Ziel der Entwicklung

Logo: Testaufbau SmartePflege in der Wohnung © Susanne Trabandt – USEability LAB am IHD
Testaufbau SmartePflege in der Wohnung © Susanne Trabandt – USEability LAB am IHD

Das Ziel dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekts war es, neuartige Pflegeprozesse in der häuslichen Pflege unter Einbeziehung von Produkten mit technischen Assistenzfunktionen in den Prozess zu beschreiben. Dabei sollte eine Auswahl getroffen werden, welche Produkte mit intelligenter Assistenzfunktion und welche Gebäudesteuerungs- oder Assistenzsysteme Anwendung finden können. Durch die neu zu entwickelnden Pflegeabläufe sollten:
a) die Selbstständigkeit Pflegebedürftiger erhöht und der Hilfebedarf reduziert werden,
b) Belastungen für den Pflegebedürftigen (Sturzgefahr, Verletzungsgefahr) reduziert werden,
c) ergonomische Arbeitsbedingungen von Pflegenden (Arbeitsplatz- und Arbeitsumfeldgestaltung) verbessert und der notwendige Kraftaufwand reduziert werden,
d) die Aufgabenanzahl für Pflegende reduziert werden,
e) Ausstattungsvorgaben für typische Wohnsituation bei häuslicher Pflege unter Einbeziehung von Produkten mit intelligenter Assistenzfunktion in Bestandsgebäuden erarbeitet werden, und
f) Vernetzungskonzepte für Produkte mit intelligenter Assistenzfunktion und Gebäudesteuerungs- oder Assistenzsystemen zugeordnet zu Pflegeschritten beschrieben werden.
Bei dem Forschungsansatz wird davon ausgegangen, dass eine geeignete Zuordnung von Produkten mit intelligenten Assistenzfunktionen die Pflegeprozesse in der häuslichen Umgebung für die Pflegekraft erleichtern und dem Pflegebedürftigen mehr Selbstbestimmung ermöglichen kann. Häusliche Pflege findet in der Regel in Bestandsbauten statt, weshalb diese in ihrer räumlichen Struktur und Ausstattung mitzubetrachten waren. Produkte mit technischen Assistenzfunktionen allein können nicht die notwendige unterstützende Wirkung erreichen. Sie müssen in einen geeigneten Gesamtkontext bestehend aus Pflegehandlung, Benutzerkompetenzen und Bewegungs- und Zugangsräumen gestellt werden. Diese Produkte müssen für die Erreichung des Projektziels über geeignete Gebäudesteuerungs- und Assistenzsysteme untereinander kommunizieren und mindestens der Pflegekraft Statusberichte geben.

Vorteile und Lösungen

Nach der Analyse der relevanten Einflüsse von intelligenter Technologie auf die Abläufe der Pflegeprozesse wurden geeignete technische Lösungen für den vernetzten Einsatz identifiziert. Verschiedene Pflegeprozesse mussten in Einzelhandlungen zerlegt und das Unterstützungspotential technischer Assistenz für diese ermittelt werden. Darauf aufbauend wurden mögliche neue Pflegeprozesse unter Einbeziehung von Produkten mit intelligenter Assistenzfunktion entwickelt und Lösungskonzepte für die Ausstattung von Pflegewohnungen mit intelligenter Assistenztechnologie erarbeitet. Dabei erfolgte eine Priorisierung, welche Nutzungsschritte für die einzelnen Akteure einer besonderen Unterstützung bedürfen. Es wurde ein nachrüstbares, modulares System entwickelt, das auf die individuellen Anforderungen der Nutzer angepasst werden kann. Nach Analyse der Nutzeranforderungen und Nutzungsszenarien wurden am Markt verfügbare smarte Produkte in die notwendigen Prozesse eingebunden. Da in beengten Räumen bisher angewandte Sensorlösungen nicht einsetzbar sind, wurden angepasste Steuerungskonzepte entwickelt und erprobt. Ein nachrüstbarer Ausstattungsbaukasten, der auf verschiedene Pflegeanwendungen anpassbar gestaltet ist, wurde entwickelt. Realitätsnahe möblierte Wohnsituationen wurden errichtet und mit dem entwickelten Ausstattungskonzept ergänzt. Diese Lösungen wurden von professionellen Pflegekräften getestet und bewertet. Die entwickelten Demonstratoren wurden so erprobt, wobei mit Präsenz- und Bewegungsmeldern, wie sie in der Industrie bereits zur Anwendung kommen, eine auf den Einsatzort genau einstellbare Lösung gefunden wurde. Der Ausstattungsbaukasten enthält als Grundbestandteile:
a) ein durch die Sensorik gesteuerte automatische Türöffnung der Schlafraum-, Bad- und Wohnraumtür; b) eine mit der Türöffnung gesteuerten Nachtbeleuchtung auf dem Weg vom Bett ins Bad; c) und eine smarte Uhr für Sturzerkennung über Lagesensor und Erfassung von Körpertemperatur, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Blutdruck, sowie d) eine Grundausstattung zur Erfassung von Umweltdaten wie Temperatur und Luftfeuchte, CO₂-Sättigung und Leckagemeldung. Durch den entwickelten Ausstattungsbaukasten können die wichtigsten Anforderungen der Pflegebedürftigen, der Pflegenden und der Vermieter erfüllt werden.

