Ziel der Entwicklung
Mikro-Elektromechanische Systeme (MEMS) werden in zunehmender Zahl in Bereichen, wie z. B. Medizintechnik und Biotechnologie, eingesetzt. In solchen Systemen befinden sich überwiegend mikrofluidische Kanäle für den Transport und die Analyse kleinster Flüssigkeitsmengen. Existierende Fertigungstechnologien eignen sich aufgrund hoher Kosten (Direktstrukturierung) bzw. langer Zykluszeiten (Heißprägen) nur bedingt zur Mikrostrukturierung von dünnwandigen Platten und Folien.
Durch die Strukturierung von Kunststofffolien kann der zunehmende Bedarf an preiswerten Materialien und Bearbeitungsverfahren gedeckt werden, wenn kostengünstige Strukturierungsprozesse zum Einsatz kommen. Am Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KuZ) wurde dazu ein Prägeverfahren mit Einkopplung von Ultraschall (US) entwickelt und untersucht, mit dem qualitativ hochwertige Mikrostrukturen auf Kunststofffolien erzeugt werden können. Mit einer Transportvorrichtung konnte der Automatisierungsgrad wesentlich erhöht und Folienbänder aus Kunststoff mit Einzelstrukturen versehen werden.
Für die Strukturierung mit der Versuchsvorrichtung kommen konventionelle 40 kHz-US-Einheiten zum Einsatz, die in der Schweißtechnik etabliert sind. Die Sonotrode und der mikrostrukturierte Werkzeugeinsatz sind temperierbar, um ein höheres Temperaturniveau zu erzielen. Die Wärme zum Aufschmelzen wird durch die Einkopplung der US-Energie in das Kunststoffsubstrat erzeugt. Für die Mikrostrukturierung muss die Vorrichtung mit präzisen Antriebs- und Führungselementen sowie Wegmesssystemen ausgestattet werden.
Als Formwerkzeuge werden metallische Einsätze verwendet, auf deren Oberfläche durch mechani-sche, erosive oder Laserbearbeitung die Mikrostrukturen als Negativabbild eingearbeitet werden. Die Formwerkzeuge sind auswechselbar, so dass eine hohe Flexibilität entsteht. Die Höhe und Breite der untersuchten Teststrukturen betrug zwischen 100 µm und 200 µm. Zudem wurde eine konkrete mikrofluidische Struktur geprägt.
Durch die Integration einer Transportvorrichtung können Endlos-Folienbänder schrittweise mit Mikrostrukturen versehen werden. Von einer Abrolleinheit erfolgt der diskontinuierliche Vorschub des Kunststoffsubstrates um einen definierten Betrag.
Mit der entwickelten Prägetechnologie können prinzipiell alle thermoplastischen Standard- und technischen Kunststoffe strukturiert werden. Der Grad der Aufschmelzung und die Qualität der Abformung werden durch die jeweilige Absorption der Ultraschallenergie und durch die Höhe der Schmelz- bzw. Glasübergangstemperaturen bestimmt. Aufgrund der positiven Eigenschaften hinsichtlich thermoplastischer Verarbeitung und Vielseitigkeit der Einsatzmöglichkeiten für mikrofluidische und -optische Anwendungen wurden verschiedene transparente technische Kunststoffe als Substratmaterialien verwendet, wobei mit PMMA und PET sehr homogene und reproduzierbare Prägeresultate erzielt wurden. Hierfür wurden kommerziell verfügbare Folien mit einer Dicke von 0,5 mm eingesetzt.
Vorteile und Lösungen
Im Vergleich zu anderen Prägeverfahren mit variothermer Prozessführung lassen sich deutlich geringere Zykluszeiten für Einzelprägungen realisieren. Die erzielten Gesamtzykluszeiten lagen im Bereich unter 15 Sekunden und enthalten ein großes Potenzial für weitere Reduzierungen. Der vergleichsweise einfache Aufbau der Vorrichtung bei geringen Anlagenkosten und die Möglichkeit der Integration in einen Rolle-zu-Rolle-Prozess stellen weitere vorteilhafte Eigenschaften für den Einsatz als Prägeverfahren mit einem hohen Durchsatz dar. Die Mikrostrukturierung von dünnwandigen Kunststoffsubstraten durch das US-Prägen ist vor allem aus wirtschaftlicher Sicht eine Alternative zur Fertigung sensorischer oder analytischer Systeme mit mikrofluidischen und mikrooptischen Konturen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Perspektivisch sind weitere Schritte zu unternehmen, die zu einer Optimierung des Prägeprozesses durch Anpassung und Dimensionierung der aktuatorischen und sensorischen Einzelkomponenten sowie der Temperiereinheiten für die konkreten Anforderungen führen. Durch eine weitere Reduzierung der Zykluszeiten sowie durch eine umfassendere Prozesskontrolle ist eine Adaption an bestehende Produktionsprozesse zurFertigung von Mikrosystemen zu realisieren.