Ziel der Entwicklung
Elektronische Geräte in industriellen und kommerziellen Anwendungen sind oftmals in unmittelbarer Nähe zueinander positioniert, woraus sich die Notwendigkeit ergibt, EMV-Problemen (EMV – ElektroMagnetische Verträglichkeit) vorzubeugen. EMV ist – in Deutschland vom Gesetzgeber reglementiert – zu einem wichtigen Qualitätsmerkmal vieler Produkte geworden. Nun sind Kunststoffe, die sich durch Spritzgießen in annähernd jede gewünschte Form bringen lassen, in der Gehäusetechnik fest etabliert. Jedoch sind sie in der Regel auch isolierend gegenüber elektrischem Stromfluss. Die Abschirmung elektromagnetischer Felder ist aber erst dann möglich, wenn elektrisch leitfähige Netzwerke vorliegen. Diese elektrische Leitfähigkeit wird bisher über nachträgliches Aufbringen leitfähiger Schichten wie z. B. durch chemisches oder physikalisches Metallisieren und durch das Aufbringen leitfähiger Lacke oder durch das Einbringen leitfähiger Füllstoffe z. B. von Metallfasern oder Ruß implementiert.
Jedoch ergeben sich hierbei gravierende Nachteile. Deshalb bestand das Ziel des beantragten Vorhabens in der Entwicklung anwendungsbezogener Verfahrenslösungen und Automatisierungskonzepte zur Hinterspritzung von flexiblen, flächigen und metallisierten Kunststoffvliesen (kurz: Metallvlies). Für die Hinterspritzung wurden verschiedenartige Metallvliese der Firma Schirmung 2000 verwendet, die auf Grund sehr hoher Abschirmwerte bereits großflächig als Strahlenschutz in Luft- und Raumfahrt- sowie Militär- und Kernkrafttechnik eingesetzt werden.
In erfolgreichen Vorversuchen wurden verschiedenartige Metallvliese mit PC/ABS, PA6 und PP, drei für die Gehäuseproduktion klassischen Kunststoffen, flächig hinterspritzt und der Nachweis der prinzipiellen Lösbarkeit der Projektzielstellung erbracht. Darauf aufbauend wurde ein 3D-Demonstrator entwickelt und geeignete Vliese durch Hinterspritzen in einem speziell dafür gebauten Werkzeug in diesen integriert. Da die Resonanz potenzieller Anwender der Verfahrenslösung auf die ersten Zwischenergebnisse außerordentlich groß war, wurden bei den Spritzgießversuchen im 3D-Bereich mit ASA, PA6 mit 15 Prozent Glasfaseranteil und PA6 mit 30 Prozent Glasfaseranteil noch drei weitere Kunststoffe getestet. Im Ergebnis der sehr umfangreichen Versuchsreihen zum Hinterspritzen der ausgewählten Vliese lässt sich feststellen, dass der Prozess sowohl bei der Herstellung von ebenen Platten in unterschiedlichen Dicken als auch bei der Herstellung des 3D-Demonstrators mit allen verwendeten Kunststofftypen und relevanten Metallvliesen bei guter Reproduzierbarkeit realisiert kann. Der Einfluss der Technologie auf die elektrischen und mechanischen Eigenschaften ist weniger stark als erwartet. Als entscheidend zeigte sich die Vliesbeschaffenheit und hier konkret die Flächendichte und Maschenweite.Die mechanischen Prüfungen und Haftungsuntersuchungen erbrachten ein positives Ergebnis. Die elektrischen Prüfungen hinsichtlich metallischer Flächenhomogenität und Schirmdämpfung beim Auftreffen elektromagnetischer Wellen und im magnetischen Wechselfeld waren mit einer Schirmwirkung von 99,9 Prozent außerordentlich zufriedenstellend.
Vorteile und Lösungen
Im Rahmen des Projektes ist es erstmalig gelungen, durch Kombination dieser Metallvliese mit Kunststoffen langzeitbeständige, funktionszuverlässige Demonstratorgehäuse mit einer hohen elektromagnetischen Abschirmung im Spritzgießverfahren herzustellen.
Die Vorteile dieser Lösung bestehen in
- der zielgerichtet vorgenommenen Funktionsintegration im Bauteil,
- der Einsparung aufwendiger Nachbearbeitungsprozesse (Metallisierung usw.),
- der Erhöhung der Funktionszuverlässigkeit,
- der Integration von Fertigungsschritten und damit Reduzierung von Fertigungskosten,
- Senkung des Logistikaufwands und
- der Gewichtsreduktion durch den Kunststoffeinsatz und Wanddickenoptimierung (Leichtbau).
Der Anspruch im Projekt bestand zudem in der Erarbeitung von Konzepten zur Positionierung und Fixierung der Metallvliese im Spritzgießwerkzeug, um die für die Funktionalität erforderliche zerstörungsfreie Metallvlieshandhabung zu gewährleisten. Da nur eine automatische Zuführung den Anforderungen aus der Massenproduktion gerecht werden kann, wurden zudem relevante Lösungen, das Handling und den Einsatz verschiedener Metallvlieszuführmethoden und Metallvliesvorbereitungen betreffend, erarbeitet. Diese wurden im Vorfeld der eigentlichen Spritzgießuntersuchungen im Trockenlauf getestet und bewertet. Die Lösungsansätze wurden in einem Entscheidungsalgorithmus zusammengestellt.
Zielgruppe und Zielmarkt
Am Beispiel eines 3D-Demonstrators konnten verfahrenstechnische Lösungen zur Herstellung elektromagnetisch abschirmender Metallvlies-Kunststoff-Gehäuse entwickelt werden.
Für KMUs, insbesondere die Kunststoffverarbeiter, werden damit Möglichkeiten zur Erweiterung der Produktpalette durch Fertigung hochwertiger technischer Teile und zur Kosteneinsparung durch Integration von Fertigungsschritten aufgezeigt, was letztlich eine Erhöhung von deren Wettbewerbsfähigkeit zur Folge hat.