Ziel der Entwicklung

Logo: R2R-Coating: Nassantrag mittels Schlitzgießer einer Perhydropolysilazan-Formulierung auf eine Bio Folie auf Basis von Polybutylensuccinat zur kontinuierlichen Erzeugung einer SiOx-Barriereschicht, © TITK e.V.
R2R-Coating: Nassantrag mittels Schlitzgießer einer Perhydropolysilazan-Formulierung auf eine Bio Folie auf Basis von Polybutylensuccinat zur kontinuierlichen Erzeugung einer SiOx-Barriereschicht, © TITK e.V.

Sinnvoll und nicht in übertriebenem Maße eingesetzte Verpackungen sind stets nachhaltig, weil sie Güter und Waren vor Zerstörung beziehungsweise Verderb schützen und somit wertvolle Ressourcen schonen. Noch nachhaltiger sind sie beziehungsweise könnten sie sein, wenn sie selbst aus nachwachsenden Rohstoffen, energiesparend hergestellt und fürs Recycling geeignet sind. Was für Papier und Kartonagen bereits gilt, ist aktuell eine große Herausforderung für konventionelle Kunststoffe, beispielsweise für Lebensmittelverpackungen. Um Wurst, Käse und vieles mehr haltbar zu machen, werden sogenannte Barrierefolien benötigt, welche Sauerstoff und Wasser von der Ware fernhalten und so den Verderb des verpackten Gutes verhindern. Zudem sollten sie optisch transparent sein, da der Kunde die Ware und dessen Zustand gern sehen möchte. Bis zu einem gewissen Grad können dafür einfache Kunststoffe beziehungsweise Folien aus lediglich einem Material bestehend, wie zum Beispiel aus Polyethylen oder Polyethylenterephthalat verwendet werden. Um aber bessere Schutzwirkungen zu erreichen, sind zusätzliche Barriereschichten erforderlich, die den Durchtritt von Gasen und Aromen verhindern. Denn auch wenn es seltsam klingt: Kunststoffe lassen mehr oder weniger, je nach Typ, Gase hindurch. Um das möglichst zu verhindern, kommen gegenwärtig einerseits Kunststoff-Kombinationen wie Mehrschichtfolien mit klassischen Kunststoff-Vertretern oder besonderen Spezialpolymeren, wie Ethylen-Vinylalkohol-Copolymere oder Polyvinylidenchlorid zum Einsatz, welche gezielt Sauerstoff den Durchtritt durch die Verpackung verwehren. Werden noch bessere Barrieren erforderlich, kommen dünnste, anorganische Schichten ins Spiel. Wobei einerseits wie zum Beispiel im Fall von Kaffeeverpackungen die dafür notwendige Zwischenlage aus Aluminium die optische Transparenz verhindert oder aber andererseits die Aufbringung spezieller transparenter Oxid-Barriereschichten sehr aufwendig und energieintensiv sind. Und drittens verhindert die Kombination aus verschiedenen Lagen von Kunststoffen das Recycling. Hier setzte das Vorhaben mit dem Ziel an, möglichst petrolchemische Kunststoffe durch biobasierte zu ersetzen. Heute können nämlich bereits neben dem bekannten Polylactide durchaus auch Polyethylenterephthalat oder Polyethylen zumindest zu großen Teilen grün, das bedeutet aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Das zweite Ziel war, eine transparente anorganische Barriereschicht einzubeziehen, wodurch zusätzliche Lagen an Spezialpolymeren vermieden werden können und das hohe Barrierevermögen gegenüber Gasen dennoch erhalten bleibt oder sogar verbessert wird. Schließlich können derart beschichteten Bio-Monomaterialien Recyclingprozessen zugeführt werden, da die applizierten Nanoschichten beziehungsweise die geringsten Mengen an anorganischem Sperrmaterial nicht stören.

