Ziel der Entwicklung
Unter dem Begriff Digitale Bildanalyse wird im Allgemeinen die automatisierte Gewinnung von visuellen Informationen aus digitalen Bildern verstanden. Hierzu bedarf es einer speziell an das Problem angepassten Software zur Auswertung der Bilddaten in Kombination mit einer geeigneten Hardware als Bildquelle. Je nach Anforderung kommen als Bildquellen CCD-Kameras oder Zeilenkameras in Betracht. Die Software dient zur Bildaufbereitung, Segmentierung und Interpretation der Bilder.
Bei Laborbildanalyseverfahren ist die Beleuchtung ein wichtiger Aspekt. Jedes Problem, das mit Hilfe von bildanalytischen Systemen gelöst werden soll, bedarf in jedem Fall der Konzeption optimal einsetzbarer Aufnahmeanordnungen. Dies betrifft insbesondere die Untersuchung von entsprechender Kamera- und Beleuchtungstechnik.
Basierend auf dieser Erkenntnis haben sich seit der Jahrtausendwende zur Analyse rieselfähiger Partikel geeignete Geräte im Laborbereich etabliert, die wie zum Beispiel QuicPic oder CAMSizer in der Lage sind, Schüttgüter in weiten Partikelgrößenbereichen zu analysieren.
Für alle anderen Proben, die nicht in diese Kategorie fallen oder für unregelmäßig bzw. selten anfallende Fragestellungen im Laborbetrieb stellt die Scannertechnik eine sinnvolle Möglichkeit zur Bildaufnahme für die Roh- und Werkstoffcharakterisierung unter optimierten Lichtbedingungen dar, mittels der Ausleuchtungs- und Auflösungsprobleme minimiert werden können. Dementsprechend wird in den Laboren der Projektpartner seit mehreren Jahren zur Bestimmung verschiedener Parameter an wechselnden Proben als Labormethode die Scannertechnik verwendet.
Dabei kommt der Probenvorbereitung aus mehreren Gründen eine zentrale Bedeutung zu.
Eine zu starke Überlagerung von Partikeln ist rechnerisch kaum kompensierbar, muss also möglichst vermieden werden. Das Dispergieren von Partikeln bzw. Fasern ist oft schwierig, aber für ein hinreichendes Messergebnis notwendig. Der Nutzer ist gezwungen abzuwägen, ob Präparationsaufwand, Zeitbedarf und Genauigkeit noch in entsprechendem Verhältnis stehen.
Im Ergebnis liefert die Bildauswertung mehr Ergebnisse als z. B. eine Siebanalyse — insbesondere bezüglich der Größenverteilungen für Länge, Breite und/oder Formfaktoren. Darüber hinaus gibt es Fragestellungen wie z. B. in der Holztechnologie bzgl. der Anteile von Fasern und Strands (große Holzpartikel) oder Spänen in der Plattenoberfläche, die nur mittels Bildauswertung messbar sind.
Aus Vergleichsuntersuchungen ist bekannt, dass alle bildanalytischen Methoden ihre Grenzen in der Auswerteroutine hinsichtlich unzureichender Dispersion der Partikel, des Messbereiches und der Auflösung haben. Bei vergleichbarer optischer Auflösung und bei geeigneter Gewichtung und Skalierung ergeben sich sehr ähnliche Verteilungen für die Partikellänge und das Verhältnis Länge zu Breite sowie vergleichbare Perzentile.
Eine Normung solcher Verfahren ist sowohl aus Gründen der Reproduzierbarkeit als auch der Vergleichbarkeit der Messwerte notwendig, aber im Bereich der bildanalytischen Größenbestimmung bislang nur teilweise erfolgt. Die DIN ISO 9276–1 bis –4 legen die Parameter für die einheitliche Auswertung, die grafische Darstellung der Ergebnisse und die Fehlerbetrachtung fest. Die Aufnahme der Bilder und die Kalibrierung der Messanordnung werden bisher im Wesentlichen gerätespezifisch lediglich durch Anweisungen der Hersteller abgedeckt. Die Art und Weise der Vorbereitung von Proben für die statische bildanalytische Messung wird darin nicht erfasst.
Dies führt bei steigender Bedeutung der statischen Bildanalyse insbesondere zu Schwierigkeiten in den Akkreditierten Labors von Forschungsinstituten und Auftragslaboratorien. Die Eignung des Verfahrens zur universellen Messung verschiedener Formparameter, verbunden mit der statistischen Absicherung der Ergebnisse, verleitet zum häufigen Einsatz der Methode bei unbekannten Fragestellungen oder Einzelproben. Unterschiedliche Probenvorbereitungen sowie abweichende Aufnahme- und Messparameter führen jedoch zu starken Abweichungen der Resultate. Damit ist weder die Reproduzierbarkeit der Messungen im ausführenden Labor noch die Vergleichbarkeit von Messergebnissen zwischen unterschiedlichen Labors z. B. bei Rundtests gegeben.
In diesem Projekt wurde die Probenvorbereitung für verschiedenste, nicht rieselfähige Materialien durch Erarbeitung optimierter Probenvorbereitungsmethoden vereinheitlicht.
Die Herangehensweise unterschied sich in der Methodenentwicklung zwischen faserförmigen und nicht faserförmigen Partikeln.
Ziel war die Erstellung eines Referenzhandbuchs zur standardisierten Probenvorbereitung für die Bildanalyse.
