Ziel der Entwicklung
Für viele Domänen ist der Einsatz domänenspezifischer, grafischer Sprachen sinnvoll, da sie durch ihre grafische Syntax leicht und intuitiv erlernt werden können. Innerhalb des hier vorgestellten Projektes sind solche Sprachen Gegenstand der Untersuchungen, deren Syntax darstellbar ist durch eine Menge von Komponenten (Objekten), die via Netze miteinander verbunden sind. Derartige Netze entsprechen Hyperkanten und zusammen mit den dazugehörigen Komponenten beziehungsweise ihren Anschlusspunkten ergeben sie einen Hypergraphen. Für das Layout grafischer Sprachen ist nun die Darstellung von solchen Hypergraphen entscheidend. Das automatische Routing von Hyperkanten ist dabei eine besondere Klasse von Routingverfahren innerhalb des Graph Drawings. Es existieren Verfahren, die einen Hypergraphen layouten können, dabei aber nicht auf Interaktionen Rücksicht nehmen. Kein Layout-Verfahren wird aber für jede domänenspezifische grafische Sprache bzw. für jedes konkrete Modell dieser Sprachen ein immer und für jeden Anwender befriedigendes Layout-Ergebnis hinsichtlich der Lesbarkeit erreichen können. Grundlegendes Ziel des Projektes war es daher, Routingverfahren zu entwickeln, die interaktive Korrekturen orthogonaler Kantengeometrie von Hypergraphen in domänenspezifischen, grafischen Sprachen ermöglichen, also die Verschiebung von Hyperkanten beziehungsweise Abschnitten von Hyperkanten. Ein weiteres Ziel bestand darin, dass die geometrische Stabilität von Hyperkanten so lange gewährleistet wird, bis die Hyperkanten durch eine Interaktion strukturell verändert wurden. Es sollten also darüber hinaus Routingverfahren entwickelt werden, die nach einer Interaktion auf einem Hypergraphen diesen neu routen und dabei die bisher vorgenommenen Interaktionen solange berücksichtigen bis ein ästhetisch gutes Ergebnis erzielt wird.
Vorteile und Lösungen
Der entscheidende Vorteil liegt darin, dass Anwenderinnen/Anwender durch die direkte Interaktion mit der Kantengeometrie, das heißt das Verschieben von Abschnitten von Hyperkanten und die Berücksichtigung solcher Interaktionen, neben automatisierten Routingverfahren ein weiteres Werkzeug erhalten, um ein Layout zu erzeugen, das ihren ganz eigenen, individuellen Bedürfnissen genügt. Die Interaktionen wurden dabei benutzerfreundlich ermöglicht. Interaktive Korrekturen erfolgen im Gegensatz zu automatisierten Layout-Verfahren in Echtzeit und werden via Drag and Drop ermöglicht. Des Weiteren können mehrere Hyperkantenabschnitte markiert und gleichzeitig verschoben werden. Besitzen Applikationen zudem ein voreingestelltes Raster, sind nur solche Interaktionen möglich, die Abschnitte von Hyperkanten auf das Raster verschieben und nicht in Zwischenräume. Interaktive Korrekturen sind also kompatibel mit einem voreingestellten Raster. Ist kein voreingestelltes Raster vorhanden und die Kantengeometrie demzufolge nicht ausgerichtet, so ist es für Anwenderinnen/Anwender im Allgemeinen schwierig, Kantenabschnitte exakt auf andere zu schieben und durch solche Kollisionen ein Anschließen an die restliche Kantengeometrie zu erzwingen. Daher erkennt der Algorithmus, wann eine Kollision erwünscht ist und nimmt in solchen Fällen eine automatische Positionskorrektur vor. Zudem werden unerwünschte Ergebnisse, beispielsweise Durchganspunkte oder Zyklen, in Folge einer interaktiven Korrektur durch Reduktion der Hyperkantengeometrie beseitigt, um redundante Informationen zu vermeiden. Außerdem sollten interaktive Korrekturen bei der Anwendung weiterer Layout-Verfahren berücksichtigt werden, damit die manuell durchgeführten Änderungen nicht stets verworfen werden. Dafür werden innerhalb des Algorithmus Abschnitte von Hyperkanten fixiert, solange durch weitere Layout-Verfahren keine qualitativen Änderungen an diesen vorgenommen werden. Als Grundlage für die Implementierung wurde ein allgemeines, mathematisches Modell für interaktive Korrekturen in Graphen ausgearbeitet. Darüber hinaus wurde eine umfangreiche, mathematische Klassifikation aller Korrekturmöglichkeiten in Hypergraphen vorgenommen.
Zielgruppe und Zielmarkt
Mit der Digitalisierung werden komplexe Modelle wie digitaler Zwilling - Repräsentanz von Objekten und Prozessen der realen Welt, verstärkt zum Gegenstand von Arbeitsprozessen. Das betrifft nicht nur die Fertigungsindustrie sondern auch Prozesse in der Verwaltung, Logistik sowie Medizin und umfasst (neben der Großindustrie) in besonderem Maße auch die mittelständische Industrie. Die Modelle von digitalen Zwillingen bilden sehr oft Abläufe oder strukturelle Zusammenhänge ab. Um diese Modelle nutzungsfreundlich zu gestalten, werden (neue) Modellierungssysteme benötigt. Für diese Modellierungssysteme sind die Ergebnisse des hier vorgestellten Projektes von großer Bedeutung. Die Resultate wurden in einer Software-Bibliothek zusammengefasst und werden der mittelständischen Industrie zur Verfügung gestellt. Direkt profitiert die mittelständische Industrie durch die Anbindung der Lösungen des Projekts in die Softwareprogramme TOP-Energy®, AutoPlan® und QuickSteps® der GFaI. Die Integration erleichtert erheblich die Modellierung von komplexen Energieversorgungssystemen (digitaler Zwilling eines Energiesystems). Davon profitieren einerseits direkt die Anwender von TOP-Energy® (vornehmlich kleine und mittelständische Energieberatungsunternehmen und -versorgungsunternehmen) und andererseits indirekt die Unternehmen, die von der Optimierung ihrer Energiesysteme profitieren. Die Anwender von AutoPlan® und QuickSteps® sind ebenfalls hauptsächlich Unternehmen der mittelständischen Industrie. Mit AutoPlan® können große Fertigungssysteme modelliert werden. Mit QuickSteps® können komplexe Fehleranalysemodelle aufgebaut und so umfangreiches Erfahrungswissen bei der Fehlersuche und -behebung digitalisiert werden. Im Ergebnis können so Stillstandzeiten von Maschinen und Anlagen verringert werden.