Ziel der Entwicklung

Logo: Aufbau des Laborröntgenreflektometers LaReX, © Frank Wagner – IAP e. V.
Aufbau des Laborröntgenreflektometers LaReX, © Frank Wagner – IAP e. V.

Für die Entwicklung von neuen Werkstoffen und funktionellen Materialien müssen die strukturellen, dynamischen und funktionellen Zusammenhänge auf atomarer Ebene untersucht werden und verstanden sein. Besonders die Bereiche der kondensierten Materie und Lebenswissenschaften haben durch die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre auf dem Gebiet der weichen Röntgenstrahlung neue „Werkzeuge” zur Untersuchung bereitgestellt bekommen. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat hier im Wesentlichen die Bereitstellung der nächsten Generation von hoch brillanten Röntgenlichtquellen, wie Freien Elektronen Lasern (FEL) oder Linearbeschleunigern mit Energierückgewinnung (ERL). Parallel hierzu wurden aber auch kompakte Laborröntgenquellen wie Hohe Harmonische (HHG) oder lasergenerierte Plasmaquellen (LPP) entwickelt, die sich durch ihre Flexibilität und breite Einsetzbarkeit als Ergänzung zu den Großgeräten etablieren konnten. Nachteil ist jedoch, dass diese Laborquellen einen um mehrere Größenordnungen geringeren Röntgenphotonenfluss als Synchrotron- oder FEL–Quellen emittieren. Laborröntgenquellen können für orts- und zeitaufgelöste Strukturuntersuchungen verwendet werden und sind beispielsweise für „Pump-Probe” Experimente besonders gut geeignet, wo auf relativ einfache Weise der gepulste Treiberlaser mit dem Röntgenpuls synchronisiert werden kann (Jitter). Wesentliche Anwendungen sind XAS (X-ray absorption), XES (X-ray emission), RIXS (resonant inelastic X-ray scattering), XRF (fluorescence), XRD (diffraction) oder auch PES (Photoelektronenspektroskopie). Der erwähnte schwache Röntgenphotonenfluss der Laborquellen verlangt von der Herstellungstechnologie für hocheffiziente optische Elemente höchste Präzision und auch neue Fertigungstechniken, was derzeit an die Grenzen des technisch Machbaren stößt. Neue innovative Entwicklungen auf diesem Gebiet sind hier demnach zu erwarten, um die Bedürfnisse und Nachfragen befriedigen zu können. Ein essenzieller Aspekt ist hierbei die Qualitätssicherung; ohne eine effiziente, kostengünstige, zeitsparende und handhabbare Technologie, kann es auf diesem Gebiet keine kommerziellen Fortschritte geben und somit können auch keine neuen hocheffizienten und kostengünstigen optischen Elemente entwickelt und angeboten werden. Derzeit finden die Messungen für die Entwicklung von optischen Elementen und deren Qualitätskontrolle überwiegend an Großgeräten statt. Für die Bereitstellung von Strahlzeiten entstehen hohe Kosten und es ist ein erheblicher administrativer Aufwand erforderlich. Da es hier an Alternativen zu den Großgeräten mangelt, wird ein kommerzielles Laborgerät für die metrologischen Untersuchungen und Charakterisierungen von optischen Elementen ein Alleinstellungsmerkmal besitzen. Dieses Laborgerät ist als sinnvolle und notwendige Ergänzung zu den Großanlagen zu verstehen, da jene Geräte nicht an die Qualität und Brillanz eines Synchrotrons oder FEL heranreichen werden, wohl aber für die meisten Qualitätsuntersuchungen und für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten genutzt werden können.

Vorteile und Lösungen

Zur Entwicklung und Realisierung eines Laborröntgenreflektometers für den weichen Spektralbereich mussten die folgenden Komponenten entwickelt und z. T. selbst oder als Fremdleistung hergestellt werden:
Eine Röntgenquelle zur Erzeugung intensiver Strahlung im weichen Spektralbereich mit einem minimalen Brennfleck,
– ein Strahlführungs- und Formungssystem,
– eine Probenkammer mit Halterungs- und Justageelementen sowie Detektoren
– eine Steuerungselektronik mit passender Software.
