Ziel der Entwicklung
Der Transport von Getränken in Deutschland hat mit seiner Menge und den hohen Gewichten im gesamten Gütertransport einen wesentlichen Anteil. Weiterhin ist dieser von einem starken Spitzensaisongeschäft (April bis September) geprägt. Getränkeladungen werden überwiegend mit seitlich zu öffnenden Schiebe-Planen-Aufliegern (auch Curtainsider genannt), baugleiche Wechselbehälter oder Schwenkwand-Aufbauten transportiert, um ein besonders schnelles Ent- und Beladen mit großen 8t-Industriestaplern von der Fahrzeugseite zu ermöglichen.
Bei zertifizierten Fahrzeugen für den Getränketransport (nach DIN EN12642 Code XL Anhang B für Getränke) sind keine weiteren seitlichen Transportsicherungen für die Getränke-Ladeeinheiten notwendig, da diese von dem Aufbau und der Plane übernommen werden, was ein wesentlicher Unterschied zu anderen Transportgütern ist. Kästen, die als Säule gestapelt sind, haben einen hohen Schwerpunkt und überschreiten den Kipppunkt schon bei geringen seitlichen Belastungen (Querbeschleunigungen > 0,15 g). Der Prozess des Ankippens wird aber durch den seitlichen Fahrzeugaufbau sogleich abgefangen und nach dem Ende der Belastung stellen sich die Kästen wieder als Säule auf. Hierbei fungiert der gesamte Fahrzeugaufbau als Zurrmittel bei formschlüssiger Beladung. Begrenzte dynamische Bewegungen vom Ladegut sind also zulässig und beeinträchtigen nicht die Sicherheit.
Nach der Verladung ist dann eine Überwachung des Laderaumes nicht mehr ohne weiteres möglich. Es kann Fahrsituationen geben, bei denen unmittelbar danach eine Überprüfung der Ladung z.B. möglicher verhakter Kastenware sinnvoll ist. Am Markt gibt es hierfür Kamerasysteme, die dem Fahrer eine solche Prüfung technisch ermöglichen. Allerdings sind dies zusätzliche optische Systeme, die den Fahrer möglicherweise während der Fahrt ablenken können. Ein Assistenzsystem, welches durch eine permanente Sensorik das Fahrpersonal nur bei einer dauerhaften Anomalie im Laderaum informiert, ist daher die Zielsetzung.
Das Sensorsystem würde gleichzeitig auch die Arbeitssicherheit erhöhen, wenn es vor einer eventuellen Gefahr warnt, bevor die Seitenplane oder der Schwenkwandaufbau durch das Fahrpersonal geöffnet wird.
Eine Analyse der Datenaufzeichnung von bereits erfolgten Warnungen könnte auch künftig für eine Frühwarnung vor gefährlichen Straßenbedingungen anderer Fahrzeuge genutzt werden.
Vorteile und Lösungen
Das entwickelte Sensorsystem, welches mit TOF-Technologie arbeitet, liefert zuverlässige Daten für die Überwachung der Ladung auf der Ladefläche. Dies konnte durch eine Abstandsmessung zwischen Laderaumdach und Ladegut erreicht werden. Nach einer Analyse der Rahmenbedingungen wurde zusammen mit Experten ein technischer Anforderungskatalog erstellt. In Zusammenarbeit mit einem Sensorhersteller konnte dann ein erster Prototyp für die TOF-Abstandsmessung erstellt werden. Hierbei wurden auch die verschiedenen Oberflächen der Getränkeladeeinheiten, bestehend aus Kunststoffkästen oder Fässern aus Edelstahl, in Vorversuchen an der VLB erfolgreich untersucht.
Daraus entstand dann eine Baugruppe mit mehreren TOF-Sensoren, um das gewünschte Areal für die Messung zu erfassen. Um eine Verschiebung der Ladung bzw. ein Ankippen der Getränkekästen zu simulieren, kam u.a. die Bewegungsplattform der VLB zum Einsatz.
So konnte die geeignete Position der Abstandsmessung ermittelt werden, ohne einen kompletten Lkw auszustatten.
Da die TOF-Sensoren in den Vorversuchen sehr genaue Daten lieferten, konnte schließlich in den weiteren Anpassung die Anzahl der Sensoren pro Ladeeinheitenfeld deutlich reduziert werden. Letztendlich kam beim praktischen Fahrtest nur noch ein Sensor pro Palette für die Messung zum Einsatz.
Im Gegensatz zu permanenten Kameraüberwachungssystemen arbeitet die entwickelte Lösung als Assistent im Hintergrund und warnt den Fahrer nur im Fall einer möglichen Gefahr.
Zielgruppe und Zielmarkt
Durch das hier erprobte prototypische Assistenzsystem können die Nutzfahrzeughersteller bzw. deren Zulieferindustrie ein Zubehör-Produkt für Lkw-Fahrer weiterentwickeln. Unternehmen der Elektronikfertigung werden als Hersteller und Lieferant der Systemkomponenten für das Ladungssicherheitssystem agieren.
Als Endkunden würden dann insbesondere Unternehmen der Getränkeindustrie mit eigenem Fuhrpark oder Getränkefachgroßhändler ihre Fahrzeuge ausstatten, da hier nach wie vor sehr viele Mehrweggebinde zum Einsatz kommen.
Ausgehend vom Getränkekonsum in Glasflaschen und Bierfässern in Deutschland werden jährlich zirka 35 Millionen Paletten mit Hilfe dieser Mehrwegverpackungen transportiert. Geht man davon aus, dass ein Lkw im Schnitt 30 Paletten befördert, errechnen sich daraus zirka eine Million Lkw-Transporte. Hierbei werden die Ladeeinheiten zunächst mit größeren Lkw beim Herstellerbetrieb abgeholt und für die Verteilung in den Supermärkten, Getränkeabholmärkten und der Gastronomie auf kleinere „Verteiler-Lkw“ umgeladen. Dies wird zum großen Teil vom Getränkefachgroßhandel durchgeführt, der dafür große getränkespezifische Lkw-Flotten unterhält.
Um die Getränke- und auch die Nutzfahrzeughersteller zu informieren, veranstaltet die VLB regelmäßige öffentliche Fachtagungen, bei denen u.a. Forschungsergebnisse präsentiert werden. Als führende Informationsplattformen können hier die „Maschinentechnische Arbeitstagung der VLB“ und der „VLB-Logistikfachkongress für die Getränkebranche“ genannt werden. Ein spezielles Expertentreffen – die VLB-Fachtagung Ladungssicherung für Getränke – wird im zweijährigen Rhythmus durch die VLB organisiert und beschäftigt sich speziell mit dem Thema Ladungssicherung bei Getränketransporten. Weiterhin werden regelmäßig Artikel in der eigenen Fachzeitschrift „BRAUEREI-FORUM“ zu FuE-Ergebnissen sowie den daraus entstehenden Produkten und Dienstleistungen veröffentlicht (www.brauerei-forum.de).