Ziel der Entwicklung
Bislang fehlt den Herstellern der Textilindustrie eine kostengünstige Möglichkeit textile Etiketten mit weiteren und vor allem versteckten Daten und Informationen, die über das Maß des Endverbrauchernutzens hinausgehen, auszustatten. An einen derartigen Informationsträger werden dabei enorme mechanische und chemische Anforderungen gestellt. So darf es beispielsweise zu keiner haptischen Wahrnehmbarkeit oder visuellen Beeinträchtigung des Etiketts kommen. Ebenfalls werden Anforderungen an die Waschpermanenz und die Datensicherheit gestellt.
Produktspezifische Informationen wie Produktionsdatum, -ablauf, -ort oder die Chargennummer würden Aspekte der Dokumentation und Produkterkennung unterstützen. Eine Individualisierung dieser Art der Produktkennzeichnung bis hin zur Losgröße 1 stellt weitere Möglichkeiten dar.
Darüber hinaus können versteckt liegende Datenspeicher als produktbezogenes Sicherheitsmerkmal, beispielsweise in Form von Codes, eingesetzt werden. Vor allem in Zeiten global wachsender Markenpiraterie und Produktfälschung, wie sie auch im Bereich der Textil- und Modeindustrie vorherrschen, stellt dies in gewissen Grenzen eine Sicherheitsoption für die Produzenten dar. Durch gefälschte (oftmals auch qualitätsgeminderte) Produkte entstehen den Herstellern der Originalprodukte enorme wirtschaftliche Schäden, da beispielsweise der Entwicklungsprozess eines neuartigen Produktes bereits hohe finanzielle Investitionen erfordert. Zusätzlich sind auch Imageschädigungen des Originalherstellers und Marken-wertverlust Folge von Fälschungen.
Vorteile und Lösungen
Zur Lösung der Problemstellung werden magnetische Schichtsysteme eingesetzt. Im textilen Beschichtungsprozess erfolgt die Applikation einer magnetischen Schicht direkt auf dem textilen Substrat oder auf einer zuvor applizierten Haftschicht. Eine weitere Überdeckung der magnetischen Schicht mit einem Deckstrich ist möglich.
Die magnetische Schicht besteht aus magnetisch uniaxialen anisotropen Mikro-Magnetpartikeln, welche in einem UV-vernetzenden Bindersystem eingebettet sind. Während des Vernetzungsprozesses werden die Magnetpartikel durch ein externes Magnetfeld ausgerichtet, sodass eine Magnetschicht mit einer uniaxialen magnetischen Anisotropie entsteht. Die Vorzugsrichtung der Magnetisierung steht dabei senkrecht zur Schichtebene. Eine Verwendung der magnetischen Schicht als Speichermedium wird dadurch ermöglicht.
Es erfolgten Untersuchungen mit variierenden Magnetpartikel-Füllgraden und Beschichtungsaufträgen. Die magnetischen Schichten wurden hinsichtlich der mechanischen und magnetischen Eigenschaften auch unter Anwendung mikroskopischer Analysetechnik untersucht.
Durch den Aufbau eines angepassten magnetischen Lese-/Schreibsystems konnten umfangreiche magnetische Schreibversuche an den hergestellten Funktionsmustern durchgeführt werden. Der Aufbau der Schreibeinheit basierte prinzipiell auf einem lotrecht zueinander ausgerichteten zylinderförmigen Spulenpaar mit ferromagnetischem Kern.
Durch weitläufige Tests zur Datenstabilität gegenüber äußeren Magnetfeldeinwirkungen und Temperaturen, konnte die Leistungsfähigkeit der magnetischen Beschichtungen auch für den Einsatz im industriellen Umfeld nachgewiesen werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Entwicklung beinhaltet für Unternehmen der textilen Wertschöpfungskette Möglichkeiten, Produkte bis hin zur Losgröße Eins individualisiert zu kennzeichnen, mit Hilfe der Kennzeichnung zu verfolgen, gegebenfalls hinterlegte Daten und Informationen zu ändern, zu überschreiben oder auch zu löschen. Diese Optionen gewinnen vor allem in Hinblick auf die Digitalisierung und die Umstrukturierung der textilen Wirtschaft im Sinne der Industrie 4.0 zunehmend an Bedeutung. Des Weiteren können Produkte mit versteckten Sicherheitsmerkmalen versehen werden.
Durch die entwickelte magnetisch funktionalisierte Beschichtung, als digitales wiederbeschreibbares Speichermedium, mit der entwickelten magnetischen Lese-/Schreibeinheit werden diese Möglichkeiten erreicht, was sich direkt positiv auf die Branchen der textilen Kette und auch auf andere Branchen wie Verpackungs- und Zulieferindustrie auswirken wird. Weitere positive wirtschaftliche Effekte werden für Messtechnikhersteller und –entwickler, Designer oder auch Endkunden gesehen.
Die entwickelte magnetisch funktionalisierte Speicherschicht stellt daher ein innovatives Lösungskonzept zur Unterstützung bei der Prozesskettensteuerung und auch zur textilen Produktsicherheit dar. Die magnetische Beschichtung ermöglicht es Informationen in digitaler oder analoger Form zu speichern und mit Hilfe spezieller Gerätetechnik zu ändern. Anwendungspotenziale als Informationsträger oder als textiles Sicherheitskonzept sind prädestiniert. Die Applikation der magnetischen Beschichtung erfolgte auf handelsüblichen textilen Etikettenstoffen, welche dadurch eine neuartige Kollektion mit zusätzlichen Funktionalitäten darstellen. Die Applikation dieser Etiketten kann auf Produkten in Form eines Waren-Begleitetiketts erfolgen. Die darauf speicherbaren Daten können zur individuellen Waren-Produktionssteuerung innerhalb der Prozesskette ausgelesen, geändert und auch gelöscht werden. Ebenso besteht die Möglichkeit, die Etiketten als verstecktes Sicherheitsmerkmal einzusetzen. In letzterem Fall stellen vor allem die vielfältigen Codiermöglichkeiten ein hohes Einsatzpotenzial dar.
Von der Entwicklung werden Textilveredler und -ausrüster, Magnetpartikel- und Messgerätehersteller direkt profitieren. Textilveredlern werden Erkenntnisse zu neuartigen Beschichtungsmatrizes mit vielfältigem Einsatzpotential bereitgestellt. Magnetpartikel- und Messgerätehersteller werden neue Vertriebszweige eröffnet. Indirekt profitieren Unternehmen der kompletten textilen Wertschöpfungskette und Branchen wie der Verpackungsmittel- und Zulieferindustrie von der Entwicklung.
Um die magnetische Beschichtung in voller Funktionalität zu verwenden, ist der Einsatz der aufgebauten magnetischen Schreibeinheit mit angeschlossener Leseeinheit notwendig. Die Überführung des Gerätesystems in eine Serienreife muss mit Unterstützung von Messtechnikherstellern und –unternehmen erfolgen. Dadurch sind wirtschaftliche Umsatzsteigerungen auch in den Bereichen Messtechnik- und Gerätehersteller, Maschinenbauer, Softwareentwickler sowie Elektro- und Steuerungs-IT zu erwarten.