Der explizite Eingang der gewonnenen Erkenntnisse in eine Norm wird angestrebt.
Vorteile und Lösungen
Im Projekt wurde die Probenvorbereitung für verschiedenste Materialien durch Erarbeitung optimierter Probenvorbereitungsmethoden vereinheitlicht. Die Herangehensweise unterscheidet dabei in der Methodenentwicklung zwischen faserförmigen und nicht faserförmigen Partikeln.
Zur Bearbeitung der Problemstellung wurde ein ganzheitlicher Lösungsansatz in Form aufeinander abgestimmter VF-Vorhaben gewählt. Hintergrund dafür ist insbesondere die selbstständige Untersuchung der unterschiedlichen Partikelarten und die anschließende Kreuzvalidierung der Ergebnisse beim korrespondierenden Akkreditierten Labor (siehe Vorhaben 49VF200016 des FIBRE).
Zu Beginn der Arbeiten wurden Proben und Problemlösungen zu ungelösten Fragestellungen bezüglich der Probenvorbereitung und Auswertung faserförmiger Partikel zusammengetragen.
Anschließend folgte ein Clustering unterschiedlicher Anforderungsfälle zur Definition charakteristischer Materialgruppen. Zum Zweck des institutsübergreifenden Austauschs mit dem FIBRE fanden zwei Projektworkshops im Juni 2021 sowie im Mai 2022 statt. Die Entwicklung vereinheitlichter Vorschriften zur Probenvorbereitung folgt streng dem Schema, das sich aus dem Clustering ergibt.
Nach Zuordnung einer Probe zu einer Materialgruppe sind in dieser Reihenfolge die Fragen nach Homogenität und erforderlicher Probenmenge in einem vorgegebenen Rahmen zu beantworten. Die sich daraus ergebende Art der Probenpräparation (direkt bzw. nach Vorpräparation) kann nun für die unterschiedlichen Fälle detailliert beschrieben werden. Darauf aufbauend wurden für die einzelnen Fallgruppen Scanparameter identifiziert, die für die jeweilige Fallgruppe zwingend zu beachten oder überwiegend zu empfehlen sind.
Anlässlich eines dritten Workshops wurde ein intensiver Austausch zur Überprüfung der Vorschriften begonnen. Neben den inhaltlichen Diskussionen stand die Planung und Vorbereitung des öffentlichen Workshops für externe Interessenten im Mittelpunkt, der Januar 2023 in der Baumwollbörse Bremen stattfand. An diesem Workshop nahmen 16 externe Teilnehmer aus elf verschiedenen Institutionen teil. Dort wurde der Entwurf des Referenzhandbuchs zur Diskussion gestellt. Der Workshop bot für die Veranstalter neue Erkenntnisse hinsichtlich Probenvielfalt und -beschaffenheit sowie lieferte die Rückkopplung zur Ergänzung des Referenzhandbuchs.
Im abschließenden vierten internen Workshop März 2023 wurde nach Auswertung des öffentlichen Workshops die Endredaktion für das Referenzhandbuch vorgenommen. Neben der Finalisierung des Textes wurden auch die im Internet zu präsentierenden Begleitvideos festgelegt.
Zur Kreuzvalidierung fand Ende 2021 ein erster Austausch von Proben zwischen den Partnern statt. Diese Arbeiten wurden im Laufe des Jahres 2022 in beiden Instituten fortgesetzt und die jeweils erzielten Ergebnisse auf den Workshops in Mai 2022 und Oktober 2022 intensiv diskutiert.
Im Ergebnis des Vorhabens wurde ein Referenzhandbuch veröffentlicht, das eine klare Beschreibung der vereinheitlichten Probenvorbereitung der erfassten Materialklassen sowie Empfehlungen zu sinnvollen Analyse- und Auswerteparametern für einzelne Fallgruppen umfasst. Die beschriebenen Probenvorbereitungsmethoden wurden zusätzlich filmisch anschaulich dokumentiert. Die zugehörigen Videos sind mittels QR-Codes im jeweiligen Kapitel des Referenzhandbuchs verlinkt und können von den Nutzern direkt am Laborarbeitsplatz abgerufen werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Alle Labors, die Bildverarbeitungssoftware zur Erfassung und Auswertung geometrischer Parameter partikelartiger Proben einsetzen, profitieren von einer standardisierten Probenvorbereitung.
Sowohl im FIBRE als auch im STFI werden die Ergebnisse dieses Projekts bereits jetzt im Bereich der Bildanalyse genutzt. Weitere Forschungsinstitute wie zum Beispiel das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB), Potsdam-Bornim, sind mittelbar beteiligt und haben ebenfalls mit der Umsetzung begonnen.
Die im Rahmen des Projekts gewonnenen Erkenntnisse werden von den beiden Instituten in folgender Form gemeinsam vermarktet:
- Vorträge / Präsentationen auf Fachtagungen (Strutex, ICNF, re4tex)
- Veröffentlichung in der Fachpresse (Melliand)
- Links auf den Webseiten beider Institute zu den Forschungsergebnissen
- Nutzung der Ergebnisse für die Lehre
- Präsentationen in Zusammenarbeit mit Anbietern von Bildanalyse-Systemen auf Fachmessen
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sind über die Anforderung des Schlussberichts sowie durch die erfolgten Veröffentlichungen allen interessierten Unternehmen und Institutionen zugänglich.