Ziel der Entwicklung
In der Industrie angewandte Formulierungen für PUR-Basisschichten enthalten Polyisocyanate und Polyole unterschiedlicher chemischer Struktur und molekularer Masse. Es handelt sich dabei um Verbindungen mit relativ niedrigen Molmassen bzw. niedrigem Polymerisationsgrad, die zu einem hochmolekularen vernetzten Polyurethan umgesetzt werden müssen, um die Anforderungen an die Eigenschaften von Bodenbelägen erfüllen. Die dabei ablaufende Polyadditionsreaktion muss mit Hilfe eines geeigneten Katalysators beschleunigt werden.
Vorrangig werden für die Katalyse der Polyurethanaufbaureaktion Organozinn-Verbindungen verwendet. Im Vergleich zu anderen Katalysatoren weisen diese eine hohe katalytische Aktivität sowie eine hohe Stabilität in verschiedenen Systemen auf. Dem stehen jedoch ihre hohe Toxizität und negative Auswirkungen auf die Umwelt gegenüber. So rufen verschiedene zinnorganische Verbindungen Nervenschäden hervor, sie sind in der Umwelt äußerst schwer abbaubar und beeinträchtigen das Immun- und Hormonsystem schon in geringer Konzentration. Aufgrund dieser gesundheitsrelevanten Problematik setzten in den vergangenen Jahren Bemühungen ein, alternative Katalysatoren zu entwickeln.
Ziel des Projektes war es daher, eine Polyurethanformulierung für die Basisschicht von verlegbaren elastischen PUR-Bodenbelägen unter Verwendung eines alternativen, nichttoxischen Katalysators zu entwickeln. Favorisiert wurden hierfür Komplexverbindungen des Bismuts und Zirkoniums. Diese aktivieren die Hydroxylgruppen und katalysieren die Reaktion mit den Isocyanatgruppen über einen Insertionsmechanismus.
Vorteile und Lösungen
Am geeignetsten hat sich ein lösungsmittelfreies, aliphatisches high-solid PUR-System in Verbindung mit einem Bi-Carboxylat-Katalysator und einem blockierungsgruppenfreien Amin-Vernetzer erwiesen. Mit diesem konnten die verarbeitungsrelevanten Anforderungen der Bodenbelagsindustrie erzielt werden. Aus diesem System bei 130 Grad Celsius mit einer Vernetzungszeit von 2 min hergestellte Folien wurden IR-spektroskopisch untersucht. Dabei wurden keine Isocyanat-Banden beobachtet, so dass von einer vollständigen Vernetzung ausgegangen werden kann. Es entstanden weiche, etwas blockende Folien. Auf der Universaltechnikumsanlage des FILK wurde der Bodenbelag im Komplettaufbau realisiert. Hierfür wurde die entwickelte organozinnfreie Basisschicht auf einer Halbfertigware bestehend aus Deckschicht, Dekorpapier und Glasvlies aufgebracht sowie ein Rückseitenvlies einkaschiert. Die Materialeigenschaften wurden mit Referenz-PUR-Bodenbelagsmustern verglichen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind vergleichbar. Toxikologisch unbedenkliche Katalysatoren haben somit das Potential toxische Organozinn-Katalysatoren zu ersetzen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Schadstofffreie und nachhaltig produzierte Bodenbeläge sind von außerordentlichem Interesse für die Bodenbelagsindustrie. Bodenbeläge, welche emissionsarm und schadstofffrei sind, werden klare Wettbewerbsvorteile haben. Hinsichtlich der Emissionen besitzen PUR-Bodenbeläge Vorteile im Vergleich zu Vinylbelägen, da sie keine flüchtigen Weichmacher enthalten. Sie sind jedoch aktuell nicht schadstofffrei aufgrund der Herstellung mit zinnorganischen Katalysatoren. Die Wettbewerbssituation kann durch den Einsatz toxikologisch unbedenklicher Katalysatoren deutlich verbessert werden. Auch die Verarbeitung des Polyurethansystems, welches frei von organischen Lösungsmitteln ist, eröffnet Wettbewerbsvorteile.
Die Zielgruppen für die wirtschaftliche Verwertung des FuE-Ergebnisses liegen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sowohl die Hersteller von Katalysatorsystemen und Polyurethanrohstoffen als auch die Produzenten und Vertriebe von Elastischen Bodenbelägen profitieren von den Ergebnissen.