Ziel der Entwicklung
Das Hauptziel lag in der Entwicklung eines funktionellen, marktfähigen Hygienetextils auf Vliesstoffbasis, das aus mehreren Schichten mit unterschiedlichen Eigenschaftsprofilen besteht, wie im Folgenden zusammengefasst: vollständig aus biobasierten und ökologisch unbedenklichen Materialien, Tragekomfort, Haptik und Barrieresicherheit sind zu gewährleisten, Wasseraufnahmekapazität von 15 g/g, Wasserrückhaltevermögen von > 50 %, das Grundgewicht des Gesamtverbundes sollte 220 g/m² nicht überschreiten. Die Vliesstoffschichten sollten für Damenhygieneartikel, Babywindeln und Inkontinenzartikel einsetzbar sein.
Vorteile und Lösungen
Für die Entwicklung wurden vielversprechende Vliesstoffstrukturen für das Topsheet, den ADL, die Saugschicht und das Backsheet erzeugt und mithilfe textilphysikalischer sowie anwendungsrelevanter Prüfungen validiert. Daraus ergaben sich vier Meilensteine, die die jeweiligen Best-Practice Varianten für die einzelnen Vliesstofflagen im Hygieneverbund darstellen.
Aus diesen positiven Zwischenergebnissen konnten in semiindustriellen Upscalingversuchen die Industrietauglichkeit und Umsetzbarkeit nachgewiesen werden. Weiterhin wurden Demonstratoren konfektioniert, die in den Bereichen Femcare und Babycare aussagekräftig die Projektergebnisse veranschaulichen konnten und können. Der Hygieneverbund mit den Best-Practice Varianten konnte zudem folgende sehr positive Eigenschaften, wie eine Wasseraufnahmekapazität von 26 g/g bei einer Gesamtflächenmasse von nur 205 g/m² erreichen. Damit wurden Ergebnisse erzielt, die marktvergleichbaren Produkten entsprechen. Ein geringes Gesamtgewicht zur Materialeinsparung und eine gleichzeitig ausreichende Performance genügen somit den Projektanforderungen vollumfänglich.
Zielgruppe und Zielmarkt
Zielgruppen für die ökonomische Verwertung der geplanten FuE-Ergebnisse lassen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette finden. Faserhersteller sehen sich in der Pflicht, die notwendige Menge erforderlicher Fasern aus biologisch abbaubaren Materialien zur Verfügung zu stellen. Vliesstoffproduzenten stellen sich der Nachfrage nach ökologisch unbedenklichen Materialien. Die Spunlace-Technologie, die hinsichtlich Wasser- und Energieverbrauch sehr konsequent und mit hohem Industrieinteresse weiterentwickelt wurde und wird, besitzt in diesem Segment die größte Bedeutung. Da langfristig die gesamte Industrie im Bereich Single Use Articles ökologisch, nachhaltig und soweit möglich kunststofffrei produzieren muss, kann dieses Forschungsvorhaben einen weiteren sehr wichtigen Meilenstein auf dem Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit und weg von Müllbergen aus Single-Use-Plastik darstellen.
In Deutschland beträgt der Umsatz im Segment Windeln ca. 850 Mio. € im Jahr 2023. Bis 2027 soll das jährliche Umsatzwachstum auf ca. 3,39 % steigen, was einen Umsatz von ca. 980 Mio. € verspricht. Das Marktvolumen von Windeln wird für 2027 auf 111,60 Mio. kg geschätzt.
Im Bereich Inkontinenztextilien wird für 2023 ein Umsatz von 620 Mio. € in Deutschland erwartet, der sich bis 2027 auf ca. 670 Mio. € steigern soll. Dabei wird ein Absatz von 102,7 Mio. kg Material für 2027 prognostiziert.
Ebenfalls enormen Anteil an dem Marktsegment Hygiene besitzen Textilien aus dem Bereich Femcare, hauptsächlich saugfähige Damenbinden, Tampons und Einlagen. Im Jahr 2023 liegt der Umsatz für Damenhygiene in Deutschland bei ca. 810 Mio. € und wird sich bis 2027 auf ca. 880 Mio. € steigern. Im Bereich Damenhygiene wird weniger Material als bei Inkontinenzprodukten und Windeln umgesetzt. Dennoch ist das für 2027 prognostizierte Marktvolumen mit 47,86 Mio. kg enorm hoch und bedeutungsvoll für die Textilbranche.
Im erweiterten europäischen Bereich wurden in den Jahren 2017 – 2019 ohne große Unterschiede jeweils 10 Mrd. Inkontinenzartikel, 55 Mrd. Damenhygieneprodukte und etwa 34 Mrd. Babywindeln im Einzelhandel umgesetzt.
In Europa leben ca. 120 Mio. Frauen im Alter von 10 bis 54 Jahren, die auf die Anwendung von saugfähigen Hygienevliesstoffen, wie Slipeinlagen oder Tampons, angewiesen sind. Von dieser Gruppe nutzen 30 % – 50 % marktgängige Einlagen auf Vliesstoffbasis. Von ca. 400 Mio. Frauen in der Zielgruppe in China nutzen sogar ca. 90 % entsprechende Produkte. In Deutschland leben 41.825 Mio. Frauen. Etwa 40 - 50 % dieser Frauen sind ebenfalls im Alter zwischen 10 – 54 Jahren und somit potenzielle Nutzerinnen von Damenhygieneprodukten.
Die wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten im STFI bestehen in der Bereitstellung von Faservliesstoffen sowie Anlagentechnik zu deren semiindustrieller Produktion, Prüfmöglichkeiten sowie dem Angebot von Transferprojekten zur großtechnischen Umsetzung der Produktion nach der im Vorhaben etablierten Methode.
Bereits während der Projektlaufzeit gab es ein sehr umfangreiches (> 6.000 m² Vliesstoff) und zwei kleinere (ca. 500 m² Vliesstoff) Transferprojekte mit KMU. Weitere Umsetzungen sind bereits in Planung.