Vorteile und Lösungen

Glas ist ein optimales Barrierematerial gegenüber Wasser und Sauerstoff. Es wird idealerweise zur Verkapselung starrer Substrate eingesetzt. Für flexible Materialien ist es jedoch aufgrund seiner Sprödigkeit ungeeignet. Mit Polysilazanen, einer bislang relativ wenig untersuchten, sehr besonderen Substanzklasse, lassen sich allerdings glasähnliche Nanoschichten, sogenannte SiOx Schichten erzeugen, welche tatsächlich biegbar und weniger brüchig als übliche Gläser sind. Zur Erzielung sehr guter Sperrwirkungen gegenüber Gasen sind geringe Schichtdicken von wenigen hundert Nanometern oft bereits ausreichend. Diese Vorteile, zusammen mit dem Umstand, dass solche SiOx Lagen über einfache Nassbeschichtungsprozesse erzeugt werden können, führten dazu, dass das Material der Wahl im Vorhaben, beziehungsweise der Lösungsansatz darin, die Erforschung und Applikation von Polysilzanen hinsichtlich ihrer Eignung für biobasierte Folien beinhaltete. Nach ersten Voruntersuchungen zur Substratauswahl, inklusive der Herstellung eigener Folien auf Basis von Cellulose und deren Derivaten, gelang erstmals die Aufbringung nass chemisch erzeugter SiOx Nano Schichten auf einem derart breiten Spektrum an biobasierten Trägern aus Polymilchsäure, Polymilchsäure-Compound mit 30 Prozent biobasiert, Bio-Polyethylen, Bio-Polyethylenterephthalat ebenfalls 30 Prozent biobasiert, Hydroxypropylcellulose und Hydroxyethylcellulose, Cellulose, kommerzielle Cellulose-Folie und Polybutylensuccinat. Im Folgenden konnten Zwischenschichten appliziert und hinsichtlich der Wechselwirkungen mit dem SiOx Folie Schichtverbund und dessen Barrierevermögens studiert werden. In allen Fällen ließen sich teils deutliche Absenkungen der Sauerstoffpermeationsraten beobachten. Die Sperrwirkung gegenüber Sauerstoff einer TITK-eigene Cellulosefolie konnte beispielsweise mittels einer einzigen aufgesprühten SiOx-Nanoschicht von einer oxygen transfer coefficient gleich 10 Kubikzentimeter pro Quadratmeter mal Tag und bar auf 0,8 Kubikzentimeter pro Quadratmeter mal Tag und bar verbessert werden. Mehrschichtstapel zeigen sogar einen BIF (barrier improvement factor) von größer als 900. Die Barrieren gegenüber Wasserdampf (water vapour transmission rates) verminderten sich zwar ebenfalls, allerdings nicht in gleich hohem Maße. Hier besteht nach wie vor Forschungs- und Optimierungsbedarf. Besonders erwähnenswert ist, dass die Machbarkeit von kontinuierlichen SiOx-Beschichtungen im Reel-to-Reel-Verfahren erstmals auf mehreren Bio-Folientypen erfolgreich demonstriert werden konnte zum Beispiel Polybutylensuccinat. Darüber hinaus konnte ein optisch transparenter, rein Cellulose und SiOx-basierter, grüner Schichtverbund nach Projektidee als Prototyp aufgebaut werden. Dafür sind die Einzelkomponenten vier SiOx-Barriereschichten, und zwei bio Zwischenschichten unter Nutzung des im Vorhaben entwickelten Laminierprozesses mit dem TITK eigenen biobasierten Hotmelt CareMelt® erfolgreich kombiniert worden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Das abgeschlossene Vorhaben zielte auf Einzelsysteme und Doppelt SiOx Schichtsysteme ab, was Barriere bis Hochbarriere Folien erzeugt, allerdings nicht Ultrahochbarriere Niveau erreichen kann, was nichtsdestotrotz das perspektivische Fernziel ist. Durch die Eigenschaftsverbesserung können ein Stück weit bestehende Nachteile nachwachsender Materialien, die bislang einem Durchbruch im Verpackungsbereich entgegenstehen, ausgeglichen und dem Markt zugänglicher gestaltet werden. Durch die Kombinationen mit klassischen thermoplastischen Kunststoffen mit der Verwendung von SiOx aus Lösung in Barriereverbunden wird die teilweise Substitution von erdölbasierten Materialien und somit ebenfalls besseres Recycling, da wo es die spätere Anwendung und Weiterverarbeitung erlauben, möglich. Die Hauptinnovationen des Vorhabens zielen auf die Hauptproduktfelder Packaging und die Verkapselung von Plastic Electronics ab, wobei vielerlei denkbare Szenarien, Zwischenstufen aus den Hochbarriereentwicklungen auszukoppeln und zu vermarkten sind. Barriereanwendungen mit geringeren Leistungserfordernissen in der Gassperre, wie beispielsweise Laminate mit lediglich einer anorganischen Beschichtung, könnten im Kunststoffverpackungssektor bestehende, nicht selten neun bis elf Schichten enthaltende Coextrudate ersetzen, so es Anwendung, Erfordernisse wie unter anderem Siegelschicht, mechanische Eigenschaften sowie Kosten rechtfertigen. Dank der geringen beziehungsweise reduzierten Grammatur können dabei Materialien und Gewicht eingespart und Herstellungskosten sowie Energieverbräuche durch Nutzung der Vorteile der Nassbeschichtungstechnologie abgesenkt werden. Durch den geringeren Carbon Footprint bietet diese Beschichtungstechnik neben den kommerziellen Vorteilen auch den ökologischen Benefit. Solo Applikationen von ausgekoppelter SiOx Nass Beschichtung mit dem Fokus auf Themen wie Glanz, Kratzfestigkeit und chemische Beständigkeit, sind ebenso denkbar, wie chemisch modifizierte Cellulosen als neuartige Folienbasismaterialien. Der spezifische Nutzen und die hohe wirtschaftliche Relevanz dieses Vorhabens resultieren zusammenfassend aus der je nach Anwendung genutzten spezifischen Innovation in Kosteneinsparung mit Energie und Ressourcen, Erweiterung der Produktpalette, Erfüllung von Recyclingquoten, neue gerade aufstrebende Märkte im Fokus, Leistung der Produkte verbessern wie Barriere, Transparenz, Lebensdauern und Haltbarkeiten, marktattraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Durch das hohe Innovationspotenzial ergibt sich für den Nutzerkreis in Deutschland insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine wirtschaftliche Bedeutung in Branchen wie Beschichter, Folienhersteller, Verpacker, Lebensmittelhersteller, Printed Electronics Produzenten und Dünnschicht PV-Module Hersteller. Aus diesem Nutzerkreis leiten sich spätere Produzenten und Abnehmer ab.