Ziel der Entwicklung
Die Erstellung eines strukturdynamischen digitalen Zwillings (FEA-Modell) dient als Grundlage zum Festhalten des aktuellen Zustandes aber auch zur Simulation von Modifikationen oder von Antworten der Struktur auf unterschiedlichste Anregungsarten, zur Prognose von Schädigungen oder zu Lebensdauerprognosen der simulierten Struktur. Das erspart viel Zeit und Kosten im Vergleich zur erneuten Messung und zum realen Umbau der Struktur. Für den digitalen Zwilling wird zu allererst eine Geometrie von der zu untersuchenden Struktur benötigt, die in den meisten Fällen aufwendig angefertigt werden muss. Für die messdatenbasierte Analyse sind zusätzlich die Zuweisungen der Sensoren zur Geometrie und Interpolationen für Punkte der Geometrie die keinen Sensor aufweisen notwendig. Bei komplexen 3D-Scans stoßen die aktuell meist verwendeten linearen Interpolationsmethodiken an ihre Grenzen. Besonders bei Löchern im CAD-Modell werden durch aktuell eingesetzte Interpolationsmethodiken physikalisch falsche Deformationen berechnet. Bei der Durchführung einer messdatenbasierten Modalanalyse zur Konstruktion, Begutachtung oder zur dynamischen Optimierung der Struktur oder des Bauwerks mittels elektro-mechanischer Sensoren sind zum gegenwärtigen Stand der Technik große zeitliche beziehungsweise personelle Aufwände, bedingt durch die Einrichtung der Messhardware, notwendig. Die meisten Messaufbauten werden aktuell immer noch nicht verteilt vorgenommen, somit müssen alle verwendeten Sensoren an einen zentralen Datenrecorderschrank angeschlossen werden, was zu deutlich mehr Kabelaufwand gegenüber verteilten Messaufbauten führt.
Vorteile und Lösungen
Zur Erstellung des digitalen Zwillings wurden mehrere Ziele untersucht und erreicht: Für die 3D- Rekonstruktion wurde ein handelsüblicher Handheld Scanner genutzt der kleine (zum Beispiel Felge) und mittelgroße Strukturen (zum Beispiel Maschinenrahmen) verarbeiten kann. Die Rekonstruktionsergebnisse können dann sowohl für die experimentelle Modalanalyse aber auch zur Simulation genutzt werden. Im Rahmen des Projektes wurde eine automatische Aufbereitung von Dreiecksnetzen umgesetzt, so dass diese zur FEA genutzt werden können. Zur Verbesserung der messdatenbasierten Analyse wurde ein Verfahren der diskreten Differentialgeometrie zur Interpolation umgesetzt. Die Interpolation ist für die spätere Schwingungsanalyse wesentlich, um an nicht gemessenen Punkten der Struktur Schwingungsmesswerte zu approximieren. Zusätzlich wurde in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Andreas Lemke ein neuartiges Sensornetzwerk geschaffen, welches zur Erfassung und Übertragung von Schwingungsmessdaten dient. Kennzeichnend für das System sind der modulare Aufbau und die vollständig drahtlose Kommunikation zwischen den Sensormodulen und der zentralen Komponente zur Datenaufzeichnung. Acht Sensormodule werden durch den Datenrekorder verwaltet. Die Kommunikation mit den Sensoren wird über zwei getrennte Kanäle realisiert. Steuer- und Synchronisationsdaten werden vom Datenrekorder mittels optischer Kommunikation unter Verwendung eines oder mehrerer IR-Sender an die Sensormodule übermittelt, was im Rahmen von Sensornetzwerken eine Weltneuheit darstellt. Die von den Sensoren erfassten Messdaten werden über eine IEEE 802.11 (WLAN) Funkstrecke an den Datenrekorder übertragen. Zur Messung enthält das Sensormodul einen triaxialen, analogen Beschleunigungsaufnehmer. Das System ist aber auch für andere Sensoren denkbar.
Zielgruppe und Zielmarkt
Neben dem großen Einsatzgebiet der Schwingungsanalyse oder -optimierung an Bauwerken, wie zum Beispiel Gebäude, Brücken, Staudämme, Windkraftanlagen und anderen, sowie an Bauwerkskomponenten, wie zum Beispiel Kirchenglocken und Treppen, gibt es weitere industrielle Zielmärkte, in denen dynamische Strukturanalysen notwendig sind. Hier sind vor allem Zulieferer und Produzenten der Automobil, Transportbranche und von Zügen zu zählen. Ein weiteres großes Anwendungsgebiet liegt in der Luft- und Raumfahrttechnik, im Bereich der maritimen Strukturen (zum Beispiel Schiffe) und Offshore-Anlagen in denen ebenfalls Schwingungsversuche zur schwingungstechnischen Validierung der einzelnen Komponenten durchgeführt werden. Darüber hinaus werden Schwingungsuntersuchungen auch in Bereichen des Maschinenbaus und an Industriemaschinen vorgenommen. Für eine optimale Sicherheit und Stabilität mit maximaler Tragfähigkeit werden Schwingungsanalysen ebenfalls in der Konstruktion und Verbesserung von Gelände- und Baustellenfahrzeugen und bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen ausgeführt. Neben größeren Strukturen werden aber auch Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik (zum Beispiel Festplatte und Smartphone) schwingungstechnisch untersucht. Das im Projekt entstandene miniaturisierte WIFI-Smart-Sensornetzwerk zur Messung von Schwingungen und hochpräziser Synchronisierung mittels Infrarot, stellt eine große Innovation dar. Aufgrund der Kombination von mehreren Einzelsensoren zu einem Sensornetzwerk, die ihre Messdaten per WIFI übertragen und der parallel dazu stattfindenden Steuerung und Synchronisierung über Infrarot besitzt diese Hardware ein erweitertes Anwendungsspektrum gegenüber bereits existierender Technik und weist daher ein großes Alleinstellungsmerkmal gegenüber der gesamten Konkurrenz auf.
Im Rahmen des Projektes entstanden weitere Innovationen, die eine in dieser Qualität und Geschwindigkeit noch nicht existierende Erzeugung eines strukturdynamischen digitalen Zwillings ermöglichen. Durch den diesbezüglichen Pionierstatus der Anwendung erscheint ein erfolgreicher Markteintritt sehr realistisch.