Zielgruppe und Zielmarkt

Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse sind für die Hersteller von Produkten mit intelligenter Assistenzfunktion aller Art sowie für die Pflegewirtschaft und die Wohnungswirtschaft von außerordentlichem Interesse. Sie können zur Qualifizierung von Produkten und der gesamten Wohnungsgestaltung (z.B. Auswahl und Anordnung der Ausstattungsgegenstände) beitragen.
Die Projektergebnisse führen zu verbesserten Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter in der häuslichen Pflege. Ergebnisse des Projekts Chemnitz+ haben gezeigt, dass eine geeignete Ausstattung zu längerer Selbstständigkeit älterer Bewohner führt und damit Pflegeaufwand reduziert wird. Durch einen reduzierten Bedarf an Unterstützung bei den Aktivitäten in der häuslichen Umgebung werden Mittel der Pflegekassen eingespart. Die neuartigen Ausstattungslösungen führen zu verbesserten Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbunden mit verringerten Ausfallzeiten wegen Erkrankungen und zu reduzierter Sturzgefahr der Pflegebedürftigen und damit zu Einsparungen bei den Aufwendungen der Krankenkassen.
Die Wohnungswirtschaft kann anhand der Erkenntnisse aus dem Projekt Ausstattungslösungen für die Nachrüstung von Mietwohnungen finden, die den Verbleib eines Mieters bei eintretender Pflegbedürftigkeit ermöglichen. Architekten und Planern wird ein Planungskatalog an die Hand gegeben, der es ihnen ermöglicht Lösungen zu finden die bei Pflegebedarf geeignet sind. Der entwickelten Ausstattungsbaukasten zeichnet sich durch folgende Merkmale aus: a) Nachrüstbarkeit; b) Anpassbarkeit an individuelle Pflegesituation; c) Anpassbarkeit an den tatsächlich benötigten Umfang; d) Erweiterbarkeit bei Veränderung der Anforderungen durch höheren Pflegegrad. Die von ihm erbrachten Funktionen sind bei bisher am Markt verfügbaren Produkten nicht so verfügbar. Bisher können nur einzelne Produkte eingesetzt werden. Dadurch können vergleichbare Funktionen nicht erreicht werden. Die entwickelten Produktlösungen bieten eine höhere Funktionalität bezogen auf Flexibilität in der Nutzung und Unterstützung der Selbstständigkeit des Benutzers. Auch die Arbeit der Pflegekraft wird durch Sicherung einer Raumgestaltung, die ergonomisch gesundes Arbeiten ermöglicht, besser unterstützt als das mit heute am Markt vorhanden Produkten möglich ist. Der entwickelte Ausstattungskatalog wird eine langfristige Reduzierung der Instandhaltungs- und Reparaturkosten für Vermieter und Eigentümer sichern. Besondere Ausstattungen oder Anpassungen für Benutzergruppen mit erhöhten Anforderungen sollten bei gleichem Qualitätsstandard nicht mehr notwendig sein.