Ziel der Entwicklung
Acrylatklebstoffe sind faszinierende Alleskönner, die in der industriellen Fertigung traditionelle Fügeverfahren wie Schrauben, Nieten und Schweißen mehr und mehr ersetzen. Sie eignen sich vorzüglich für dynamische Belastungen und können auch unterschiedliche Materialien dauerhaft verbinden.
Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung haben Acrylatklebstoffe aber auch Nachteile. Besonders ist dies ihre sehr hohe Brennbarkeit. Im Bau- und Transportsektor ist der Einsatz von Acrylatklebstoffen daher mit Risiken verbunden. Unternehmen der Klebstoff-Industrie suchen nach Lösungen, mit denen die Brandgefahr gesenkt werden kann, ohne die positiven Eigenschaften des Klebstoffs zu beeinträchtigen.
Vorteile und Lösungen
Das Institut für Kunststofftechnologie und -recycling untersuchte in einem zweijährigen Projekt zwei neue phosphorhaltige Flammschutzmittel. Beide Wirkstoffe sind frei von Halogenen und Schwermetallen und können schnell und einfach aus gut verfügbaren Ausgangsstoffen hergestellt werden. Bei allen Substanzen handelt es sich um Feststoffe mit hohem Phosphorgehalt und guter Flammschutzwirkung.
Anschließend wurden kommerzielle Acrylatklebstoffe ausgewählt und charakterisiert. Wie erwartet waren alle Klebstoffe sehr leicht entzündlich und gut brennbar.
In den folgenden Arbeiten wurden die Acrylatklebstoffe mit den Flammschutzmitteln versetzt. Es wurden Proben mit unterschiedlichen Konzentrationen der Wirkstoffe hergestellt. Es wurde untersucht, wie sich das Fließverhalten, die Aushärtungsgeschwindigkeit, die Härte und die Biegbarkeit der Klebstoffe ändern. An Klebungen wurden Zugversuche und Schälversuche durchgeführt. Einen Schwerpunkt der Untersuchungen bildete das Brandverhalten.
Optimale Eigenschaften wurden für einen Masseanteil von zehn Prozent des Flammschutzmittels gefunden. Der ausgerüstete Klebstoff kann trotz einer leicht erhöhten Viskosität mit industrieüblichen Doppelkartuschen dosiert werden. Der Klebstoff härtet unverändert aus. Die mechanischen Eigenschaften des ausgehärteten Klebstoffs bleiben im Wesentlichen gleich. Die Shore-Härte steigt leicht an, während das Biegemodul etwas fällt. An Verklebungen wird eine geringe Abnahme der Zugscherfestigkeit festgestellt, die jedoch nicht kritisch ist.
Der ausgerüstete Klebstoff zeigt eine deutlich reduzierte Brennbarkeit. Die Brandausbreitungsgeschwindigkeit nach UL94 reduziert sich auf die Hälfte. Der Klebstoff erhält die Einstufung „HB“. Klebeverbunde mit PVC bestehen die Brandprüfung für Baustoffe DIN 4102 und erhalten die Einstufung „B2“.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die wirtschaftliche Betrachtung der Entwicklung fällt positiv aus. Aktuell kostet eine handelsübliche 50 ml-Doppelkartusche mit einem Acrylatklebstoff etwa 12 bis 15 Euro. Die flammwidrige Ausrüstung würde diesen Preis nach Schätzung des IKTRs um etwa zwei bis drei Euro erhöhen. Dieser Mehrpreis wird durch eine deutliche Aufwertung des ausgerüsteten Klebstoffs gerechtfertigt.
Das Institut für Kunststofftechnologie und -recycling möchte zu einer reibungslosen Markteinführung der Flammschutzmittel beitragen. Neben dem Preis spielt hier die Verfügbarkeit des Flammschutzmittels eine Rolle. Derzeit wird der Wirkstoff im 1 kg-Maßstab hergestellt. Es wird an einem Verfahren gearbeitet, mit dem pro Ansatz 20 kg produziert werden können. Ein solcher Ansatz erlaubt die flammwidrige Ausrüstung von 4.000 Kartuschen im Wert von etwa 70.000 Euro. Eine weitere Skalierung erscheint möglich.
Das Institut für Kunststofftechnologie und -recycling ist an der Kooperation mit kleinen und mittleren Unternehmen interessiert und und bietet ihnen freien Zugang zu den Forschungsergebnissen. Es möchte die Unternehmen bei der Umsetzung der Entwicklung in marktfähige Produkte unterstützen.