Ziel der Entwicklung
Metallverstärkte Elastomerbauteile findet man dort, wo besonders hohe Kräfte übertragen oder abgeschwächt werden. Prominente Beispiele sind Reifen, Fördergurte, Druckschläuche und Antriebsriemen sowie die riesige Vielfalt der Dämpfungselemente. Nicht nur Elastomer und metallische Komponente, sondern auch die Haftung zwischen diesen beiden völlig unterschiedlichen Werkstoffen entscheiden über die Qualität und die Beständigkeit solcher Bauteile.
Aus der Literatur und auch aus früheren eigenen Arbeiten war bekannt, dass man mit NR/SBR-Gummi eine hohe und stabile Haftung zu verzinkten und zu vermessingten Stahlseilen aufbauen kann – ohne Vorbehandlung der Metalloberflächen. Dies gelingt mit speziellen Cobaltkomplexen in ausgeklügelten Rezepturen; darauf basieren seit Jahrzehnten die Produktgruppen Stahlseilfördergurt und Reifen. Interessant wären solche direkten Prozesse aber auch für Compounds auf Basis der technisch überaus wichtigen EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuke). Dem entgegen steht gerade die Eigenschaft, die EPDM so bedeutungsvoll macht, nämlich die geringe Reaktivität der polymeren Kette (also die Ursache der hohen Alterungs- und Wärmebeständigkeit).
Weiterhin interessant ist die metallische Anbindung auch für die modernen Thermoplastischen Elastomere (TPE). Bei der vom Markt her wichtigsten Gruppe der TPE, den TPS (Thermoplastische Styrol-Block-Copolymere), schien die polymere Basis durchaus ein Potenzial für solche Prozesse zu bieten.
Vor diesem Hintergrund setzte sich das Projekt zum Ziel, Grundlagen für eine direkte Anbindung der Elastomere EPDM und TPS an Messing- und Zinkoberflächen zu entwickeln und deren praktische Brauchbarkeit auszuloten.
Vorteile und Lösungen
Zu Beginn standen methodische Arbeiten, insbesondere zu den beiden Ansätzen zur Prüfung der Elastomer/Metall-Haftung (Ausziehtest und Schältest).
Schwerpunkt des Projekts war EPDM. Umfangreiche Untersuchungen mit verschiedenen EPDM-Batches (bekannter Rezeptur) zeigten, dass bereits allein spezielle Cobaltkomplexe die Haftung zu Zink- und Messing stark erhöhen; hervorzuheben ist hierbei die Substanz Cobaltborodecanat bzw. als kommerzielle Aufmachung die Produkte Manobond 680 C und EGEBond 10225C C. Fügt man die bei NR/SBR-Compounds bewährten Harzbildner Resorcin/Formaldehydspender hinzu, so erhöht sich die Haftung noch weiter. Kommerziell stehen diese Substanzen in Form von Rhenogran Resorcin und Rhenogran Hexa zur Verfügung. Offensichtlich notwendiger Begleiter der Harzbildner ist Kieselsäure, idealerweise in seiner hochaktiven Form als pyrogene Kieselsäure (Aerosil). Begünstigend für die Haftung erwiesen sich erhöhte Anteile an Zinkoxid (Zinkweiß) und Schwefel. Negativ wirken sich größere Anteile an Weichmacher aus. Um trotzdem das technologische Verhalten der EPDM-Compounds steuern zu können, wurden Flüssigkautschuke betrachtet: mit moderaten Anteilen an Flüssig-IR und Flüssig-BR bleibt das Haftniveau auf hohem Niveau. Einen breiten Raum nahm der Vergleich eines ganzen Spektrums an EPDM-Kautschuke ein. Bei abgestuftem rheologischen Verhalten sowie unterschiedlicher Art und Konzentration der Dien-Komponente fällt, zumindest hier in den hinsichtlich Gummi/Metall-Haftung optimierten Rezepturen, das Niveau der Anbindung überraschend undifferenziert aus. In Peroxid-vernetzte EPDM-Compounds zeigen die Cobaltsalze keinen Effekt.
Bei der Verarbeitung von Haftungs-orientierten EPDM-Compounds im Spritzgießprozess gab es keine Probleme. Nach thermisch-hydrolytischer Alterung blieb die Gummi/Metall-Haftung stabil; ein geringer Abfall (ca. 25 %) wurde lediglich in Klimawechseltests beobachtet.
Eine Gummirezeptur muss immer verschiedene Gesichtspunkte berücksichtigen: Neben der eigentlichen Funktionalität sind der technologische Rahmen, die gesamte Verarbeitungskette, die werkstoffliche Einordnung im Gesamtprodukt und natürlich die Belastungen im Gebrauch zu berücksichtigen. Entsprechend konnte am Ende des Projekts nur eine ausschließlich für die Haftung optimale Modellrezeptur stehen.
