen der Untersuchungen erwies sich die Bearbeitungsstrategie „Multiscan“ gegenüber dem klassischen Konturschnitt als besser geeignet. Hierbei wird auf Grund der hohen Schnittgeschwindigkeit eine geringe thermische Schädigung hervorgerufen, dafür muss der Schnitt mehrfach wiederholt werden. Mit den ersten Ergebnissen der Highspeed-Temperaturmessungen konnte dann die Pausenzeit zwischen den einzelnen Scanwiederholungen optimiert werden, um den Wärmestau an der Schnittkante zu vermeiden. Darüber hinaus ist es im Projekt gelungen, mit einem kommerziell verfügbaren Kurzpuls-Faserlaser (120 Nanosekunden Pulsdauer und 1064 Nanometer Wellenlänge) drei Millimeter dickes CFK zu trennen. Der Prozess konnte für 0,5 Millimeter dickes CFK soweit optimiert werden, dass sich der Bereich der thermischen Schädigung auf 20 Mikrometer reduzierte. Dies ist ein wichtiges Ergebnis für die Anwendung der entwickelten Prozesse, da die nötigen Laserquellen einfacher verfügbar und kostengünstiger sind.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Anwendung des entwickelten Verfahrens ist für Leichtbauprodukte mit mittleren und kleinen Stückzahlen umsetzbar, für die die Herstellung von Werkzeugen unwirtschaftlich wäre. Der Laser ist ein flexibles und abnutzungsfreies Werkzeug und kann jedem Werkstück eine individuelle Kontur geben.
Großes Anwendungspotential liegt im Automotive-Sektor. Die Einführung und Erprobung neuer Technologien lässt sich dort in Kleinserien bereits beobachten. Beispielsweise wird hier schon das L-PBF-Verfahren eingesetzt, bei dem Teile mit dem Laserstrahl aus Metallpulver additiv gefertigt werden – ein Verfahren, das als innovativ gilt und auch am ifw Jena noch intensiv erforscht und optimiert wird. Ähnliche Entwicklungen sind auch für die Laserbearbeitung von CFK zu erwarten.
Hinzu kommt, dass Leichtbau bei der Reduktion von Emission hilft, die im Automotive-Sektor zunehmend wichtiger wird. Faserverstärkte Kunststoffe und deren präzise Verarbeitung leisten dazu einen entscheidenden Beitrag.
Weiterhin spielt Leichtbau im Bereich der Luft- und Raumfahrt eine zentrale Rolle. Egal, ob bei Drohnen, Flugzeugen oder Satelliten: Gewichtsreduktion ist in jedem Fall ein relevanter Faktor.
Weil mit dem Laser beliebige Geometrien realisiert werden können, ohne spezielle Werkzeuge einzusetzen, ist das entwickelte Verfahren insbesondere für den Prototypenbau, die Fertigung von Einzelstücken und Kleinserien vorteilhaft.
Nicht zuletzt sind die erzielten Ergebnisse für Laser- und Maschinenhersteller relevant: Diese können ihr Portfolio gezielt auf Kunden ausrichten, die mit der Konfektionierung von Leichtbaumaterialien befasst sind.
Die Anwender der Leichtbauelemente selbst profitieren dabei von folgenden Vorteilen durch die Prozessentwicklung: Volle geometrische Flexibilität der Bearbeitung bei jedem einzelnen Werkstück, Verringerte Wärmeeinflusszone an den Schnittkanten und damit gesteigerte mechanische Fertigkeit des Werkstücks, Geringe Prozessdauer ohne vorherige Werkzeugfertigung
Der Transfer der Ergebnisse erfolgt sowohl durch Veröffentlichung auf Veranstaltungen und in Journalen als auch durch den direkten Kontakt mit Industriepartnern. Das ifw Jena bietet hierfür rund um den Prozess folgende Leistungen an: Beratung, Muster- und Kleinserienfertigung, Weiterführende Prozessentwicklung, Unterstützung bei der Prozessintegration in die Anlagen des Partners