Ziel der Entwicklung
Recyclingfasern aus der Pyrolyse oder aus dem mechanischen Recycling von trockenen Gewebeabfällen haben entweder kein oder nur ein zu Epoxidharzen kompatibles Sizing, weil die CFK lange Zeit duroplastisch basiert waren. Damit die Recyclingfasern auch in den immer weiter in den Fokus rückenden thermoplastischen CFK ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten können, müssen die Faser/Matrix-Grenzschichten der epoxy-geschlichteten Recyclingfasern auf die thermoplastischen Matrices angepasst werden. Hinzu kommt, dass Thermoplastschmelzen ein anderes Fließverhalten als flüssige duromere Harzsysteme aufweisen und damit die Infiltration der CF erheblich erschwert ist. Ziel des Projektes war es, die Imprägnierung und die Haftung durch physikalische und chemische Modifikationen der Matrix gezielt zu beeinflussen, um die Fertigung von leistungsfähigen thermoplastischen Faserverbunden mit dem Thermoformverfahren zu ermöglichen.
Vorteile und Lösungen
Folgende Wege zum Grenzschichtdesign wurden untersucht:
Der prozessbedingte Matrixfluss in das Fasergelege. Der Einfluss der rheologischen Matrixeigenschaften auf die Durchtränkung. Das Initiieren von molekularen Interaktionen zwischen der thermoplastischen Matrix und der Faserschlichte durch den Einsatz von chemischen Haftvermittlern. Das Abscheiden einer reaktiven Silikatschicht durch Flammenpyrolyse.
Die Veränderung der Oberflächenenergie der Fasern, die zu einer spontanen Imprägnierung durch Kapillarkräfte führt. Die physikalische / mechanische Verankerung des Polymers an der Faseroberfläche durch Erhöhung der Rauigkeit der Faseroberfläche.
Diese Untersuchungen erfolgten zunächst modellhaft an UD-Verbunden. Folgende Ergebnisse wurden erreicht:
Grundsätzlich lassen sich mit dem Einsatz von MSA-haltigen Haftvermittlern signifikante Effekte in den Grenzschichten zwischen epoxy-geschlichteten CF und einer PP-Matrix erzeugen. Die haftungsrelevanten Prüfwerte korrelieren mit dem Modifizierungsgrad im Haftvermittler und dem Anteil des Haftvermittlers in der Matrix. Gute Ergebnisse werden erreicht mit drei bis fünf Prozent Haftvermittler, der einem MSA-Gehalt >1,8% aufweist (Bild 1 und 2). Es konnten Korrelationen zwischen den rheologischen Matrixeigenschaften, der Imprägniergüte und den haftungsrelevanten Verbundeigenschaften, wie der interlaminaren Scherfestigkeit und der Zugfestigkeit quer zur Faserorientierung, identifiziert werden (Bild 3). Bei der Imprägnierung mit Matrixpulvern sind geringe Korngrößen von Vorteil, die in die Gelegestruktur penetrieren und kurze Fließwege im Faserhalbzeug ermöglichen. Auch mit Silan-gecoateten PA6-Matrixpulvern und dem Einsatz von CF-Rovings mit PA6-Sizing lassen sich die Imprägniergüte und die Faser/Matrix-Haftung verbessern. Aus der Flammsilikatisierung der CF-Halbzeuge wurden positive Effekte auf die Benetzung und die Faser/Matrix-Haftung erwartet. Diese konnten nicht nachgewiesen werden. Durch die hohe Flammentemperatur treten ein Anschmelzen und ein unkontrolliertes Schrumpfen der PES-Nähfäden im CF-Gelege auf. Verschiebungen der CF-Rovings in Lage und Orientierung sind die Folge, so dass mögliche positive Grenzschichteffekte überlagert werden. Es wurde eine Prüfmethode zur Charakterisierung des prozessbedingten Matrixflusses in den thermoplastischen Halbzeugen entwickelt. Die an den UD-Verbunden erarbeiteten Grenzschichteffekte konnten auf Verbunden mit rCF übertragen werden (Bild 4).
Zielgruppe und Zielmarkt
Die erarbeiteten Ergebnisse können kleine und mittelständische Unternehmen bei der Fertigung thermoplastischer Faserverbundwerkstoffe mit hoher Imprägniergüte und angepassten Faser/Matrix-Grenzschichten im Thermoformverfahren unterstützen. Damit können die Investitionskosten für die Presstechnik gering und die Zykluszeiten kurz gehalten werden.
Darüber hinaus können die Projektergebnisse genutzt werden, um epoxy-geschlichtete CF-Fasern aus Recyclingströmen zu thermoplastischen Faserverbunden zu verarbeiten, so dass diese in High-Performance-Thermoplast Anwendungen, wie zum Beispiel in vliesstoffbasierten Organoblechen, Einsatz finden können. Damit können Ressourcen gespart und Materialkreisläufe geschlossen werden. Der Technologietransfer setzt ein, indem, ausgehend von der anlagenseitigen Basis des interessierten Unternehmens, die Realisierbarkeit der am TITK entwickelten Prozesse bewertet wird. Ist die Machbarkeit grundsätzlich gegeben und eventuell mit der beim Anwender verfügbaren Anlagentechnik auch getestet, wird mit dem Partner ein Industrialisierungskonzept erstellt und der Technologietransfer mit konkreten Prozess- und Maschinenparametern gestartet. Für diese Zusammenarbeit werden Kooperationsverträge abgeschlossen. Generell sind potenzielle Interessenten für die Ergebnisse des FuE-Projektes Hersteller von thermoplastischen CF-Halbzeugen auf Basis von Tows, Geweben, Gelegen, Vliesstoffen sowie Bauteilhersteller als Zulieferer der OEMs. Das im Projekt erarbeitete Know-how zur Modifizierung der Grenzschichten, mit dem Ziel einer vollständigen Imprägnierung mit der thermoplastischen Matrix, eröffnet einen breiten Raum für Weiterentwicklungen und Optimierungen und damit ein entsprechendes Potential für anschließende FuE-Arbeiten im TITK. Darüber hinaus werden aus dem Projekt Direktbeauftragungen für Dienstleistungen und FuE-Beauftragungen aus der Industrie erwartet. Diese werden auf Basis von Kooperationsverträgen mit den Industriepartnern bearbeitet. Im Fokus stehen kleine und mittelständische Unternehmen aus den Branchen Automobil, Transport, Maschinenbau und Konsumartikel.