Ziel der Entwicklung
Antibiotika sind ein integraler Bestandteil in der Human- und Veterinärmedizin, um krankheitserregende Mikroorganismen zu bekämpfen. In Abhängigkeit des eingesetzten Antibiotikums werden bis zu 90 % wieder unmetabolisiert ausgeschieden. Weiterhin kommt es im Körper zur Bildung von Transformationsprodukten. Sowohl die unmetabolisierten als auch die metabolisierten Transformationsprodukte werden ausgeschieden und gelangen ins Abwasser und anschließend in die Kläranlage. Darüber hinaus werden Antibiotika durch unsachgemäße Entsorgung über die Kanalisation in die Abwässer eingeleitet, wodurch diese ebenfalls in die Kläranlage gelangen. In Anhängigkeit der einzelnen Antibiotika, werden diese langsam durch Mikroorganismen metabolisiert, adsorbieren am Klärschlamm, verändern das Mikrobiom im Klärwerk oder gelangen unmetabolisiert in den Vorfluter. Besonders der Austrag von unmetabolisierten Antibiotika oder deren Transformationsprodukte ist kritisch für aquatische Systeme. Bakterien besitzen die natürliche Eigenschaft (z. B. durch Mutation oder Gentransfer) sich an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen. Dies bedeutet, dass krankheitserregende Bakterien Resistenzen gegen ein oder sogar mehrere Antibiotika ausbilden, was die Behandlung von bakteriellen Krankheiten erschwert und zu vermehrten Todesfällen führt. Um die Ausbildung dieser Resistenzen zu minimieren gilt es, geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Diese umfassen z. B. die zielgerichtete und sachgerechte Anwendung von Antibiotika, richtiger Umgang mit multiresistenten Erregern oder Minimierung des Eintrags von Antibiotika in die Umwelt.
Das Ziel des Vorhabens „PhoBAn“ war, ein Verfahren zur Entfernung von Arzneimitteln (insb. Antibiotika) aus Wasser mittels eines Kombiverfahrens aus photochemischer Oxidation und Adsorptionsreaktors zu entwickeln. Weiterhin galt es in der gleichen Prozessstufe die Abtötung oder Inaktivierung von jeglichen Krankheitserregern (auch multiresistenten Mikroorganismen) zu gewährleisten.
Vorteile und Lösungen
UV-Lampen werden in der Wasseraufbereitung primär zur Desinfektion eingesetzt, während ihre Verwendung zur Oxidation von organischen Verbindungen bisher auf spezielle Fälle beschränkt ist. Für die Desinfektion werden Lampen mit einem Wellenlängenbereich zwischen 240 nm und 290 nm verwendet. Dieser Wellenlängenbereich eignet sich besonders gut für die Störung biologischer Zellfunktionen, da Moleküle wie die DNS (254 nm), Nukleinsäuren (260 nm) oder Proteine (280 nm) ihren Absorptionspeak in diesem Bereich aufweisen. Dafür werden in der Regel Gasentladungslampen mit einem inneren Lampendruck von < 10 mbar eingesetzt. Spezielle UV-Lampen, mit einem höheren Lampeninnendruck, mit speziellem Quarzglas und/oder modifizierter Gasfüllung, liegt der emittierte Wellenlängenbereich zwischen 185 nm und 300 nm. Licht mit 185 nm besitzt eine höhere Energie als mit 280 nm. In Abhängigkeit von der chemischen Verbindung werden spezifische Wellenlängen absorbiert, wodurch photochemische Reaktionen in der Verbindung initiiert werden. Dies führt zur Bildung von kurzlebigen Radikalen, welche eine Zersetzung/Degradierung des Ausgangsmoleküls zur Folge haben. Es kommt zur Bildung von kleineren Molekülen, welche biologisch besser abbaubar sind als der Ausgangsstoff.
Herzstück des Verfahrens ist ein regelbarer Mitteldruckstrahler, welcher 25 % seiner Leistung im Wellenlängenbereich von 200 bis 280 nm ausstrahlt. Als Modellsubstanzen wurden häufig in aquatischen Systemen nachgewiesene Antibiotika unterschiedlicher Stoffgruppen untersucht. Dies waren Clarithromycin, Moxifloxacin und Sulfamethoxazol. Der Einfluss von Verweilzeit, pH-Wert, Sauerstoffkonzentration und der Wassermatrix wurde untersucht. Der photochemische Abbau anhand von Modellwasser und realem Abwasser sowohl von Antibiotika als auch anderer Mikroschadstoffe konnte nachgewiesen werden. Um die Bildung von problematischen Produkten zu untersuchen, wurden ökotoxikologische Tests mit Leuchtbakterien und Gartenkresse durchgeführt. Ein Einfluss der Behandlung auf die Ökotoxizität konnte nicht festgestellt werden. Vielmehr hat sich gezeigt, dass die Transformationsprodukte biologisch abbaubar sind und somit in einer nachgeschalteten biologischen Stufe eliminiert werden. Weiterhin konnte die simultane Desinfektion des Wassers nachgewiesen werden.
Zielgruppe und Zielmarkt
Das im Vorhaben entwickelte Verfahren zur Elimination von Antibiotika und Inhibierung von Keimen richtet sich primär an Krankenhäuser, Rehazentren und Tiermastanlagen oder andere Einrichtungen, in denen ein vermehrter Eintrag von Antibiotika und das Auftreten von antibiotikaresistenten Keimen auftritt. Als weiter Endkundenmarkt konnten die Wiederverwertung von Abwasser für die Bewässerung von Agrarflächen identifiziert werden, da mit zunehmenden Dürreperioden und sinkenden Grundwasserspiegel sich auch für Deutschland ein Bedarf an sicherer Wasseraufbereitungstechnologie abzeichnet. Für die Agrarflächenbewässerung ergeben sich zwei Vorteile, die Degradierung von chemischen Verbindungen und die gleichzeitige Desinfektion. Der Sekundärmarkt besteht in der Behandlung und Aufbereitung von Industrie-, Deponiesickerwasser und auf Kläranlagen. Durch die nichtselektive Wirkung des Verfahrens werden neben Antibiotika auch schwer abbaubare bis nicht abbaubare/persistente Verbindungen wie z.B. PFAS degradiert.
Die Umsetzung der Projektergebnisse ist für Deutschland anvisiert und im europäischen Ausland als auch weltweit denkbar. Allein für den primären Markt Deutschland beträgt zum Projektabschluss im Jahr 2023 die Anzahl der Krankenhäuser 1.887, der Rehazentren 1.092, der landwirtschaftlichen Betriebe mit Viehhaltung (> 200.000) und der kommunalen Kläranlagen 8.891. Das Verfahren wird für die genannten primären und sekundären Zielgruppen und -märkte angeboten, um den Transfer in ersten Pilotanlagen voranzutreiben.