Ziel der Entwicklung
Projektidee war es, durch technische und technologische Variation dreier unterschiedlicher Wirrvliesbildungsverfahren textile Flächen auf Basis von ausgewählten und zum Teil neuartigen biologisch basierten Rohstoffen zu entwickeln. Im Fokus stand und steht dabei die möglichst ganzheitliche und gezielte Verwertung möglichst aller bei der Aufbereitung von Faserpflanzen anfallender Fraktionen in unterschiedlichen Produktrichtungen für typische Dämmanwendungen im Bauwesen. Unter diesem Aspekt und unter Verwendung der aktuell/ zeitnah zur Verfügung stehenden Rohstoffe und Technologiealternativen sollten auch bestehende Rohstofflösungen und Herstellungsverfahren verbessert werden. Grob aufbereitete einheimische Pflanzenfasern sind wegen ihrer typischen Fasersteifheit und der geringen Faserkräuselung weniger gut für die Verarbeitung nach dem Kardierverfahren geeignet. Nicht faserförmige Bestandteile stören den Kardierprozess ebenfalls. Die Wirrvliesverfahren Airlay, Airlaid und Airform wurden im Projekt in Verbindung mit einer thermischen Verfestigung erfolgreich getestet. Sie sind jeweils für typische, aus der Aufbereitung von Hanfstängeln oder anderen Faserpflanzen resultierende Fraktionen geeignet. Das Airlay-Verfahren kann vorzugsweise Fasern und Faser-Schäben-Gemische verarbeiten. Durch Modifizierung der Materialzuführung konnten erstmals gezielte mengenmäßige Zusammensetzungen von Faser- und Schäbenanteilen im Vliesstoff umgesetzt werden. Zugleich wird ein Gradientenaufbau im Vliesquerschnitt erreicht.
Vorteile und Lösungen
Gerade kleine und mittlere Unternehmen besitzen auf Grund ihrer Flexibilität beste Voraussetzungen, die erarbeiteten Ergebnisse schnellstmöglich zu nutzen und sich somit einen Markt- und Wettbewerbsvorteil zu sichern. Neben den Unternehmen der Textilindustrie partizipieren der Maschinenbau (durch Entwicklung, Bau und Lieferung neuer Anlagenkonzepte) und die deutsche Landwirtschaft (durch die verstärkte Nachfrage nach Faserhanf) von der Umsetzung der Projektergebnisse. Den interessierten Anwendern im Bauwesen stehen alternative, überwiegend biobasierte Dämmstoffe zur Verfüfung. Neben der thermischen Dämmwirkung (0,043 W/(m*K) generieren diese entwickelten Vliesstoffe bei einer Dichte von 114 kg/m³ eine sehr gute akustische Wirksamkeit (Schallabsorptionsgrad 0,93 bei 1000 Hz). Mit dem Airform-Verfahren gelang erstmals die ausschließliche Verarbeitung der als Schäben bezeichneten harten Stängelteile, versetzt mit einem geringen Anteil an Matrixfasern, zu Platten mit Dichten von bis zu 175 kg/m³ und einem Schallabsorptionsgrad 0,77 bei 1000 Hz. Diese Platten sind direkt als Wandelement einsetzbar und können mit Putzsystemen ausgerüstet werden. Kurzfasern aus der Pflanzenstängelaufbereitung sind nach dem Airlaid-Verfahren zu Vliesstoffen mit Dicken bis zu 7 mm (zum Beispiel Trittschalldämmung) verarbeitbar.
Zielgruppe und Zielmarkt
Im Ergebnis liegen drei spezielle, maschinentechnisch umsetzbare Technologiekonzepte vor, die erstmals die ganzheitliche und nahezu abfallfreie Verwertung von Pflanzenstängeln realisierbar machen. Anwendungen für die entwickelten Strukturen sind in vielen Bereichen des Bauwesens zu sehen. Sie sind hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Performance mit anorganisch basierten, jedoch mit weitaus höherem Energieaufwand hergestellten Lösungen oder anderen pflanzenfaserbasierten Produkten zu vergleichen oder übertreffen diese. Ein hervorzuhebender Effekt ist die Möglichkeit der Kombination von Dämmen und Isolieren mit der gleichzeitigen Aufmachung als plattenförmiges Bauelement. Synergien werden in den Bereichen Fahrzeugbau, Leichtbau und Bau von Möbeln und Verpackungsmitteln (beispielsweise Container) gesehen.