Die Röntgenquelle wurde gemeinsam mit der Firma rtw RÖNTGEN-TECHNIK DR. WARRIKHOFF GmbH und Co. KG als Unterauftragnehmer entwickelt. Die Aufgabe der Firma rtw bestand in der Entwicklung einer leistungsstarken Elektronenstrahlquelle mit einer Elektronenoptik, die eine Brennfleckgröße von zirka 10 Mikrometer auf dem Target bei einer Beschleunigungsspannung von 4,9 kV ermöglicht. Der Strahlstrom sollte unter diesen Bedingungen möglichst groß sein, damit eine hohe Röntgenintensität für verschiedene Targetmaterialien erzielt werden kann. Unter Beachtung einer langen Lebensdauer der Kathode
(> 2000 h) wurden die folgenden Parameter der Elektronenstrahlquelle nachgewiesen: Beschleunigungsspannung 4,8 kV, Brennfleckgröße
10 Mikrometer x 18 Mikrometer bei einem Targetstrom von 284 Mikroampere. Zur Anregung von charakteristischer Röntgenstrahlung verschiedener Energien wurde ein wechselbarer Targethalter entwickelt, konstruiert und aufgebaut, mit dessen Hilfe die Materialien Mo, Ag, Al und C in den Elektronenstrahl gebracht werden konnten.
Die Strahl-Formungs- und -Führungseinheit ist derart modular aufgebaut, dass mit passenden Vakuum-komponenten, wie Rohre, Membranbalge, die optische Wegstrecke den zu untersuchenden optischen Elementen und ihren Parametern wie Fokuslänge angepasst werden kann. Diese Halterungen sind für Mono-, Polykapillar- und Mandreloptiken entwickelt worden und erlauben auch eine Justage der entsprechenden Optiken in der Probenkammer unter Vakuumbedingungen. Die Detektorsysteme zum Nachweis der Röntgenstrahlung umfassen eine CCD-Kamera, einen Silizium-Drift-Detektor und eine am Helmholtz-Zentrum Berlin (BESSY II) kalibrierte Diode.
Für die Elektronik wurde das Konzept eines Bussystems verwendet. Die Evaluation der Ergebnisse und weitere Recherchen haben das System des Can-Bus als Lösung für die Steuerung der Aktuatoren ergeben.
Die Arbeiten an der Software erfolgten in zwei Phasen. Die erste realisiert die Messungen (impliziert das Monitoring und Controlling) via LabView. Die weiteren Arbeiten zur Umsetzung in eine Programmstruktur via c/c++ laufen derzeit noch. Zwei wesentliche Aspekte kommen hier zum Tragen. Erstens die Einbindung in eine Firmensoftware, die weitere Geräte des IAP berücksichtigt. Zweitens die Berücksichtigung der Kundenwünsche und hier im Speziellen zunächst die der ersten Pilotkunden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das Reflektometer soll in erster Linie zur Qualitätskontrolle von Röntgenoptiken im weichen Spektralbereich (30 eV – 5keV) eingesetzt werden. Derartige Optiken kommen an Synchrotronen und freien Elektronenlasern zum Einsatz und werden in letzter Zeit auch zunehmend an Laborquellen wie z. B. HHG`s und Laserplasmaquellen angewendet. Für den Einsatz an Spektrometern ist insbesondere die Effizienz von röntgenoptischen Systemen von besonderer Bedeutung, da dieser Parameter die Messzeit entscheidend beeinflusst.
Im Report of the Basic Energy Sciences Workshop on X-Ray Optics for BES Light Source Facilities wurde der US – Markt für Synchrotron-Spiegel und Gitter auf 5 Mio. USD pro Jahr für 2013 abgeschätzt. Inzwischen ist dieser Markt deutlich gewachsen, da die erwähnten Laborquellen neben Synchrotronen und FELs in vielen Forschungseinrichtungen eingesetzt werden.
