Ziel der Entwicklung
Herkömmliche piezoresistive Sensoren sind hinsichtlich ihres Einsatztemperaturbereiches limitiert. Dies liegt einerseits daran, dass die Widerstandselemente der Wheatstone’schen Messbrücke in Bulk-Silizium implantiert und damit lediglich durch einen in Sperrrichtung betriebenen p-n-Übergang zum Substrat hin isoliert sind. Mit zunehmender Temperatur steigt durch Erzeugung zusätzlicher freier Ladungsträger im Halbleiter der Leckstrom exponentiell an. Ab einer Temperatur von circa 150 Grad Celsius wird der p-n-Übergang praktisch leitfähig, was eine sinnvolle Auswertung des Messsignals erschwert. Dieses Problem kann umgangen werden, indem die Messbrücke mittels der SOI-Technologie (Silicon on Insulator) hergestellt wird. Eine dielektrische Isolation zwischen Brücke und Substrat, in der Regel realisiert durch eine Siliziumoxidschicht, gewährleistet dabei einen um mehrere Größenordnungen geringeren Leckstrom. Zum anderen wird zur Weiterverarbeitung des analogen Primärsignals des piezoresistiven Wandlers stets ein AD-Wandler (Analog-Digital-Umsetzer) in Form eines anwendungsspezifischen integrierten Schaltkreises (application-specific integrated circuit, ASIC) benötigt. Neben der AD Wandlung und Signalverstärkung wird mit Hilfe des ASICs das Primärsignal kalibriert und systematische Abweichungen wie Temperaturabhängigkeit, Offset und Nichtlinearität kompensiert. Für Hochtemperatur-Anwendungen sind jedoch herkömmliche Bulk-CMOS Schaltkreise ungeeignet. Ähnlich wie beim eigentlichen piezoresistiven Wandler wäre es theoretisch möglich, den ansteigenden Leckströmen durch Verwendung der SOI-CMOS Technologie zu begegnen. Tatsächlich ist dies für eine komplexe integrierte Schaltung aber nicht in der gleichen Weise möglich wie für eine vergleichsweise einfache Wheatstone’sche Brückenschaltung. Neben physikalisch bedingten Herausforderungen, wie den durch das Substrat hervorgerufenen Floating-Body Effekten, tragen sicherlich auch wirtschaftliche Überlegungen dazu bei, dass bisher nur sehr vereinzelt ASICs für Hochtemperatur-Anwendungen kommerziell verfügbar sind. Einerseits sind SOI Wafer in der erforderlichen hohen Qualität als Ausgangsmaterial um ein Vielfaches teurer als herkömmliche Siliziumwafer. Andererseits sind die Schaltkreise anwendungsspezifisch. Eine Neuentwicklung vom Design bis zur Fertigung ist nur für einen hochvolumigen Massenmarkt mit entsprechenden Margen interessant. Zur Auswertung eines piezoresistiven Sensors müsste ein Hochtemperatur-kompatibler ASIC als Minimalanforderung das Primärsignal einer Messbrücke sowie eines externen Temperaturfühlers, zum Beispiel Platin-Messwiderstand oder Thermoelement, verarbeiten können. Mangels Verfügbarkeit derartiger Schaltkreise verfolgen einzelne Hersteller alternative Lösungsansätze, um dennoch piezoresistive Sensoren bei hohen Temperaturen einsetzen zu können. Diese basieren in der Regel darauf, dass die Primärelektronik konstruktiv auf niedrigerer Temperatur gehalten wird, wahlweise durch lange Übertragungsstrecken zur Erzeugung eines Temperaturgradienten oder durch aktive Kühlung. Derartige Konzepte erfordern eine aufwendige und entsprechend kostenintensive Aufbau- und Verbindungstechnik. Sie vergrößern den für die gesamte Messzelle erforderlichen Bauraum und wirken sich negativ auf die Sensorperformance aus. Im Rahmen dieses Projektes sollten Konzepte einer analogen, integrierten Temperaturkompensation für piezoresistive Sensoren im erweiterten Betriebstemperaturbereich von 40 Grad Celsius bis 300 Grad Celsius entwickelt werden. Aufbauend auf experimentellen und theoretischen Vorbetrachtungen sollte als Demonstrator Differenzdrucksensor mit temperaturkompensiertem analogem Primärsignal gefertigt werden, dessen Ausganssignal bei Nenndruck im gesamten Temperaturbereich um maximal ein Prozent vom Raumtemperatur-Referenzwert abweicht und auch bei Hochtemperaturen kompatibel ist. Die Temperaturkompensation sollte dabei ausdrücklich nicht mit Hilfe eines integrierten Schaltkreises erfolgen, sondern ausschließlich durch intelligente Verschaltung der Messbrücke mit passiven Bauelementen, welche mit den hohen Einsatztemperaturen kompatibel sind.
Vorteile und Lösungen
Es wurde ein Hochtemperatur-kompatibler Differenzdrucksensor entwickelt, dessen Messbrücke dielektrisch vom Substrat isoliert ist (SOI-Technologie). Dabei wurde auf bestehendes Know-how aufgebaut, jedoch ein neuer technologischer Ansatz auf Basis monokristallinen Siliziums gewählt, der deutlich höhere Empfindlichkeiten gegenüber bestehenden Lösungen ermöglicht. Zusätzlich wurde eine analoge, auf dem Sensorchip integrierte Temperaturkompensation konzipiert und umgesetzt. Ein Vorteil dieser Innovation ist, dass keine hochtemperaturtauglichen ASICs zur Temperaturkompensation mehr benötigt werden. Zudem werden systematische Temperaturfehler vermieden, die dadurch entstehen, dass der konventionelle ASIC vom Ort des Sensors räumlich abgesetzt wird und somit beide Messpunkte, der Ort der Temperaturmessung und der Ort der Druckmessung, unterschiedliche Temperaturen haben. Gleichzeitig wird die Dynamik des Systems bei Temperaturwechseln verbessert. Weiterhin kann der benötigte Bauraum des Messsystems sowie dessen Herstellungskosten signifikant reduziert werden. Die Lösung ist auch auf konventionelle piezoresistive Si-Drucksensoren im Temperaturbereich bis 130 Grad Celsius als analoge Vorkompensation anwendbar. Vorteilhaft ist hier, dass für die Kalibrierungen weniger Temperaturstützstellen erforderlich werden oder in Abhängigkeit von der angestrebten Genauigkeit die Kalibrierung sogar ganz entfallen kann. Somit erfolgt hier eine Kosteneinsparung.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Endkundenmärkte liegen in den Bereichen der industriellen Prozessmesstechnik, der Automationstechnik, der Energiewirtschaft einschließlich der Öl- und Gasindustrie sowie der Luftfahrt.