Gegenstand war noch die Gruppe der Thermoplastischen Elastomere TPE; ein inhärentes Haftsystem ist hier Neuland. Wegen einer gewissen strukturellen Analogie zu SBR wurde TPS untersucht: eine gesättigtes TPS-SEBS und ein teilweise ungesättigtes TPS-SEBS/SBS. Die Compoundierung dieser beiden Granulate mit unterschiedlichen Cobaltkomplexen führte allerdings zu keiner erhöhten Haftung an Zink oder Messing. Auch das industrienahe Hinterspritzen solcher Bleche ergab keine positiven Effekte. Offensichtlich lässt sich der Haftmechanismus nicht in diese TPS integrieren.
Zusammengefasst gelang es im Projekt, Grundlagen für eine direkte Anbindung von EPDM-Compounds an Messing- und Zinkoberflächen zu entwickeln und deren praktische Brauchbarkeit zu zeigen. Bei den TPS bewirken diese Haftvermittler keine signifikanten Effekte. Hier könnten möglicherweise eine Übertragung der EPDM-Ergebnisse auf TPO zu besserem Erfolg führen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Die Ergebnisse des Projekts berühren den Zielmarkt der Technischen Elastomererzeugnisse, insbesondere die Metall/Elastomer-Composites.
Stehen geringe mechanische Belastungen an, so reicht ein Verkleben des (vulkanisierten) Elastomers aus, etwa beim Auskleiden von Behältern mit Gummi. Ansonsten wählt man zwischen zwei Verfahren: der (meist) mehrstufigen Vorbehandlung der Metalloberfläche mit speziellen Agenzien und anschließender Konfektion/Vulkanisation mit dem Elastomer, oder, im Fall von vermessingten/verzinkten Stahlseilen, die direkte, unmittelbare Konfektion/Vulkanisation.
Der zweite Weg gestattet eine hocheffiziente und störungsarme Fertigung, bedarf aber besonderer Additive und einer abgestimmten Rezeptur. Für Reifen und Fördergurte funktioniert dieses Verfahren seit Jahrzehnten, allerdings nur mit Elastomermischungen auf Basis von NR (Naturkautschuk) und SBR (Styrol-Butadien-Kautschuk).
Massenkautschuke wie NR oder SBR versagen bei Belastungen durch Hitze sowie in Verbindung mit aggressiven Medien; für diese Einsatzfälle muss man auf Spezialelastomere mit einer geringeren Reaktivität zurückgreifen. Ein solches, weit widerstandsfähigeres – und dennoch preiswertes – Material sind die EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Monomer-Kautschuke), die sich durch Parameter wie thermische Stabilität, Flexibilität bei Frost, Alterungs- und Witterungsbeständigkeit, elektrisch isolierende Eigenschaften, gesundheitliche Unbedenklichkeit sowie biologische Inertheit auszeichnen.
Der Vorteil des EPDM – seine Inertheit und damit seine hohe Temperaturbeständigkeit – bedingt den Nachteil einer geringen Haftung an Phasengrenzflächen, einschließlich metallischer Oberflächen. Möglich werden solche Verbunde bisher nur über die aufwendige Vorbehandlung des Metalls mit einem Haftvermittler. Je nach Anforderung und Ausgangsmaterial sind dafür eine ganze Reihe an technologischen Schritten notwendig – mit einem immensen materiellen und auch personellen Aufwand und damit einer Vielzahl von Fehlerquellen und Schwachstellen sowie Agenzien mit beträchtlicher toxikologischer und ökologischer Belastung. Genau mit diesem Problem beschäftigte sich das abgeschlossene Projekt – die gefundenen Lösungen für einen Direktprozess können Grundlage für innovative, hochproduktive Herstellungsverfahren von EPDM/Metall-Bauteilen sein.
Sinngemäß gilt das auch für die moderne Werkstoffklasse der TPE. Im Projekt wurden Ansätze für die direkte Anbindung von verzinkten und vermessingten Metallteilen unmittelbar bei der Verarbeitung mit TPE (TPS) untersucht.
Der Transfer der Projektergebnisse läuft allgemein im Rahmen der Überführung gegenwärtiger und zukünftiger Projekte bzw. von Kooperationen mit Industriepartnern des TITK, weiterhin über Angebote an Elastomerverarbeiter zur Anpassung der Projektergebnisse an deren jeweiligen Produkte bzw. Fragestellungen sowie über industrienahe Entwicklungen bei Fragen zur Anbindung an metallische Festigkeitsträger. Weiterhin zum Transfer und zur Vermarktung sei darauf verwiesen, dass das TITK als wirtschaftsnahes Forschungsinstitut – bzw. einzelne Mitarbeiter – in einer Reihe von Netzwerken mitwirken.