Mit der wachsenden Nachfrage nach Gittern, Spiegeln und anderen optischen Bauelementen für diesen Energiebereich, werden Labormessgeräte für die Qualitätsprüfung zunehmend auch im Industriebereich benötigt.
Der Markt für Spektrometer ist im Wachsen begriffen, wie aus dem Report der Firma Grand View Research hervorgeht. Diese gibt für 2021 bereits ein Marktvolumen von 15,2 Mrd. USD and und prognostiziert für 2028 ein Volumen von 24,5 Mrd. USD mit jährlichen Zuwachsraten von 7.2 %. hervorgeht.
Endkunden sind Hersteller von verschiedenen Röntgenoptiken, Röntgenspiegeln, Röntgengittern, staatliche Einrichtungen des Mess- und Prüfwesens (PTB, BAM; u.a.) sowie Großforschungseinrichtungen. Es ist aus gegenwärtiger Sicht noch nicht sicher abschätzbar wie schnell und in welcher Höhe die Nachfrage auf den genannten Märkten steigen wird.
Für einen erfolgreichen Markteintritt ist zunächst der Nachweis zu erbringen, dass das Reflektometer exakte Messungen von Effizienzwerten verschiedener optischer Elemente liefert. Dazu wurden bereits erste Vergleichsuntersuchungen am BESSY II im HZB durchgeführt. Erste Ergebnisse wurden auf dem OSA High-brightness Sources and Light-driven Interactions Congress 2020 präsentiert. Um ins-besondere Hersteller von Röntgengittern zu überzeugen, sollte ein Pilotkunde aus diesem Kreis gewonnen werden, der seine Produkte mit Zertifikaten ausstattet, die Messergebnisse von einem solchen entwickelten Reflektometer enthalten. Hier bietet sich das Unternehmen Nano Optics Berlin GmbH an, mit dem das IAP seit Jahren eng zusammenarbeitet. Ein weiteres dafür in Frage kommendes Unternehmen ist die Diffractive Optics Solutions GmbH (DIOS), dessen Gründer Dr. Bruno Nelles in Fachkreisen großes Ansehen genießt.
Neben dem bereits erwähnten Einsatz des Laborreflektometers bei der Qualitätskontrolle von Spiegeln und anderen röntgenoptischen Elementen ist weiterhin das wichtige Gebiet der Justage und Kalibrierung von Röntgenspektrometern erwähnenswert. Zu den in diesem Markt aktiven Herstellern zählen solche renommierten Unternehmen wie Thermo Fisher Scientific, Inc.; PerkinElmer, Inc.; Agilent Technologies; Waters Corporation; Shimadzu Corporation; Bruker Corporation; JEOL Ltd.; FLIR Systems, Inc.; Endress+Hauser Group; MKS Instruments, Inc., AMETEK (Spectro), Hitachi, und HORIBA. Mit der in Berlin ansässigen Firma Bruker Nano GmbH, die zur Bruker Corporation gehört, unterhält das IAP enge Kooperationsbeziehungen. Auch hier ist damit ein geeigneter Transferpartner gefunden.
Erste Abschätzungen ergeben einen realistischen Verkaufspreis von 350 T€ pro Laborröntgenreflektometer LaReX bei Selbstkosten von 150 T€. In 2023 könnte ein Gerät verkauft werden, für die weiteren Jahre werden 2 verkaufte Geräte pro Jahr prognostiziert. In Abhängigkeit von den tatsächlichen Marktentwicklungen und den Entscheidungen der Mitglieder des IAP e.V. ist letztlich zu klären, ob eine Ausgründung erfolgt oder ein kompetenter Industriepartner für die Fertigung und den Vertrieb des Reflektometers gewonnen werden sollte.